Fachkongress Energieeffizienz : Tenor der Experten: „Energie ist noch zu billig!“

Der Einfluss der Politik auf die Energieeffizienz wurde dabei ebenso ausgiebig von allen Seiten betrachtet wie die Frage, warum in Österreich der Politik eine Energiestrategie fehlt. Vorbildliche Unternehmen benachteiligt Die erste Keynote-Speaker René Stadler (Category Head Energy Europe & International) von der Mondi AG lies mit einer persönlichen Einschätzung zur Energie-Tarifpolitik aufhorchen: Seiner Meinung nach steht eine Preiszonentrennung der österreichischen von der deutschen Strompreiszone bevor, weil die Energiemenge aus erneuerbarer Erzeugung aus dem Norden nicht weiter im notwendigen Ausmaß nach Österreich transportiert werden könne. Der Grund dafür seien fehlende Infrastrukturkapazitäten. Diese Trennung würde eine Teuerung der Energie in Österreich nach sich ziehen und gleichzeitig die Situation der Länder nordöstlich von Österreich wie Polen und Tschechien verbessern. Von Stadler, der seit fünf Jahren „den Energieeinkauf bei Mondi“ leitet, kam zudem massive Kritik an der Umsetzung des Energieeffizienzgesetzes in Österreich. Bereits sehr energieeffiziente Betriebe werden seiner Meinung nach benachteiligt gegenüber jenen Unternehmen, bei denen das Thema noch nicht bedacht wurde. Der IST-Zustand der Unternehmen zum Thema gehöre seiner Meinung nach mehr berücksichtigt, sowohl betreffend Förderungen als auch für Audits. René Stadler Er beschrieb zusammengefasst die unterschiedliche Auslegung der Energieeffizienz-Direktive (als Gesetz seit 2012 in Kraft) in den fünf Ländern Österreich, Deutschland, Tschechien, Italien und Polen, sowohl bei Artikel 7 (wo es um das Anrechnen freiwilliger Maßnahmen geht) als auch bei Artikel 8 (in dem die Audit-Ausführung festgelegt ist). „Wir sind weit entfernt von einem weißen Zertifikat innerhalb Europa“, so Stadler.

Er äußerte sich zudem kritisch darüber, dass sich die Gesamtkosten der Energie in Österreich aus insgesamt 17 Positionen zusammensetzen. „Drei davon habe ich nicht ganz verstanden, aber wir bezahlen sie trotzdem“, sagte er. Gemeint seien indirekte Kosten, die nicht an den Energielieferanten bezahlt werden wie etwa als Förderbeiträge ausgewiesene Anteile. „Die Summe all dieser Positionen ist die, die schmerzt.“ Energieeffizienz – eine „Liebesgeschichte“ Roman Szegner ist seit 2007 für die Energiekosten beim weltweit größten Opel-(Getriebe- und Motoren)-Werk verantwortlich. Er beschrieb zum Einstieg, wie für ihn das Thema auch privat immer mehr zu einem persönlichen Anliegen wurde. Bei General Motors würde der eingeschlagene Weg jedoch auch vom Management an oberster Stelle sehr unterstützt – er nannte in diesem Zusammenhang auch Mary Barra, CEO von GM, die auf dem Autosalon in Paris kürzlich den neuen Opel Ampera E vorgestellt hat. Roman Szegner Szegner lobte außerdem den Lehrgang der Wirtschaftskammer zum European Energy Manager, weil man im Zuge dieser Ausbildung auch ein Projekt aus dem arbeitsgebendem Unternehmen ausarbeiten müsse. Es gelang ihm dabei unter anderem die Abwärme der Motorprüfstände auch für die Raumheizung zu verwenden, sprich zwei getrennte Heizsysteme im Werk geschickt zu koppeln. Die Fernwärme Wien hat ihm bei dem Projekt nicht nur beratungstechnisch geholfen, auch Umbaukosten des Verbrauchers der zu den größten im Raum Wien gehört, wurden übernommen. Durch die groß angelegten Energieeffizienz-Maßnahmen konnten im Opel-Werk die Energiekosten seit dem Jahr 2012 mit rund 14 Mio. Euro auf 9,5 Mio. Euro in 2015 gesenkt werden. Als wichtige Maßnahme nannte er das Abschalten von Systemen und Maschinen, wenn sie nicht gebraucht werden, ein Sleep Mode für Maschinen, ein Aus-Knopf für Kompressoren und Heizung. Er empfiehlt jedoch: „Es zahlt sich aus, bereits in der Planungsphase eines Werks mit Energieeffizienz anzusetzen.