Interview : "Wir probieren vieles aus"

Michiel van Veen Coutry Manager UPS Österreich
© UPS

Herr van Veen, Sie haben angekündigt, in Österreich verstärkt auf kleine und mittlere Unternehmen zuzugehen. UPS gilt ja eigentlich als Spezialist für Großkunden.

Michiel van Veen: Ja, viele glauben, dass wir nur mit großen Unternehmen arbeiten. Dieses Image hat eine gewisse historisch begründete Berechtigung, aber wir wachsen auch seit Jahren stark im kleinen und mittleren Segment. Wer in Österreich wachsen will, kann ja gar keinen anderen Fokus haben: 99 Prozent der Unternehmen fallen in diese Kategorie, und sie generieren rund 64 Prozent der Wertschöpfung. Viele dieser Unternehmen beginnen gerade damit zu exportieren, und damit steigen auch die Versandmengen. Ich kenne Unternehmen, die unglaublich originelle Produktideen haben, die aber nicht wissen, wie sie ihre Produkte liefern sollen. Hier wollen wir auch als Berater dienen.

Ihre Struktur ist darauf vorbereitet?

van Veen: Davon sind wir überzeugt. Unser Netzwerk und unsere Technologie sind ausreichend skalierbar. Und natürlich haben wir unser Sales-Team verstärkt und auf die Kommunikation mit KMU vorbereitet: Den Kunden alleine Preismodelle vorzurechnen, ist längst zu wenig. Es geht um Beratertätigkeit: Wie kann man kleineren Unternehmen helfen, Kosten in der Supply-Chain einzusparen? Es gibt etwa immer noch Firmen, die sich alles express zuliefern lassen. Die beraten wir durchaus in die Richtung, dass das vielleicht nicht bei jeder Sendung notwendig ist: Unsere Kunden können flexibel für jede Lieferung den passendsten und kostengünstigsten Versand aus unserem Portfolio wählen. Je enger man als Logistikdienstleister in die Bestellprozesse eingebunden ist, desto besser kann man auch beraten.

Bekommen Sie diese Einblicke in die Supply-Chains?

van Veen: Das ist am Beginn natürlich eine Art Abtasten, Vertrauen muss bekanntlich aufgebaut werden. Aber die Kunden wissen, dass die gemeinsame Arbeit desto besser wird, je tiefer wir in die Supply-Chain eingebunden sind. Voraussetzung ist allerdings, dass wir dann auch für jeden Schritt ihrer Supply-Chain eine Lösung anbieten können.

UPS gilt auch als eher als B2B-Spezialist. Wie gehen Sie mit dem Thema B2C um?

van Veen: In diese Richtung bewegen wir uns immer mehr. Wobei es zwischen den beiden Bereichen starke Rückkoppelungen gibt.

Wie sehen die aus?

van Veen: Im B2C-Bereich sind die Kunden gewohnt, dass sie den Laptop, den sie heute bestellen, morgen geliefert bekommen. Diese Einstellung überträgt sich immer stärker auf B2B. UPS hat im Vorjahr eine Umfrage unter Industrieeinkäufern in Europa, den USA und China durchgeführt, die zeigt, dass der E-Commerce in diesem Bereich wirklich disruptiv wirkt. Die traditionellen Vertriebe geraten immer stärker unter Druck, weil sich die Wertschöpfungsketten infolge der Direktkäufe beim Hersteller und wachsender elektronischer Markplätze permanent weiterentwickeln. Eine UPS-Studie in europäischen Ländern hat ergeben, dass bereits mehr als 90 Prozent der Industriekäufer direkt beim Hersteller einkaufen. Und zwei von fünf Käufern erwarten bei mindestens einem Viertel der Bestellungen Same-day-Delivery. Der Direktkauf und der Online-Handel ersetzen also immer stärker die klassische Geschäftsbeziehung zwischen Vertrieb und Einkauf.

Das ist eine extrem spannende Entwicklung: E-Commerce wurde ja erst vor einigen Jahren wirklich groß, aber diese Zeit hat ausgereicht, um Supply-Chains von teilweise über hundert Jahre bestehenden OEM zu verändern. Unsere Expertise im B2B-Bereich hat uns auch vor diesem Hintergrund sehr gut auf B2C vorbereitet.

Apropos E-Commerce: In der City-Logistik hat sich UPS ambitionierte Ziele hinsichtlich Emissionsvermeidung gesetzt. Werden Sie die erreichen?

van Veen: Davon gehe ich aus. Die Idee, Emissionen zu reduzieren, entspringt ja einer faktischen globalen Notwendigkeit, und als Logistikdienstleister ist uns sehr bewusst, dass wir ein wesentlicher Teil dieser Herausforderung sind. Wir stehen dabei unter Druck von drei Seiten: Einerseits werden die Vorgaben seitens der EU, aber auch der Kommunen, immer höher. Gleichzeitig haben die Konsumenten steigende Erwartungen hinsichtlich Nachhaltigkeit. Und drittens haben wir einen Unternehmensvorstand, der uns mit einer weltweiten Reduktion der Treibhausgase um zwölf Prozent bis 2025 ein hohes Ziel gesetzt hat.

Und wie wollen Sie das schaffen?

van Veen: Die Zukunft liegt hier in der Kombination vieler Möglichkeiten, nicht in der einen großen Lösung. Wir probieren derzeit vieles aus, sind in den Städten längst auch mit Fahrrädern, E-Bikes, elektrischen Tricycles oder auch Boten zu Fuß unterwegs. Wir wollen auch in österreichischen Städten, ähnlich wie in Hamburg, Microhubs installieren: zentral gelegene Lager, die möglichst umweltfreundlich beliefert werden, und von denen aus die Letze Meile mit unterschiedlichen Mitteln bewältigt wird.

Ist der Fahrermangel für Sie ein Problem?

van Veen: Ich würde sagen: eine Herausforderung. Da geht es uns nicht anders als unseren Mitbewerbern. Wir erwarten ja einiges von den Zustellern, eine lückenlos funktionierende Traceability etwa hängt stark von diesen Mitarbeitern ab. Sie zu finden, wird tatsächlich nicht gerade einfacher – andererseits wird dieser Job in meinen Augen auch immer interessanter.

Zur Person

Michiel van Veen hat 2017 die Verantwortung als Country Manager von UPS in Österreich und Slowenien übernommen. Sein Werdegang ist UPS-typisch: van Veen begann 1997 als Teilzeit-Zustellfahrer für UPS in Eindhoven, wechselte nach sieben Jahren in den Bereich Sales und wurde 2012 zum Sales Manager für die Benelux-Länder befördert. Von 2014 bis 2017 war er für Sales in 28 CEE-Staaten verantwortlich.

Diese Story finden Sie auch in dispo Ausgabe 3/2018.