Automatisierung : Wie die FTF sehen lernen

Spurgeführtes System bei der Montage von Akkus für E-Autos von Volkswagen: dank Sicherheitslaserscanner halten die Fahrzeuge verlässlich vor querenden Personen und anderen Hindernissen.
© DS Automotion

Natürlich sind Kollisionen ein Thema. Angesichts der steigenden Bedeutung von fahrerlosen Transportfahrzeugen steigt die Zahl der Begegnungen zwischen FTF, bemannten Fahrzeugen und Fußgängern. Fahrerlose Transportsysteme werden immer wichtiger, denn sie eröffnen viel Spielraum bei der Gestaltung des schrittweisen Produktionsablaufs. Werden sie als Baugruppenträger verwendet, kann man eine Fließfertigung bis zum One Piece Flow flexibilisieren.

Fahrerlose Transportsysteme sind seit rund 35 Jahren die Spezialität der Linzer DS Automotion. Gefragt sind dabei meist durchgängige, kundenspezifische Gesamtinstallationen – von der Auftragserfassung im ERP-System bis zur Kommunikation der einzelnen Fahrzeuge für das bedarfsgerechte Anfahren von Übergabepunkten. Die zentrale Leitsteuerung DS Navios ermittelt die optimalen Fahrkurse und kann bei Bedarf hunderte Fahrzeuge koordinieren. Aufgabenspezifisch entwickelte oder aus handelsüblichen Flurförderzeugen abgeleitete Fahrzeuge nutzen in den Boden eingelassene Drähte zur Spurführung. Alternativ kommen Technologien zum freien Navigieren zum Einsatz.

Permanentes Abtasten

Die Fahrzeuge sind durchgehend mit Sicherheits-Laserscannern ausgestattet. Die Scanner tasten ihre Umgebung permanent ab und messen Entfernungen nach dem Prinzip der Licht-Laufzeit-Messung. Durch einen integrierten Drehspiegel entsteht eine zweidimensionale Abtastung frei definierbarer Schutzbereiche. Dabei kommen bei DS-Automation – in Abhängigkeit von Geschwindigkeit und Gewicht des Fahrzeugs – unterschiedliche Modelle von Sick zum Einsatz: der ultrakompakte S300 Mini, der leistungsfähige S300, der microScan3 der neuen Generation oder die modularen S3000.

Der S300 erlaubt eine einfache Anpassung an das jeweilige Umfeld. Seinen Sichtbereich von 270 Grad kann man in 48 Teilfelder unterteilen. „Abhängig von den Geschwindigkeitsdaten – meist Signale aus einem Inkrementalgeber – und der jeweiligen Lastfälle, lässt sich der Sicherheitsbereich an die momentanen Erfordernisse anpassen“, sagt Paul Luger, der Leiter der Hardwareentwicklung bei DS Automotion. „Aktuell arbeiten wir gemeinsam mit Sick an der Integration von Lenkwinkelgebern für eine genauere seitliche Einstellung des Sicherheitsbereichs.“

Sensoren beobachten auch sich selbst

Mehr Informationen sind dabei der Schlüssel für Weiterentwicklung. „Sensoren haben immer öfter auch sich selbst im Blick. Die Scanner der S300-Familie liefern hilfreiche Zustandsinformationen, anhand derer – beispielsweise bei Verschmutzungen – eine vorausschauende Wartung initiiert werden kann“, erklärt Rene Pfaller, Leiter Produktmangement bei Sick Österreich. „Darüber hinaus kann man auch direkt auf die Rohdaten in Form einer Punktewolke zugreifen. Das eröffnet spannende Möglichkeiten.“

Die Rohdaten aus den Sicherheitslaserscannern nutzt DS Automotion gleich in doppelter Hinsicht. „Wir warten nicht bis zum Auftreten einer Schutzverletzung, um dann abrupt anzuhalten, sondern verringern bereits vorher die Geschwindigkeit“, sagt Paul Luger. „Dabei hilft uns die Möglichkeit, mittels Rohdatenauswertung vorausschauend um die Kurve zu blicken.“ Der vorgegebene Kurs kann dadurch exakter gehalten werden, und man kann extrem platzsparend navigieren.

Und wenn besonders eng gefahren werden soll: In spurgeführten FTS von DS Automotion kommt der Distanzsensor Sick DT35 zum Einsatz, um von selbst in engem Abstand dem vorderen FTF zu folgen. Der kompakte Sensor bietet auch bei schlechten Lichtverhältnissen oder dunklen Oberflächen eine zuverlässige Detektion.

SLAM überwacht den Kurs

Die Überprüfung des vorgegebenen Kurses anhand bekannter Umgebungsmerkmale ist die zweite Anwendung der Rohdatenauswertung. Das dabei eingesetzte SLAM-Verfahren (Simultaneous Localization and Mapping) ist eine recht junge Technologie und wird oft in Kombination mit anderen Verfahren bei kleinen, in großer Zahl eingesetzten FTF wie „Sally“ angewendet. Dabei peilen die Fahrzeuge mittels 2D-Lasersensoren des Typs NAV350 Reflektoren an, die bis zu 70 m entfernt sein können. So ist schon ab drei sichtbaren Reflektoren eine hochpräzise Positionsbestimmung möglich. Die Koordinaten der Reflektoren stehen ohne weitere Nachverarbeitung der Daten zur Verfügung. Diese Technologie nutzt DS Automation für frei navigierende Systeme in Umgebungen, die sich für die optische Merkmalserkennung zu häufig ändern.

Kompakte Sicherheitssteuerung

Hinzu kommt das passende Umfeld: Zum Beispiel sind bei spurgeführten FTF von DS Automotion die Sicherheitslaserscanner mit einer sicherheitsgerichteten SPS verbunden, die auch das Fahrzeug steuert. Die Linzer verwenden dabei einen Profisafe-Umsetzer von Sick, mit dem sich die vollständige Nutzung aller Sensormerkmale sicherstellen lässt. Bei frei navigierenden FTF werden sie an eine Sick-Sicherheitssteuerung Flexi Soft angeschlossen.

„Diese besonders kompakte Sicherheitssteuerung ist bereits seit Jahren das sicherheitstechnische Herzstück aller frei navigierenden FTF von DS Automotion“, erzählt Paul Luger. „Den erhöhten Funktionsumfang im Zusammenspiel mit den Sicherheitslaserscannern und die umfangreichen Safe Motion Funktionen kann keine andere Sicherheitssteuerung dieser Größen- und Preisklasse bieten.“

Vernetzung für I 4.0

Besonders hilfreich ist die Möglichkeit der Anbindung von bis zu vier Sicherheits-Laserscannern über die EFI (enhanced function interface) Schnittstelle. So lassen sich beispielsweise Hindernisse nicht nur nach EN ISO 13857 in Bodennähe sicher erkennen, sondern auch zusätzliche seitliche Schutzmaßnahme integrieren. Besonders wichtig ist mit Blick auf Industrie 4.0 das Thema Vernetzung. Bei DS Automotion ist die Flexi Soft über CANopen mit dem Bordrechner verbunden. Das ist in diesem Fall ein Industrie-PC unter Linux, der auch etliche Informationen der Laserscanner für nicht-sicherheitsgerichtete Aufgaben auswertet.