“ Querschnittsdisziplin und Querschnittstechnologien Matthias Ochs leitet den Vertrieb der Endress + Hauser Systemplan GmbH mit 20 Mitarbeitern und Sitz in Durmersheim (nahe Stuttgart), einem Tochterunternehmen der Endress + Hauser-Gruppe. Anhand eines Beispielprojekts bei einem Pharmaunternehmen beschrieb er die Herangehensweise seiner Experten an ein Energieeffizienzprojekt. Gerade im Hinblick auf den Aufbau eines Energiemonitoringsystems betonte er, dass es darum gehe Messtechnik an den Stellen einzusetzen an denen diese Sinn machen und es zu vermeiden sei, dass die Organisation durch einen zu großen Datenfluss überfordert wird. Nach dem Motto: „Wer viel misst, misst auch viel Mist“, müsse man gezielt die Daten ermitteln die benötigt werden.. Und zu der Frage nach den Amortisationszeiten zum Thema Energieeffizienz meint er: „Da gibt es keine passende Antwort darauf. Effizienzmaßnahmen rechnen sich am Ende immer, aber kurze Amortisationszeiten sind oft nicht realisierbar“. Generell sei die Energieeffizienz-Richtlinie (2012/27/EU) ein Impulsgeber. Die Unternehmen hätten demnach nun die Pflicht, mindestens alle vier Jahre Energieaudits durchzuführen. Zudem findet er nicht, dass ein jährliches Audit, wie es die Norm ISO 50001 zum Energiemanagement vorsieht, einen Nachteil für Unternehmen darstellt. Matthias Ochs Zudem sei es nicht so schwierig, das Thema anzupacken, denn man hätte in den meisten Fällen das dafür erforderliche Know-how bereits im Unternehmen. Dazu gehören lediglich Mitarbeiter aus Einkauf, Controlling, Technik und Instandhaltung an einen Tisch. Bei Projekten der Endress + Hauser Systemplan empfiehlt man folgende Vorgehensweise: Realistische Einsparungen stehen dem Energieeffizienz-Team als Investitionsvolumen zur Verfügung. Natürlich müsse man die aber im Vorfeld bereits vernünftig quantifizieren können.

Das Thema Lastverschiebung sei seit etwa sieben Jahren sehr präsent. Bislang gingen die Bemühungen meist lediglich von den Unternehmen selbst aus. „Jetzt tasten sich die Energieerzeuger an die Produktionsanlagen ran.“ Vor allem mit Querschnittstechnologien kann man in den Unternehmen noch viel Energieeffizienzpotential heben, meint er. Energiecenter für Wien Zwei Drittel des gesamten fossilen Energieverbrauchs sind laut Grünbuch EU der Industrie und dem Verkehr zuzurechnen. Wolfgang Löhr, Leitung Technik und Facility Management vom Hafen Wien vertrat bei diesem Fachkongress als einziger Referent die Transport- und Logistikbranche. Das Logistikzentrum Hafen Wien besteht aus insgesamt sechs Hafenbetrieben auf einer Gesamtfläche von rund 3 Mio. Quadratmetern. „Das ‚grüne Mäntelchen‘ hat im Konzern Wien Holding eine gewisse Wertigkeit“, so Löhr. Im Hafenbetrieb wird zwar jede Menge Energie benötigt, jedoch im MWh/Jahr zusammengerechnet in etwa genauso viel Kraftstoff, Gas und Heizöl pro Jahr. Sein Zugang zur Energieeffizienz komme vom „Learning by Doing“. Maßnahmen seien im Zuge von Sanierungsmaßnahmen entstanden, wie etwa die Erneuerung einer Kesselanlage zur Wärmeversorgung, oder die Photovoltaikanlage, die auf ein reparaturbedürftiges Hallendach, das zuvor noch als Auto-Abstellfläche tauglich war, gebaut wurde. „Die Wien Energie hat uns über das Potential mit der Photovoltaik informiert.“

