Lieferketten : Wann sperrt der zweitgrößte Hafen Ningbo wieder auf?

Port of Ningbo-Zhoushan
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Seit über einer Woche ist der zweitgrößte Hafen Ningbo wegen eines Corona-Falls teilweise geschlossen. Vor kurzem wurde bekannt, dass der Lockdown wohl noch bis 6. September dauern solle - nun hat die dortige Hafenbehörde signalisiert, dass es wohl schon am 1. September so weit sein könne und der Betrieb sogar schon ab der kommenden schrittweise aufgenommen werden kann.

Der Meishan Terminal steht für rund ein Fünftel des Containerumschlags von knapp 29 Millionen TEU in dem Port. Betroffen ist dabei vor allem der Bereich, in dem Schiffe für den Seeweg nach Europa abgefertigt werden. Die durch die Schließung entstandenen Verspätungen würden nicht komplett aufgeholt werden können, sagte die Vorstandsvorsitzende des Hamburger Hafens, Angela Titzrath, im Club Hamburger Wirtschaftsjournalisten.

Mehr als 50 Containerschiffe warteten auf ihre Abfertigung in Ningbo, wie der Datenanbieter Refinitiv angab. Mindestens 14 vom französisches Schifffahrts- und Logistikunternehmen CMA CGM betriebene Schiffe, fünf von Maersk und vier Hapag-Lloyd-Schiffe wollen Ningbo vorerst nicht mehr anlaufen. Dutzende weitere Schiffe änderten ihre Fahrpläne, wie die Reedereien mitteilten.

Spezielle Teams für ausländische Schiffe

Da die Warteschlangen vor den großen chinesischen Häfen immer größer werden, wächst weltweit die Angst vor zunehmenden Lieferengpässen. Das chinesische Verkehrsministerium hat für alle Häfen angeordnet, spezielle Teams für ausländische Schiffe einzusetzen. Von deren Besatzungen wird verlangt, dass sie Gesundheitszeugnisse oder negative Tests vorlegen, bevor die Fracht gelöscht oder die Schiffe beladen werden können.

"Chinas Null-Toleranz-Politik ist gut gegen die Pandemie, aber schlecht für die Lieferketten", sagte Dawn Tiura, Chef der Sourcing Industry Group, einem in den USA ansässigen Verband für die Beschaffungsindustrie. "Dieses Timing ist sehr schwierig, wenn man bedenkt, dass neben der bevorstehenden Weihnachtseinkaufssaison auch die Einkäufe zu Schulbeginn zunehmen."

Der Hafenanbieter Ningbo Zhoushan erklärte, dass das tägliche Umschlagvolumen inzwischen wieder etwa 90 Prozent seines durchschnittlichen Juli-Wertes erreiche. Schiffe, die das Terminal anlaufen sollen, werden dennoch zu nahegelegenen Häfen umgeleitet. Shanghai Port etwa zählte dadurch 34 wartende Schiffe, vor dem Hafen Xiamen warten 18 weitere. "China ist ein wichtiger Bestandteil der globalen Lieferketten", sagte Richard Lebovitz, Chef des US-Beratungsunternehmens von LeanDNA. "Jegliche Stilllegungen oder Verzögerungen aus China haben das Potenzial, Fertigwaren um zwei oder drei Ebenen hinauszuzögern."

Die coronabedingte zeitweise Schließung des chinesischen Handelshafens Yantian im Mai und Juni hat der deutschen Wirtschaft zufolge gravierendere Folgen für globalen Lieferketten und Warenströme als zuvor die Schiffshavarie im Suezkanal. Doch auch diese stellt Frächter noch vor Herausforderungen.

Vor allem für die Technik- und Elektronikbranche stellten die zwischenzeitlich bei der Container-Verladung eingetreten Verzögerungen ein Problem dar, wie der deutsche Bundesverband Materialwirtschaft, Einkauf und Logistik (BME) in einer Mitgliederbefragung herausfand. Die Störung der Lieferketten ist ein ernstes Problem für die Handelsnation Deutschland. Fast 64 Prozent der Industriebetriebe klagten in der Juli-Umfrage des Ifo-Instituts über Engpässe bei Vorprodukten wie Chips. (red/apa)