LogServ-Geschäftsführer Christian Janecek über Steine im Weg der Innovation und die Frage, ob das Image der Logistik mit ihrer wachsenden Bedeutung mithält.
dispo: Herr Janecek, wenn von Innovation im Güterverkehr die Rede ist, dann geht es meist um Straßentransport oder Umschlag. Vom Bahnbereich hört man hier viel seltener.
Christian Janecek: Ja, leider. Obwohl dieses Bild überhaupt nicht stimmt. Theoretisch wäre hier schon vieles umsetzbar. Prinzipiell wären sogar fahrerlose Loks bereits möglich. Ich denke, dass der europäische Bahnbereich immer noch massiv von den Befindlichkeiten der einzelnen Staaten geprägt ist, von echter Interoperabilität sind wir noch weit entfernt. Die nationalen Bestrebungen, sich von den anderen abzuschotten, hören leider nicht auf. Und das hemmt alle übergreifenden Thematiken: Irgendwie scheint jedem egal zu sein, was der Nachbar tut.
In anderen Bereichen der Automatisierung ist das besser?
Janecek: Dort gibt es eher rechtliche Restriktionen. Nehmen Sie etwa die autonomen Fahrzeuge im Bereich des Verschubs: Autonome Verschubroboter sind technisch gesehen kein Problem mehr – in der Praxis aber scheitert es oft an Schutzbestimmungen, die im Vergleich zum klassischen Modell mit Fahrer fragwürdig erscheinen. Eine bemannte Werksbahnlok mit voll beladenen Waggons kann auch nicht auf Knopfdruck anhalten, das ist nicht minder gefährlich, wenn jemand die Sicherheitsvorschriften nicht einhält – hier setzt die Gesetzgebung auf den gesunden Menschenverstand. Wäre ein FTS im Spiel, müsste das Einsatzgebiet durch zusätzliche Sicherheitsmaßnahmen abgeschirmt werden. Man muss doch so ehrlich sein zu sagen: Sie können Menschen nicht zu hundert Prozent vor Fehlverhalten schützen. Sicherheitszonen und ähnliches sind ja auch heute schon vorgeschrieben, und die erfüllen ja auch ihren Zweck.
Digitalisierung bleibt aber trotz diverser Hindernisse der Königsweg?
Janecek: Ja, auch wenn der Begriff natürlich ein schwammiger ist. Wie übrigens auch „Industrie 4.0“. Aber selbstverständlich ist der Einsatz von IT das zentrale Zukunftsthema für uns wie für die gesamte Branche. Die IT ist das stärkste Werkzeug, um Geschäftsprozesse zu streamlinen.
Mit der Voestalpine als Eigentümer und der Automobilbranche als Hauptkunde ist der Innovationsdruck auf die LogServ wohl nicht unbedingt gering?
Janecek: In gewissem Sinne müssen wir zwei Erwartungen erfüllen. Die Steel Division der Voestalpine setzt bei ihren Produkten und Dienstleistungen massiv auf das Thema Qualität und Innovation, und das ist auch bestimmt der richtige Weg. Dieses Bild müssen natürlich auch wir erfüllen. Aber auf Kundenseite gilt anderes: Wenn man etwa Automotive-Kunden beliefert, dann braucht man ordentliche Versorgungsketten, hier gelten höchste Anforderungen an die Logistiker. Bei OEM punktet man ausschließlich mit Versorgungssicherheit.
Für die industrielle Logistik gilt ja das Gleiche wie für die Industrie selbst: Der Faktor Innovation gewinnt stark an Bedeutung, es ist im Grunde der einzige Weg, die Wertschöpfung weiter zu heben. Deshalb sind wir ja so aktiv in Bereichen wie der Fahrzeugentwicklung mit ausgewählten Partnern oder dem immer wichtigeren Thema des Condition Monitoring. Hinzu kommt, dass die Logistik in der Industrie generell an Bedeutung gewinnt. Sie wird immer mehr zum Enabler für die Geschäftsmodelle des Kunden. Das gilt für die Steel Division des Voestalpine-Konzerns, aber es gilt genauso im Handel: Sehen Sie sich Amazon an! Im Grunde ist das doch ein ganz normaler Händler wie das Kaufhaus Steffl in Wien. Der Grund, warum die ganze Welt über Amazon spricht, ist einzig und allein die Tatsache, dass sie ein optimales Logistikkonzept erarbeitet haben.
In der allgemeinen Wahrnehmung der Logistik spiegelt sich das aber nicht immer?
Janecek: Ja, die Bedeutung der Logistik ist in Österreich noch nicht so recht angekommen. Viele denken immer noch, „wer nichts gelernt hat, der arbeitet eben im Lager“. Das hat natürlich Auswirkungen auf die Attraktivität der Logistik als Berufsfeld, und die Folgen sind ja bekannt. Die LogServ hat den Vorteil, das Logistikum in Steyr gewissermaßen vor der Nase zu haben, aber auch wir haben Probleme, ausreichend qualifizierte Mitarbeiter anzuziehen. Dieses Thema wird uns wohl noch eine ganze Weile begleiten. Und angesichts der wachsenden Bedeutung des Logistik-Sektors wird das Problem eher noch zunehmen.