Man sei dabei, in den Lagerhallen auf LEDs umzurüsten, mancherorts wird in Bewegungssensoren investiert. Und eine Steuerung mittels WLAN, womit die Beleuchtung gezielt nur in Arbeitszonen die erforderlichen Lux erreicht, gäbe es ebenso. Wolfgang Löhr Darüber hinaus erhielt kürzlich den Zuschlag für einen neuen Hafenmobilkran ein Unternehmen, das neben reinen Kosten- auch Energieeffizienzargumente für sein Produkt vorweisen konnte. „Wir müssen uns da allerdings auf die Angaben der Lieferanten verlassen können“, so Löhr. Ein wenig stolz berichtete er, dass ein „Energiecenter“ des städtischen Unternehmens Wien Holding geschaffen wurde, um die gesamten Maßnahmen zur Energieeffizienz von einer zentralen Stelle aus zu betrachten. Lastabschaltung und Lastabwurf Lennart Merkert vom Forschungszentrum Deutschland der ABB AG richtete die Aufmerksamkeit der Kongressteilnehmer auf die Kostenoptimierung im Bereich Energie. Er bot den Teilnehmern eine Einführung in ein sogenanntes Lastmanagement, womit Energielasten gesteuert, geglättet oder Spitzenlasten reduziert werden können. ABB hat dazu ein Tool parat, wie etwa den „cpmPlus Energy Manager“. Den Leistungspreis rund um die Uhr zu überwachen, hilft Kosten zu sparen. In dem meisten Unternehmen gibt es nur wenige Stunden mit einem Peak. „Wenn man das prognostiziert, dann kann man dazu Maßnahmen setzen“, so Merkert und meint damit etwa, zu diesen Zeiten andere Energieverbraucher schonend einzusetzen beziehungsweise ganz abzudrehen. Er beschrieb ein von ABB umgesetztes Projekt, bei dem in einem Unternehmen aus der Papierindustrie mit einem Algorithmus samt 14 Steuerungen am Ende eine möglichst flache Energie-Leistungskurve erreicht werden konnte. Bei diesem Papierwerk konnte in der Folge eine Energiekosteneinsparung im siebenstelligen Bereich erzielt werden. Lennart Merkert „Leidensdruck noch zu gering!“ Der Vortrag von Klaus Buchner (Head of Commissioning and Process Technology) von Aichelin bezog sich auf die sehr energieintensiven Produkte aus eigenem Haus: auf Anlagen zur Wärmebehandlung von hochwertigen Metallteilen, wie etwa Getriebe-Zahnrädern oder Lagerbauteilen. „Sehen Sie Energieeffizienz als Bestandteil der Unternehmensphilosophie!“, regt er an. Denn, ein Drittel der gesamten Energie einzusparen sei möglich. Aus seiner Sicht passiert dazu noch immer zu wenig in den Unternehmen, oft aus Gründen eines langen Amortisationszeitraums. Ausgerechnet in seinem Hauptkundenkreis, der Automobilindustrie, lande jede Investitionsmaßnahme, bei der eine Amortisationszeit von über einem Jahr angegeben wird, automatisch im „Rundordner“, so Buchner. Die statische Amortisationszeit für eine optische Isolierung bei einem Kammerofen liegt jedoch bei drei bis vier Jahren. Klaus Buchner „Persönlich bin ich der Meinung, dass Energie immer noch zu günstig ist; der Leidensdruck der Unternehmen ist noch immer zu gering“, so Buchner. Und beim Thema wird seiner Meinung nach oft „das Pferd von hinten aufgezäumt“, etwa die Abwärme eines Härteofens für andere Zwecke zu nutzen, sei eigentlich der letzte Punkt eines Maßnahmenkatalogs. Man sollte manche Prozesse öfter ganz grundsätzlich hinterfragen, und dann erst, wie man den Nettoenergiebedarf oder Anlagenverluste mindern kann. Er appelliert außerdem choram publiko an den „Blick fürs Ganze. Energieperformance fördern Die Österreichische Energieagentur schickte die Leiterin des Programms „ klimaaktiv energieeffiziente Betriebe“ Petra Lackner zum Fachkongress, um über die darin enthaltenen Förderaktivitäten des österreichischen „Lebensministeriums“ (Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft BMLFUW) zu informieren. Vordergründig geht es darum, ein Bewusstsein in den Unternehmen zu schaffen mit Slogans wie „Druckluftsystem – zischt’s?