Kommentar : 50 Jahre dispo

1969 ist mit so vielen Assoziationen verknüpft wie kaum ein anderes Jahr. Es steht synonym für vieles, das davor begonnen oder erst danach zum Höhepunkt gelangt ist. Das Erwachen der westlichen Gesellschaften aus dem – zumindest retrospektiv so empfundenen – Stillstand der Kriegs- und Nachkriegszeit schlug sich nieder in Revolutionen, die uns bis heute prägen. Auch Nachgeborene assoziieren sofort Friedensbewegung, Umweltbewegung, Kampf für Frauen- und Kinderrechte und das Infragestellen aller Autoritäten mit diesem magischen Jahr. Und mitten in dieses Szenario erschien Ende 1969 die Nullnummer der dispo.

Fachblatt für den Einkauf

dispo war zu Beginn kein Logistik-Magazin. Zumindest nicht nur: Das im Wiener Verlag Johann L. Bondi gegründete „fachblatt für den einkauf“ (später: „zeitschrift für den industrie-einkauf“) basierte auf der ziemlich klugen Idee, Einkäufern aktuelle Informationen zu allem zu liefern, was beschafft werden musste. Das umfasste zwar auch Stapler, Lager- und Fördertechnik, ging aber weit darüber hinaus: Verpackungen, Büromöbel, Büromaschinen, Klebebuchstaben, Antriebe, sogar Bodenbeläge – und immer wieder Geschenkartikel. dispo war eine Art monatlicher Katalog für Einkäufer. Und lange Jahre vor dem Triumph des Internet war das Magazin wohl eine der wenigen Quellen für anbieterübergreifende Information auf diesem Gebiet.

Die Entstehungsgeschichte aus dem Einkaufs-Umfeld hat in der DNA des Magazins Spuren hinterlassen. Anders als jene Magazine, die aus dem Bereich Transport und Verkehr kommen, hat dispo bis heute einen deutlichen Fokus auf Intralogistik und Supply Chain Management.

Der Gründer kommt zu Besuch

Zur Freude über das Jubiläum gesellte sich für uns ein besonderes Vergnügen: Anfang Juli hat uns Helmut Herz in der Redaktion besucht. Helmut Herz ist nicht nur der Gründer der dispo und mehrerer anderer Fachzeitschriften. Als Marketingleiter der Wäschemarke Gloriette unternahm er bereits in den 1950er-Jahren „Reklame“-Aktionen, die für die damalige Zeit geradezu revolutionär waren (etwa, als er Hemden an kleinen Fallschirmen aus einem Flugzeug abwerfen ließ). Nebenbei ist er Mitbegründer der Ifabo, verantwortete die höchst beliebte Radio-Kabarettsendung „Gloriette-Brettl“, erfand den Vatertag (natürlich als Marketinginstrument) und lehrte lange Jahre an der heutigen Werbeakademie. Nicht zuletzt ist er Träger des Goldenen Verdienstzeichens der Stadt Wien.

Mit Helmut Herz durften wir nicht nur den Schöpfer der dispo kennenlernen. Sondern einen warmherzigen, hellwachen, witzigen und gescheiten Mann, der auch mit 94 Jahren einen grandiosen Marketingleiter abgäbe.