Technik in der Logistik : Was der Picking Roboter im Lager wirklich können muss

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Die Automatisierung in der Logistik ist ein Feld, das von mehreren Gesichtspunkten aus wächst. Einerseits werden die Möglichkeiten der Automatisierung immer vielseitiger, andererseits aber – dank kontinuierlicher Forschung – auch immer besser. Und auch der Absatz steigt, da immer mehr Betriebe auf den Zug aufspringen wollen.

Automatisierung reicht von Systemen, die vorhersagen, wann die Maschinen gewartet werden müssen und Smart Glasses, die Produkte scannen, bis hin zu fahrerlosen Transportsystemen und Roboterarmen.

Letztere stellen nur eines von vielen Segmenten dar, wie im Lager Arbeit vom Menschen auf Roboter übertragen kann – doch es ist ein sehr wichtiges Segment, dem ein großes Wachstum in der imminenten Zukunft vorhergesagt wird.

“2020 wird als ein zentrales Jahr für robotische Picking-Systeme in die Geschichte der Automatisierung eingehen”, sagt Vince Martinelli, Produktchef beim Bostoner Robotikunternehmen RightHand Robotics, nicht ganz bescheiden gegenüber Robotics Business Review.

Dass immer mehr Betriebe in robotische Greifsysteme investieren, bedeutet aber nicht automatisch, dass sie damit auf jeden Fall Geld einsparen und effizienter werden.

Die Reue danach

Dass Automatisierung in einem jeden Betrieb bis zu 80 Prozent der Kosten einsparen kann und sich auf jeden Fall auszahlt, solche Zahlen lassen sich natürlich überall finden. Wie ein White Paper von Fujitsu zu dem Thema feststellt, werden solche “Belege” aber von individuellen erfolgreichen Projekten herangezogen und sind nicht auf die Allgemeinheit anwendbar.

Genau aufgrund solcher Fehleinschätzungen bereuen schließlich laut Fujitsu 40 Prozent der Unternehmen ihre Automatisierungsprojekte.

Diese Zahlen bedeuten aber nicht, dass 40 Prozent der Unternehmen gar nichts hätten automatisieren sollen – sie haben sich nur nicht genügend darüber informiert, welche Lösungen für sie wirklich in Frage kommen und sich auszahlen werden.

So verhält es sich auch bei der Implementierung von Picking Solutions – der Betrieb muss sich klar darüber werden, was die Maschine können muss und welcher Anbieter das garantieren kann. Dabei sind viele Punkte zu beachten.

RightHand Robotics etwa fast die wichtigsten Parameter bei Greifrobotern prägnant zusammen als Range, Rate und Reliability. Das bedeutet, es kommt darauf an, wie viel, wie schnell und wie verlässlich der Roboter greift. So weit, so gut. Doch über jeden dieser Punkte muss sich ein Interessent mehrere Gedanken machen.

Ein Arm, der alles kann

Die Range, also die Bandbreite, die ein Roboter picken können muss, ist heute wichtiger denn je. Früher konnte die Logistik bei Stückgrößen in Paletten und Kisten rechnen – heute kommen durch den E-Commerce fast nur noch einzelne Bestellungen für einzelne Stückgüter herein. Zusätzlich steigen die Online-Bestellungen und die Bereitschaft des Kunden, länger als einen Tag darauf zu warten, sinkt.

Ein Picking-Roboter muss ganz verschiedene Güter greifen und platzieren können. Viele Händler müssen eine Bandbreite von über 100.000 verschiedenen Produkten anbieten, nur um wettbewerbsfähig zu bleiben. Sollte ein Betrieb sich nicht zu jenen zählen, wäre es trotzdem unklug, bei der Robotersuche kein großes Augenmerk auf die Range zu setzen. Schließlich kann die Zahl der SKU, also der Stock Keeping Unit, irgendwann noch stark steigen. Auch kann die Zahl vielleicht relative gleichbleiben, aber die Produkte können sich dennoch komplett ändern – etwa wenn saisonbedingt eine neue Bandbreite aufgenommen wird. Auch das bedeutet, dass der Roboter etwas gänzlich anderes greifen muss und auch das muss er können, um sich für den Betrieb auszuzahlen.

Sprint-Geschwindigkeit über Marathon-Länge

Anbieter machen ihre Picking-Roboter immer schneller – den mit Geschwindigkeitszahlen können sie prahlen. Doch ein Interessent sollte immer zwischen den Zeilen lesen. So kann der maschinelle Helfer vielleicht ohne Weiteres 1.000 Stück pro Stunde von einem unbeweglichen Behälter in den gleich daneben stehenden bewegen. Doch wie verhält es sich, wenn sich der Abstand zwischen den Behältnissen ändert; wenn der Roboter aus verschiedenen Quellen picken muss; und vor allem, wenn er in verschiedene Container ablegen soll? Fortgeschrittene Systeme müssen mit solchen leicht möglichen Veränderungen zurechtkommen – und das schnell. Muss erst ein Austausch des Greifarms oder eine Re-Konfiguration durchgeführt werden, verliert der Betrieb Zeit, die er sich eigentlich durch den Menschen-Ersatz sparen wollte.

Der beste Freund ist ein verlässlicher Freund

Das Adaptionsvermögen der Maschine deutet schon auf den dritten wichtigen Punkt hin – die Zuverlässigkeit. Doch es ist natürlich nicht genug, wenn der automatische Picker schnell arbeitet und verschiedene Kartons befallen kann, aber etwas zerbricht oder sogar die falsche Stückzahl greift. Im Endeffekt muss das richtige Produkt unbeschadet beim Kunden ankommen – und darauf muss sich der Betrieb beim Roboter verlassen können.

Verlässlichkeit bedeutet auch eine gewisse Eigenständigkeit. Der Roboter sollte menschliche Hilfe, Wartungen und Reparaturen so wenig wie möglich benötigen. Gut beraten ist auch, wer auf ein Modell setzt, dass sich mit dem WMS leicht verbinden lässt, von selbst Fehlermeldungen und auch Berichte verschickt.

Was Heute und Morgen bereithalten

Ash Sharma ist Research Director beim Marktforschungsunternehmen Interact Analysis, das sich ganz auf intelligente Automatisierung spezialisiert hat. Er sagt gegenüber Robotics Business Review ein Plus von elf Prozent beim Verkauf industrieller Roboter gegenüber 2019 voraus. Und: “Picking-Roboter werden die am schnellsten wachsende Lagerautomatisierungstechnik in den USA sein, mit einem Wachstum von fast 100 Prozent in 2020.”

Der Markt ist also auf alle Fälle da, ob sich Betriebe nun ernsthaft ansehen, welche Roboter für sie die besten sind, oder nicht. Bleibt nur zu hoffen, dass auch die Reue nach dem Kauf dieses Jahrzehnt nicht sprunghaft ansteigt.

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