“. ISO 50001 soll breitere Anwendung finden, die Realisierung von Energieeffizienzmaßnahmen vorangetrieben werden und mit der Ausbildung von „Profis“ sollen mehr Audits stattfinden. Für die jeweiligen Fachbereiche würden derzeit Audit-Leitfäden erstellt, die mögliche Einsparmaßnahmen im Detail betrachten. Zudem gibt es zahlreiche Schulungen, die angeboten werden. Der Großteil der Schulungsteilnehmer sind Energieberater. Zahlreiche vorbildlich umgesetzte Projekte wurden bereits vom Ministerium prämiiert. Aktuell findet man 230 dieser Projekte auf der Webseite www.klimaaktiv.at/vorzeigebetriebe. Angesprochen auf das beim Fachkongress vieldiskutierte Thema um die Amortisationszeiten meint sie: „Man sieht, dass sehr viel auch mit längeren Amortisationszeiten umgesetzt wird.“ Petra Lackner Energieeffizienz in Industrie und Logistik Nach der Mittagspause eröffnete Thomas Schuller, Leiter Produktmanagement der Sparte Perfect Charging bei Fronius, die zweite Session der Anwenderbeispiele (Case Studies) mit seinem Vortrag „Energieeffizienz in Industrie und Logistik“. Er wies darauf hin, dass Fronius einerseits Produkte produziere, die Kunden beim Energiesparen unterstützen. Dass das Unternehmen aber andererseits auch im eigenen Betrieb auf Energieeffizienz Wert lege. So betreibt Fronius beispielsweise ein Biomasseheizwerk und mehrere Photovoltaikanlagen. „Beim Thema Energieeinsparung redet man zuerst von Heizung, Licht oder Abwärmenutzung“, sagt Schuller. „Aber es wird noch viel zu wenig das Einsparpotential in der Intralogistik gesehen.“ Hier geht es für Fronius naturgemäß in erster Linie um eine effiziente Staplerflotte, genauer: um die Antriebsbatterien, noch genauer: um das Laden der Batterien. „Das Ladesystem ist nur ein kleiner Teil, es hat aber großen Einfluss auf Auslastung und Lebensdauer einer Batterie“, so Schuller. Insbesondere wies er auf den Ri-Ladeprozess hin, den Fronius vor einiger Zeit auf dem Markt eingeführt hat. Bei dieser Technologie richtet sich der Ladevorgang nach dem - individuellen - Batterie-Innenwiderstand. Die Batterie erwärmt sich beim Laden um ca. 4 bis 5 Grad weniger als herkömmliche Ladeverfahren, was laut Schuller in einer 10 bis 15 % höheren Lebensdauer resultiere. Zuletzt nannte er Beispiele erfolgreich umgesetzter Projekte. Etwa bei Schachinger in Stockerau, wo eine PV-Anlage von Fronius den Betriebsstandort zu 100 % mit Solarstrom versorgt. Oder bei der AMAG in Ranshofen, die 150 Flurförderzeuge mit Batterien von Fronius im Einsatz hat und bereits auf den Ri-Prozess vertraut. Thomas Schuller Aktivitätsbasierte Beleuchtung in der Industrie Um „Lichtmanagement: Aktivitätsbasierte Beleuchtung in der Industrie“ ging es im Vortrag von Christoph Henke, Brand Manager Region DACH bei Zumtobel. Er stellte fest, dass es trotz unterschiedlicher Marktbedingungen, Standards und Normen doch einen Faktor gibt, der alle Industriebranchen eint - der Wunsch nach mehr Effizienz im Sinne von nachhaltigen Produktionstechniken. „Was ist, wenn man nicht immer die gleichen Tätigkeiten macht? Wenn Maschinen umgestellt werden müssen? Oder kurzfristig ein Großauftrag hereinkommt? Wie anpassungsfähig ist Ihre Beleuchtungsanlage dann noch?“, fragte Henke rhetorisch ins Publikum. Die Anforderungen an eine industrielle Beleuchtung sind vielfältig. Anpassungsfähigkeit, Zuverlässigkeit (auch unter extremen Temperaturen, bzw. bei wechselnden Temperaturen, Vibrationen, Staub, etc.), Lichtrichtung, Farbwiedergabe, Gleichmäßigkeit der Beleuchtung aber auch das Design sind nur einige der zahlreichen Parameter, die beachtet werden müssen. „Eine gute Lichtanlage erkennt Tageslicht und reduziert dann automatisch das Kunstlicht“, so Henke. „Aber noch besser ist es, wenn sie zum Beispiel ein fahrerloses Transportsystem, das kein Licht braucht, als solches erkennt und den Raum deshalb dunkel lässt.