Globale Lieferketten : “Wir ersetzen niemanden, wir sind das Rückgrat der Lieferindustrie.“

dispo.cc: Freightos ist nicht allein mit der Absicht, Logistiklücken in der Frachtindustrie zu füllen. Was unterscheidet Sie von Ihrer Konkurrenz?

Eyton Buchmann: Das internationale Frachtaufkommen steigt enorm. Trotzdem hat sich die zugrundeliegende Struktur, wie länderübergreifende Warensendungen verrechnet, gebucht und gemanagt werden, nicht wirklich weiterentwickelt. Freightos versucht nicht, bereits existierende Logistikanbieter oder Lieferunternehmen zu ersetzen; wir kreieren vielmehr ein technologisches Rückgrat, um alle Mitwirkenden entlang der Lieferkette miteinander zu verbinden. Heute haben wir den weltgrößten Online-Fracht-Marktplatz, auf dem Lieferunternehmen aller Größen miteinander verbunden sind.

Wie sieht denn ein erster Besuch auf Ihrem Marktplatz durch einen potentiellen Kunden aus? Welche Entscheidungen werden sie als erstes treffen müssen?

Eyton Buchmann: Hier ist zu allererst anzumerken, dass Kosten zwar ein wichtiger Faktor sind, die Industrie jedoch vor allem auf Vertrauen besteht. Waren im Wert von 250.000 Dollar möglichst billig zu verschiffen, ohne Vertrauen zu dem Lieferunternehmen haben zu können, macht keinen Sinn. Wenn sich Benutzer also auf Freightos anmelden, können sie einfach die Details ihrer Lieferung eingeben und bekommen innerhalb von 60 Sekunden verbindliche Lieferoptionen von dutzenden Anbietern aufgelistet. Sie können die Preise vergleichen, die Lieferdauer und vor allem die Verlässlichkeit der Anbieter – basierend auf verifizierten Bewertungen vorangegangener Kunden. Freightos will den Versand einfacher gestalten – und das geht am besten, wenn der Benutzer und Anbieter so viele Informationen wie möglich erhalten.

Der Versand wird also übersichtlicher. Doch wie schafft es Ihre Software, Warensendungen auch schneller und günstiger zu gestalten?

Eyton Buchmann: Freightos schafft Transparenz. Anbieter können ihre Möglichkeiten unterbreiten, Importeure und Exporteure sparen Zeit beim Buchen, bekommen Updates zu ihrer Sendung und können das Wissen tausender Lieferunternehmen nutzen um selbst Geld und Zeit zu sparen. Logistikanbieter spielen eine wichtige Rolle – wir sind die Brücke in der Kommunikation und im Versandmanagement zwischen ihnen und ihren Kunden.

Ihr Unternehmen ist bereits auf drei Kontinenten vertreten. Wie unterscheiden sich die verschiedenen Länder voneinander – haben sie unterschiedliche Erwartungen an Ihre Plattform, nutzen sie sie unterschiedlich?

Eyton Buchmann: Der typische asiatische Kunde unterscheidet sich natürlich stark von unseren Kunden in den USA. Was sie verbindet, ist aber grundentscheidend. Heute benutzt jeder das Internet für Shopping, Unterhaltung und auch für die Arbeit. Die Dissonanz zwischen diesem Userverhalten und den Logistikerfahrungen der Kunden hat zur Folge, dass sie sich nach schnelleren und digitalen Angeboten umsehen. Wir wollen sowohl Lieferunternehmen als auch Kunden eine makellose Versanderfahrung ermöglichen. Wir schneiden im Net Promoter Score derzeit mit 70 Punkten besser als der Durschnitt in der Industrie ab.

https://youtu.be/unhZ8TVC-Jc

Könnte Freightos nicht auch Preisdumping bewirken?

Eyton Buchmann: Ob durch Freightos oder nicht, Transparenz und Informationen sind so leicht zu erlangen wie nie zuvor. Im Personenflugverkehr haben Online-Buchungen sowohl Fluglinien als auch Kunden viel gebracht, denn neue Verkaufs-Channel sind entstanden und der Zugriff wurde schneller. Die Fluglinien bieten aber nicht alle den gleichen Service. Unser Marktplatz gibt ihnen aber genau dazu die Möglichkeit. Bewertungen sind ein wichtiger Indikator für Wert, der Preis ist in vielen Fällen ein Indikator für die technologische Effizienz, und mehr Automatisierung bedeutet besserer Versand. Die Preisspannen für den globalen Frachtenverkehr sind bereits sehr klein. Die Möglichkeiten der Automatisierung können diese Spannen eher verbessern als dass sie sie untergraben.

In Ihrem Index können Preise und Trends für den Versand auf der ganzen Welt in Echtzeit verfolgt werden. Wie schätzen Sie die Auswirkungen einer solchen Database für die Industrie ein?

Eyton Buchmann: Der Freightos Index ist ein gutes Beispiel dafür, dass Datenzugriff mehr Information und Transparenz bedeutet. Wir setzen große Hoffnungen in ihn. Index-verbundene Verträge sind eine gute Möglichkeit, Schwankungen und Ausgaben zu kontrollieren. Bisher gab es keinen soliden Index in der Industrie. Das ist jetzt ein erster, doch wichtiger Schritt in Richtung smarter Preisspannen.

Und wie entwickelt sich die Industrie abgesehen von dieser Neuerung?

Eyton Buchmann: Wir stellen interessanterweise fest, dass die importierenden Kleinunternehmen zunehmen. Politische Barrieren erschweren den globalen Handel vielleicht, doch die geschäftlichen Hürden fallen sogar schneller. Heute können Unternehmen Güter ganz leicht auf Alibaba oder Global Sources finden, mit Freightos importieren – wir haben sogar eine Anfängeranleitung für Importeure veröffentlicht – und auf Amazon verkaufen, und all das vom Strand in Tahiti aus. Amazon macht derzeit etwa 50 Prozent des Güterverkaufes in den USA aus. Anders gesagt, der Importmarkt wächst schnell und die Logistikindustrie wird sich darauf einstellen müssen.

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