Infrastruktur : Logistik-Immobilien: „Kommen mit der Nachfrage nach Flächen kaum nach“

Der größte derzeitige Logistik-Campus in Österreich von oben
© CBRE

Das Allzeithoch bei Logistik-Immobilien reißt nicht ab: Gab es im Jahr 2019 laut Remax ein Transaktionsvolumen bei Logistik-Immobilien in Österreich von etwa 450 Millionen Euro, wurde der Wert 2020 mit 510 Millionen Euro noch einmal übertroffen. Logistik-Immobilien sind dabei die einzige Immobilienart, die ein steigendes Volumen im Vergleich zum Vorjahr realisieren konnte.

Und der Immobilienberater CBRE geht auf Anfrage von Dispo von einer weiteren Steigerung aus: „Auch heuer wird wieder mehr in den Logistikbereich investiert als 2020. Für das Gesamtjahr 2021 rechnet CBRE mit rund 600 Millionen Euro.“ Der aktuelle Marktbericht bezeichnet als Grund für die immer weiter anziehende Nachfrage nationaler und insbesondere inter­nationaler Institutionen und deren Investment-Managern die geänderte Wahrnehmung des Risikoprofils dieser Assetklasse.

Der größte Treiber ist bekannt: Vor allem der Onlinehandel ist für das stetig steigende Paketvolumen verantwortlich. Die Österreichische Post etwa werde laut Paket-Vorstand Peter Umundum nach 2020 mit einem Rekordvolumen von 165 Millionen Paketen auch in diesem Jahr wieder den Rekord knacken.

Laut CBRE seien aber auch die Logistikdienstleister und Retail weitere Treiber. Steigende Lagerbestände werden demnach die Nachfrage nach oben treiben. Der Immobilienentwickler Remax zeigt als möglichen Indikator dafür den Bank Austria Einkaufsmanager Index, der im April mit 64,7 Prozent auf den höchsten Wert seit Indexbeginn angestiegen ist. Vor allem internationale Investoren seien in Österreich mit einem Anteil von etwa zwei Drittel besonders aktiv, so Zahlen von CBRE.

Wien, Graz und Linz als Hotspots

Der Großteil des Logistikmarktes Österreich konzentriert sich dabei auf die Hotspots Wien, Graz und Linz. Während die Logistikstandorte Innsbruck und Salzburg aufgrund lokaler Herausforderungen – wie etwa Topographie und hohen Grundstückskosten – an ihre Grenzen stoßen, birgt die Region rund um Klagenfurt und Villach noch einiges an Potenzial, vor allem aufgrund der Lage an der Achse Deutschland – Adria, so die Einschätzung von CBRE.

Der Wiener Markt zählte laut Analyse des Vienna Research Forum 2020 rund 2,65 Millionen m² Logistikfläche, bis Ende 2022 sollen laut Remax-Informationen weitere rund 300.000 m² Flächen geschaffen werden. Die 2,65 Millionen m² entsprechen dabei etwa der Hälfte des Gesamtbestandes an den drei Logistik-Hotspots.

In Graz werden laut CBRE bis 2022 rund 83.000m² neue Logistikflächen entstehen, etwa die Hälfte wird eigengenutzt. In Linz sind es etwa 30.000m², die allerdings komplett Fremdnutzern zur Verfügung stehen. Nach wie vor ist Graz mit etwa 920.000m² zwar der kleinste der drei Haupt-Logistikstandorte, verfügt aber über den höchsten Anteil an modernen Flächen.

Der Immobilienberater geht „von einer Pipeline in Österreich - Wien, NÖ, Graz, Linz - für die Jahre 2022 und 2023 von über 600.000m² aus. Der Großteil davon betreffe Wien und Niederösterreich. „Projektentwickler im Bereich Logistikimmobilien kommen mit der Nachfrage nach Flächen kaum nach.“

Die Mietpreise allerdings entwickelten sich 2020 stabil, so der Rückblick von Remax. „Die Spitzenmieten liegen nach wie vor bei 5,50 Euro pro Quadratmeter“, heißt es im Marktbericht für 2020. Nach Informationen von CBRE werden sich die Spitzenmietpreise bis zum Jahresende 2021 allerdings zwischen 5,70 und 5,80 Euro pro Quadratmeter bewegen: „Das entspricht einer Steigerung von 3,6 Prozent zum Vorjahr. Dieser Trend wird sich auch die kommenden Jahre fortsetzen.“

Was sind die Anforderungen an moderne Logistik-Immobilien?

Die Ansprüche der Mieter steigen permanent, gerade im Onlinehandel und der Industrie. Das gilt unter anderem für die Automatisierung und den Einsatz von Robotern. Automatisierte Hochregallager sind besonders hoch, dadurch müssen wir die Nutzbarkeit der Hallenhöhe und die Genauigkeit der Bodenebenheit ausweiten. Daneben legen Verbraucher immer mehr Wert auf Nachhaltigkeit in der Lieferkette - so gehört zu den Anforderungen auch, dass die Logistikimmobilien hohe Einstufungen in den Nachhaltigkeitszertifikaten für Gebäudeentwicklung erfüllen.

Wie hat sich der Bedarf in Österreich in den letzten Jahren verändert?

In Österreich gibt es zwei gegenläufige Entwicklungen. Durch den boomenden Onlinehandel steigt der Bedarf an Logistikimmobilien sprunghaft an. Allerdings besteht gerade in den Ballungszentren ein zunehmender Mangel an verfügbaren Flächen. Bürgerproteste gegen solche Entwicklungsprojekte verschärfen die Situation, weil viele Gemeinden deswegen das Thema meiden und zögern, freie Flächen auf den Markt zu bringen. Entwickler bevorzugen häufig Immobilien in Stadtnähe, wegen dieser Flächenknappheit müssen wir in Österreich auch in weiter abgelegene Gebiete ausweichen.

Wo werden Logistik-Immobilien vermehrt gebaut?

Der Trend geht in Richtung Brownfield-Projekte. Brachliegende Flächen neu zu bebauen ist umweltfreundlicher, weil naturbelassene oder landwirtschaftliche Flächen nicht versiegelt werden. Die Investitionskosten sind zwar höher, aber die Immobilien liegen häufig in verkehrstechnisch günstiger Lage und in den begehrten Ballungsräumen. Außerdem verfügen Brownfields bereits über das Baurecht, hier ist es also viel einfacher, die Baugenehmigung zu bekommen – oft der Engpass für uns als Entwickler.

Wie ist der weitere Ausblick?

Der hohe Bedarf an Logistikflächen wird auch in den nächsten Jahren durch den dynamisch wachsenden Onlinehandel anhalten. Kleinere und näher an den Metropolregionen liegende Objekte werden besonders gefragt sein. Die eingeschränkte Flächenverfügbarkeit wird vorerst bestehen bleiben, Lösungen können daher etwa mehrstöckige Logistikimmobilien sein. Außerdem wird die Nachhaltigkeit zum echten Wettbewerbskriterium. Entwickler werden darauf etwa mit verbrauchsarmen Bauweisen, smarten Systemen für das Energiemanagement und eigenen Windkraftanlagen reagieren. Unternehmen werden außerdem vermehrt auf die CO2-Bilanzierung und Nachhaltigkeitszertifikate achten müssen.