“ Zumtobel bietet sensorbasierte Lichtlösungen für die Industrie an, die natürliches Licht und Bewegung erkennen und die Beleuchtung entsprechend anpassen. Über eine Software wird der zu beleuchtende Bereich detailliert definiert. werden Maschinen oder Bereiche in der Halle verändert, braucht man lediglich entsprechende Anpassungen in der Software durchführen. Eine Änderung der Installation ist nicht nötig. Mit solchen System lässt sich eine Energieeinsparung von bis zu 50 % erreichen, schätzt Henke. Christoph Henke "Von der Pflicht zur Kür" Einen recht langen Titel hat sich Herbert Pairitsch, Senior Manager Technology & Innovation für Power Management & Multimarket, Infineon Technology Austria, für seinen Vortrag ausgesucht: „IKT-basierte Systemlösungen sind Basis für Industrie 4.0 und bringen Energieeffizienz von der Pflicht zur Kür“. Er stellte eine starke These auf: „Energieeffizienz ist heute eine Überlebensfrage!“ Aktivitäten rund um Industrie 4.0 würden nicht nur den Weg zur „intelligenten Fabrik“ bereiten, sondern neben höherer Flexibilität auch eine verbesserte Energie- und Ressourceneffizienz bringen. Für Infineon als energieintensives Unternehmen ist das von großer Wichtigkeit. Pairitsch stellte das Projekt „Pilotraum Industrie 4.0“ vor, das in Villach das Konzept einer intelligenten, vernetzten Fertigung erarbeitet. Durch die Kombination von Sensorik, Simulation und Aktoren können Ergebnisse erreicht werden, die über die Möglichkeiten getrennter Einzelmaßnahmen hinausgehen. Der Pilotraum verknüpft automatisierte Fertigungssysteme und digitale Informationstechnologie. Infineon nutzt ich auch, um zu lernen, wie man neueste Produktionstechnologien optimal in bestehenden Gebäuden nutzen kann. Bis 2017 investiert das Unternehmen 290 Mio. Euro in den Pilotraum. Um die Ergebnisse auch für eine Erhöhung der Energieeffizienz nutzen zu können, führt Infineon mehrere Forschungsprojekte mit akademischen und außerakademischen Partner durch. Als ein Beispiel nannte Pairitsch das Projekt „Balanced Manufacturing“, das unter anderem vom Klima- und Energiefonds gefördert wird. „Energie- und Ressourceneffizienz ist der Schlüssel für eine nachhaltige Produktion“, so Pairitsch. „Industrie 4.0 zeigt den Weg von Einzellösungen, hin zu einem gesamtheitlichen Ansatz. Dafür muss man lernen, seine Produktion als Organismus zu betrachten.“ Herbert Pairitsch Start-up-Slot Im nachfolgenden Start-up-Slot stellte Michael Bartonek, Innovation Manager Eaton Industries, den Beitrag seines Unternehmens an der Initiative „Innovation 2 Company“ der Wiener Wirtschaftskammer vor. Bei dieser Initiative definieren Industrieunternehmen Aufgaben, die von innovativen Start-ups bearbeitet werden. Die besten Lösungen winkt eine Zusammenarbeit mit dem Unternehmen. Die Aufgabe von Eaton war es, eine energieeffiziente Lösung zur elektrischen Energieverteilung für Klein- und Großverbraucher zu entwickeln. Ebenso gefragt waren Konzepte für integrierte Lösungen zur Energiemessung, Kommunikation und Verteilung, zur Verbindung von Schutztechnik mit dem Energiemanagement sowie die Anwendung neuer Technologien wie das Internet of Things. Michael Bartonek Martin Daublebsky, Geschäftsführer des Start-ups embyt, stellte als einer der drei Finalisten der Challenge seine Lösung vor - ein Energie- und Lastmanagementsystem zur Reduzierung von Lastspitzen mit Smart-Grid-Unterstützung. Das System erlaubt webbasierte Auswertungen, ist skalierbar und kann sowohl lokal wie auch in der