Case Study : Wie DS Automotion bei Engel Austria den Verkehr entlastet

DS Automotion/Nik Fleischmann
© DS Automotion/Nik Fleischmann

2.850 Kunststoff-Maschinen haben Schwertberg im Vorjahr verlassen. Am Hauptsitz von Engel Austria wird im 3- bis 4-Schichtbetrieb gearbeitet, auf einem Maschinenpark mit mehr als 30 Bearbeitungszentren. Das Vormaterial für die Dreh-/Frästeile mit bis zu 520 mm Durchmesser kommt aus einem voll automatisierten Stangenlager mit fünf Sägestationen.

Dort entstehen auftragsbezogen die Rohlinge für die Bearbeitung. Diese gelangen in Wannenpaletten zu den Bearbeitungsmaschinen. Um die Abläufe an den Sägen optimal gestalten zu können, werden sie oft in einem Regal zwischengelagert, das als Pufferlager dient. In der Vergangenheit erfolgte dieser Transport ausschließlich per Gabelstapler. Die dabei zurückgelegten Transportwege in der Halle sind oft mehrere hundert Meter lang.

Pilotprojekt

Doch das System geriet an seine Grenzen. „Auf konventionelle Weise war unser anhaltendes Wachstum nicht mehr zu bewältigen, unsere Staplerfahrer hatten die Grenze ihrer Leistungsfähigkeit erreicht“, erzählt Peter Nenning, Teamleiter Rohmateriallager, Säge, interne Transporte bei Engel. „Abgesehen von der Schwierigkeit, qualifiziertes Personal zu finden, verhinderten die beengten Platzverhältnisse einen staufreien Verkehr mit mehr als drei Staplern gleichzeitig.“

Um die bestehende Mannschaft zu entlasten, startete Engel ein Pilotprojekt mit einem Fahrerlosen Transportsystem. Auf der Grundlage ihrer Erfahrung aus der Fließmontage mit schienengebundenen Systemen entwarfen die Intralogistik-Experten bei Engel einen Anforderungskatalog mit 110 Punkten. Dabei hatten sie auch die Rolle eines FTS als Organisationsinstrument im Hinterkopf.

„Wir suchten eine Lösung, die sämtliche unserer Anforderungen aus einer Hand und innerhalb eines Gesamtsystems erfüllt“, sagt Christoph Moser, Leiter Intralogistik bei Engel. „Dazu gehörte neben dem Paletten- und Kleinteiletransport auch die Integration von Sonderlösungen.“ Aus der Evaluierung ging die Linzer DS Automotion als Sieger hervor.

Testanlage für Sally

Dennoch fiel die Entscheidung zugunsten dieses Anbieters erst nach der Installation einer kleineren Anlage zu Testzwecken. Dabei kommt das Kleinlasten-FTF Sally zum Einsatz. Auf einem mehr als 150 Meter langen Kurs bringt es hauptsächlich Werkzeuge und Messmittel zu den Bearbeitungszentren. Der Implementierungsaufwand war gering, denn die Leitsteuerungssoftware DS Navios wurde auf bestehender Server-Infrastruktur bei Engel installiert. Ein weiterer Vorteil: Sally kommt dank der konturbasierten Navigation ohne Installationen entlang der Strecke aus.

Auf neuen Wegen

Ein wichtiger Teil des Gesamtpaketes war das Fahrerlose Transportfahrzeug für den Transport der Rohlinge zu den Dreh-/Fräsbearbeitungszentren. Der Transport erfolgt in Wannenpaletten mit bis zu 1,5 Tonnen Bruttogewicht, andererseits macht das Zwischenlagern der Rohlinge in einem Puffer-Regal knapp drei Meter Hubhöhe erforderlich.

Beim gewählten Fahrzeug handelt es sich um den erstmals im Februar 2019 öffentlich präsentierten Hochhub-Stapler Amadeus. Das frei navigierende FTF gehört zu einer neuen Generation von Serienfahrzeugen des Linzer FTS-Herstellers. Amadeus ist von Beginn an für den fahrerlosen Betrieb konzipiert. Er wurde zur Gänze bei DS Automotion entwickelt und produziert.

