Case Study : Wie Aberle Greiner Bio-One beschleunigt

Aberle für Greiner Bio-One
© Aberle

Das Hochregallager stammte noch aus den 1980er-Jahren, und irgendwann reichte es nicht mehr. „Phasenweise war es bis an seine Grenzen ausgelastet, Lagerware musste an zusätzlichen Standorten vorgehalten werden“, erzählt Mersid Rizvo, Leiter Einkauf und Logistik bei Greiner Bio-One (GBO). Produktion und Logistik werden derzeit daher völlig neu aufgesetzt. Kernstück der Neustrukturierung ist das neue Logistikzentrum, das Ende April dieses Jahres in der Nähe von Stuttgart in Betrieb gegangen ist. Besondere Herausforderung dabei: Die Grundfläche für das neue Hochregallager war durch den Altbestand vorgegeben, der für den Neubau demontiert wurde.

Zwei Paletten-Maße

Auf einer Grundstücksfläche von 2.285 Quadratmetern errichtete Aberle das neue HRL und schloss die angebundenen Bearbeitungsflächen mit Palettenfördertechnik an. Mittelpunkt der Intralogistik ist eine viergassige Regalanlage. Auf elf Ebenen umschließt der 29 Meter hohe Neubau ein Volumen von 70.000 Kubikmetern. Für die Lagerung von Paletten bietet der Stahlbau 12.320 Stellplätze. Gelagert wird doppeltief.

Der palettiert angelieferte Wareneingang wird per Scannung im führenden SAP-System vereinnahmt und mit Kommissionierstaplern an Übergabeplätzen auf die Fördertechnik aufgesetzt. Damit sind die Paletten in die automatisierten Prozesse eingeschleust und die Anlieferungen digital im Bestand im SAP-System erfasst. Auf der Förderstrecke durchlaufen die Ladungsträger zunächst eine Palettenkonturenprüfung mit Kontrolle von Maßen, Gewichten und etwaigen Beschädigungen.

Für Intralogistik und Versand verwendet GBO Paletten mit zwei unterschiedlichen Maßen. Neben der Standard-Europalette kommen Greiner-Paletten mit 1.200 x 1.000 mm zu Einsatz. Darauf wurden von Aberle sowohl die Palettenfördertechnik als auch die Lastaufnahmemittel der vier installierten Regalbediengeräte ausgelegt, die es mit ihrem Doppelgetriebe im HRL auf 100 Ein- und Auslagerungen pro Stunde bringen.

Kamera fährt mit

Alle RBG sind mit einem mitfahrenden Kamerasystem ausgerüstet, das via Schnittstelle über das installierte Visualisierungssystem PMS-V aus dem Prozess Management System von Aberle an das führende SAP-basierte Lagerverwaltungs- und Materialflusssystem angebunden ist und den aktuellen Anlagenzustand ganzheitlich dokumentiert. Die Kamera überträgt Bilder vom fahrenden RBG an die Leitstelle. Die so im Livestream oder auf SD Karte erfassten Informationen bieten GBO mit dem von Aberle mitgelieferten Softwaretool MX Control Center neben der hohen Prozesstransparenz auch eine nachträgliche Analyse und Auswertung unter anderem von Störungen.

Zwei Ströme auf einer Anlage

Eine zentrale Palettenförderstrecke führt sowohl die Paletten aus dem Wareneingang als auch die Auftragspaletten von den Kommissionierarbeitsplätzen direkt an die Übergabeplätze für die RBG im HRL. Die Fördertechnik ist als Stetigfördertechnik ohne Verschiebewagen eingerichtet. „Dadurch ergeben sich Puffermöglichkeiten und kurze Nachförderzeiten zu den Arbeitsplätzen“, erklärt Aberle-Projektleiter Daniel Heim. „Die zentrale Förderstrecke bedient sowohl die Einlagerungsstiche des HRL als auch die Versandbahnen und sie ver- und entsorgt die Kommissionierplätze.“

Um die Anlage kompakt zu halten, werden die Ein- und Auslagerungen überwiegend auf der gleichen Förderstrecke geführt. Dennoch wurden die jeweiligen Prozesse im Anlagenlayout entkoppelt. Auslagerungen aus dem HRL für die Bereitstellung im Versand oder an den Kommissionierarbeitsplätzen erfolgen über eine Stahlbaubühne auf einer zweiten Ebene. Senkrechtförderer überbrücken den Höhenunterschied und speisen die Versandpaletten in die zentrale Förderstrecke ein, so dass beide Materialströme auf der gleichen, kompakten Förderanlage transportiert werden können.