Cloud genutzt werden. Künftig soll es die minutenaktuellen Stromtarife der Strombörse EEX einbinden, kündigte Daublebsky an. Martin Daublebsky Contracting als Umsetzungsinstrument für Energieeffizienzmaßnahmen Christian Höfer, Key Account Manager von Verbund Solutions, stellte in seinem Vortrag „Contracting als Umsetzungsinstrument für Energieeffizienzmaßnahmen“ vor. In Österreich bieten der Verbund und Getec, die dafür ein Joint Venture gegründet haben, Contracting an. Das Unternehmen übernimmt von Konzeption und Planung über die Betriebsführung bis zu Abrechnung und Controlling alles aus einer Hand. Einsparpotential gäbe es jede Menge, so Höfer – beispielsweise bei der Beleuchtung bis zu 70 %, bei Druckluft bis zu 50 %, bei Wärme bis zu 30 %. Maßnahmen umfassen dabei die Optimierung des Energiebedarfs ebenso wie die Optimierung der Energieerzeugung und die Optimierung des Energiebezugs durch strukturierte Energiebeschaffung und angepasste Vertragsstrukturen. Ein Referenzkunde aus Österreich ist der Reinhaltungsverband Neusiedlersee, der seit Anfang 2016 eine Kläranlage von Verbund Getec betreiben lässt. Dadurch konnte eine jährliche Stromkosteneinsparung von 50 % erreicht werden, was rund 500.000 kWh entspricht. zudem entfallen die Kosten für die jährliche Revision der Becken. Christian Höfer Energieeffizienz in der Produktion durch Planung? Thomas Sobottka, Institut für Managementwissenschaften, Bereich Betriebstechnik und Systemplanung der Technischen Universität, formulierte den Titel seines Vortrages als Frage: „Energieeffizienz in der Produktion durch Planung?“ Er machte jedoch rasch klar, dass diese Frage mit Ja zu beantworten ist. Die Notwendigkeit des sparsamen Umgangs mit der Ressource Energie ergibt sich für Unternehmen einerseits aus den steigenden Energiekosten. Andererseits aus dem Umstand, dass globale Erwärmung und das Gebot der Nachhaltigkeit zunehmend Druck auf die Politik ausüben, die diesen in Form neuer Regularien an die Wirtschaft weiter gibt. Große Unternehmen setzen schon längst Maßnahmen. Sobottka nannte zum Beispiel den Maschinenbauer Trumpf, dessen Maschinen durch Optimierung der Auftragsreihenfolge beim Blechschneiden Lastunterschiede zwischen Aluminium, Stahl oder Niro berücksichtigen. Oder auch Daimler, die bei ihren Robotern Geschwindigkeit und Bewegungsbahnen optimiert haben. Aber auch kleinere Unternehmen können etwas tun. Ein niederschwelliger Ansatz ist ein Energiewertstrommanagement. Dabei werden Energiewerte in der Produktion gemessen, daraus Kennzahlen ermittelt und anschließend - auf Grundlage von Gestaltungsregeln - konkrete Maßnahmen abgeleitet. Zuletzt stellte Sobottka das Forschungsprojekt „„Balanced Manufacturing“ vor (das zuvor bereits Herbert Pairitsch von Infineon in seinem Vortrag erwähnt hatte). Darin werden Betriebsprozesse in einem Simulationstool digital abgebildet. In der Folge optimieren sich die Prozesse innerhalb der Simulation selbst bis gewünschte, zuvor festgelegte, Zustände erreicht werden. Energieoptimierung ist dabei ein Bestandteil des Tools, das in handelsübliche Produktionsplanungssysteme integrierbar ist. Thomas Sobottka Erneuerbare Energiesysteme „Ohne Energieeffizienz wird es keine Energiewende geben. Aber Energieeffizienz alleine reicht auch nicht. Man muss auch erneuerbare Energiequellen nutzen.“ Mit diesem