Dank seiner kompakten Bauform sowie der exzellenten Spurtreue von FTF kann Amadeus die vorhandenen Transportwege bei Engel uneingeschränkt nutzen. „Auf seinem Weg kann Amadeus einen Gang nutzen, der wegen seiner geringen Breite für den Verkehr mit bemannten Staplern gesperrt ist“, erklärt Moser.

Amadeus trifft Sally

Für den innerbetrieblichen Transport bei Engel nutzt Amadeus die Lasernavigation. Dabei sorgen Reflektoren entlang der Gänge für eine sehr hohe Positioniergenauigkeit. Das Fahrzeug weist die volle Kompatibilität mit allen frei navigierenden Systemen von DS Automotion auf. DS Automotion installierte daher für das FTS zum Rohteiletransport keine eigene Leitsteuerung, sondern erweiterte die bestehende Installation von DS Navios.

Dadurch gelang ohne zusätzlichen Aufwand die Integration der beiden Teilsysteme in ein gemeinsam genutztes Gesamtsystem. In diesem können Amadeus und Sally Streckenabschnitte kollisionsfrei miteinander nutzen. Darüber hinaus ist das FTS sehr einfach zu administrieren und jederzeit offen für Erweiterungen, um komplexer werdende Anforderungen an die Intralogistik innerhalb eines einzigen Systems zu erfüllen.

Akzeptanz durch Sicherheit

Die Amadeus-Sensoren für die Personensicherheit arbeiten ohne blinden Fleck mit ungehinderter Rundumsicht. Ein farbiges Bodenlicht vermittelt Zustandsinformationen auf einen Blick. Zudem kann Amadeus per Sprachausgabe Hinweise geben, etwa dann, wenn Hindernisse zu lange seinen Weg blockieren. Das neue Design von DS Automotion stammt aus der Feder eines prämierten österreichischen Industriedesigners. Mit runden Formen und glatten Oberflächen senkt es psychologische Hürden zur Zusammenarbeit von Mensch und Maschine.

„Nach anfänglicher Skepsis haben sich unsere Mitarbeiter an Amadeus gewöhnt und Vertrauen in die Technik gefasst“, erzählt Peter Nenning. „Sie kennen das berechenbare Verhalten und die kompromisslose Personensicherheit des fahrerlosen Staplers.“

Weitere Pläne

Das System wurde innerhalb weniger Tage in Betrieb genommen und läuft seit seiner Installation ohne technische Probleme. Noch transportiert der bisher einzige Amadeus nur die Rohlinge zu einer Handvoll Dreh-/Fräsbearbeitungszentrum und kehrt leer zum Rohmateriallager zurück. Dennoch war von Beginn an die angestrebte Entlastung der Staplerfahrer spürbar.

Auch deshalb gibt es bei Engel recht konkrete Pläne, das System auf verschiedene Weise auszubauen. „Wir denken daran, das System um zusätzliche Fahrzeuge zu erweitern und mehr Maschinen mit Rohteilen zu versorgen“, nennt Moser eines der Vorhaben und ergänzt: „Zusätzlich ist angedacht, die gefertigten Teile zur Weiterverarbeitung zu verbringen.“ Langfristig kann sich der Intralogistik-Manager eine Umstellung des gesamten innerbetrieblichen Warentransportes auf Fahrerlose Systeme von DS Automotion vorstellen.

Auftragnehmer

DS Automotion (Linz) ist ein weltweit tätiger Anbieter fahrerloser Transportsysteme. Das Unternehmen ist seit 1984 auf die Entwicklung und Produktion von Automatisierungslösungen für unterschiedlichste Anwendungen und Branchen spezialisiert. Seit 2018 ist die SSI Schäfer Gruppe an DS Automotion beteiligt.

Auftraggeber

Engel Austria (Schwertberg) ist auf die Herstellung von Spritzgussmaschinen sowie kundenspezifischen, integrierten Gesamtlösungen mit Automatisierung, Prozesstechnik und Werkzeugprojektierung spezialisiert.