Für die Auftragskommissionierung sind der Vorzone drei Arbeitsplätze eingerichtet. Die Zuführung der Quellpaletten aus dem HRL erfolgt mit einem Transportauftrag aus dem SAP-basierten Materialflussrechner direkt an die SPS-Steuerung und wird vom übergeordneten, ebenfalls SAP-basierten Lagerverwaltungssystem angestoßen.

Doppelte Kapazität, fünffache Performance

Zur Andienung der Quellpaletten an den Kommissionierarbeitsplätzen ist die Fördertechnik dort ebenerdig integriert. Unter den vorgegebenen Stopp-Positionen für die Paletten sind drei Scherenhubtische installiert, die sich von den Mitarbeitern über Regler in der Bodenplatte in der für ergonomische Kommissionierung jeweils günstigsten Höheneinstellung justieren lassen. Gleiches gilt für die Zielpaletten.

Die Unterstützung der Kommissionierung erfolgt mittels eines individuell auf Greiner zugeschnittenen Kommissionierdialogs mit Sonderfunktionen wie etwa der optimierten Zusammenführung mehrerer Auslieferungen zu einem Pick, Pick&Pack-Funktionen oder Zielpalettenbildung durch die SAP-basierte Software. Angebrochene Quellpaletten gelangen über die zentrale Förderstrecke zurück ins HRL. Die Zielpaletten werden von der Fördertechnik direkt in die Versandzone transportiert. Die Vergabe von freien Lagerplätzen unter Berücksichtigung der Gassenauslastung und die Entscheidung über das Endziel der Paletten wird durch die SAP-basierten Inconso-Komponenten MFS und LVS gesteuert.

Die Versandbereitstellung der Paletten aus dem HRL und von den Kommissionierplätzen erfolgt auf zwei Versandbahnen mit einer Staustrecke von jeweils bis zu fünf Paletten. Sie schließen auf Ebene der Warenausgangszone ab, so dass die Paletten von den Mitarbeitern dort mit den Gabeln von Mitgängerförderzeugen unterfahren, ebenerdig übernommen, abtransportiert und verladen werden können. Das Ziel einer Palette wird über einen Monitor angezeigt, der ebenfalls über den SAP-basierten MFS gesteuert wird. Die Ladeflächen der Auflieger sind an vier Warenausgangstoren angedockt.

Die Ergebnisse des zweistelligen Millionen-Investments sind bereits messbar: Die Lagerkapazität auf der Bestandsfläche hat sich verdoppelt, die Lagerperformance verfünffacht.

Auftraggeber

Greiner Bio-One (Kremsmünster) ist auf Entwicklung, Produktion und Vertrieb von Qualitätsprodukten aus Kunststoff für den Laborbedarf spezialisiert. Das Unternehmen beliefert Krankenhäuser, Labore, Universitäten, Forschungseinrichtungen, die diagnostische und pharmazeutische Industrie sowie die Biotechnologie. Greiner Bio-One beschäftigt über 2.200 Mitarbeiter und hat Niederlassungen in 26 Ländern.

Auftragnehmer

Aberle (Leingarten, D) ist Generalunternehmer für automatisierte Intralogistik-Systeme und dynamische Automatisierungsprojekte. Aberle tritt als herstellerunabhängiger Systemintegrator mit hohem Individualisierungsgrad der eingesetzten Technik auf. Das Unternehmen bietet Beratung, Planung, Softwareentwicklung, Projektrealisierung, Service und Wartung aus einer Hand. Aberle ist Teil der Unternehmensgruppe Körber.