eröffnete Hubert Fechner, Leiter des Studiengangs „Erneuerbare urbane Energiesysteme“ der Fachhochschule Technikum Wien, seinen Vortrag „Energiewende - Vision für Energieverbrauch und Energieeffizienz in KMUs“. Der Weg dorthin führt für Fechner über das, was er die „Drei D´s“ nennt - De-Karbonisierung, Dezentralisierung und Digitalisierung. Insbesondere werde die Bedeutung von Strom im Energiesystem steigen. In diesem Zusammenhang nannte er E-Mobilität, Brennstoffzellen, aber auch mittels Elektrolyse erzeugten Wasserstoff als wichtige Technologien. Auch werden Photovoltaik- und Windkraftwerke im Mix der Stromerzeuger immer wichtiger. Schließen werden neue Geschäftsmodelle entstehen, glaubt Fechner und nannte als Schlagworte in dem Zusammenhang unter anderem Elektromobilität, Smart Home, Vevicle2Grid, Smart City oder Demand Response Management. Hinter all dem stehe die Fähigkeit, Daten zu sammeln und auszuwerten. So sei es kein Zufall, dass Google im Jahr 2014 mit der Firma Nest Labs einen Thermostat- und Feuermelderhersteller gekauft hat - um 3,2 Mrd. Dollar (der zweitteuerste Einkauf in der Firmengeschichte). Hubert Fechner Was bedeuten diese Entwicklungen für KMUs? Einerseits müssen diese künftig den Energiebedarf ihrer Prozesse reduzieren. Andererseits werden Unternehmen verstärkt selbst als Energieerzeuger tätig werden, etwa durch PV- oder kleine Windanlagen. Auch elektrisch betriebene Firmenflotten werden eher früher als später Realität werden. Nicht zuletzt wird der Energiespeicherung eine gewichtige Rolle zukommen. Sei es elektrochemisch, in Form von Wasserstoff, durch Druckluftspeicher oder Redox-Flow-Batterien. Fest steht für Fechner jedenfalls, dass es künftig viele dezentrale Stromerzeuger geben wird. Dies erhöht die Unabhängigkeit von Energiepreisentwicklungen, aber auch von der Infrastruktur der großen Energieversorger. Förderungen „Energiesparen - was kann gefördert werden“ lautete der Titel des Vortrages von Alexandra Amerstorfer, Geschäftsführung Kommunalkredit Public Consulting. Sie wies darauf hin, dass alleine im Jahr 2017 90 Mio. Euro an nationalen Fördermitteln zur Verfügung stehen. Hinzu kommen noch einmal rund 20 Mio. Euro aus EU-Töpfen. Förderbar sind grundsätzlich Maßnahmen zur Effizienzsteigerung bei Prozessen. dazu zählen beispielsweise Maßnahmen im Zuge von Anlagenoptimierungen oder -tausch, sowie verfahrenstechnische Umstellungen zur effizienten Nutzung von Energie aus gewerblichen und industriellen Produktionsprozessen. Allerdings, merkte sie an, werden nicht komplette Anlagen gefördert, sondern nur jene Teile, die eine energetische Verbesserung bedeuten. Förderbar sind weiterhin Maßnahmen zur Wärmerückgewinnung und zur Abwärmeauskopplung, Optimierungen an Prozesskälteanlagen, Heizungen und an der Beleuchtung. Wird ein Projekt als förderwürdig eingestuft, kann man generell damit rechnen, dass man 15 bis 30 % der Investitionskosten als nicht-rückzahlbare Förderung erhält, so Amerstorfer. Alexandra Amerstorfer Energieeffizienzgesetz Cristina Kramer, Referentin, Wirtschaftskammer Österreich, Abteilung für Umwelt- und Energiepolitik, ging in ihrem Vortrag auf das Energieeffizienzgesetz ein. Sie strich heraus, dass seit Inkrafttreten des Gesetzes bereits mehr als 10.000 Energieeinsparmaßnahmen gemeldet wurden. „Das zeigt das Potential im unternehmerischen Bereich, so Kramer. Auch hätten sich die verpflichteten Energielieferanten rasch in ihrer neuen Rolle zurecht gefunden und würden keineswegs klagen. Kritik übte die Vertreterin der WKÖ allerdings an der Monitoringstelle. So sei nicht klar, ob es sich dabei um eine Behörde, samt den für eine solche üblichen Rechten, handle oder nicht. Auch sei unklar, ob man Energieeinsparmaßnahmen aus dem Jahr 2015 jetzt noch kaufen könne. Wichtig sei für die WKÖ, dass es Unternehmen weiterhin frei gestellt bleibt, wie diese die Empfehlungen eines Energieaudits konkret umsetzen. Cristina Kramer Bilder: WEKA/Peherstorfer