Interview : „Ein ganzer Blumenstrauß an Möglichkeiten“
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dispo: Herr Umundum, Sie haben in diesem Jahr mit „AllesPost“ einen Vorstoß auf der Letzten Meile unternommen, der durchaus gegen den Mitbewerb gerichtet ist. In einer Phase, in der es der gesamten Branche gut geht, wundert mich das ein wenig.
Peter Umundum: „AllesPost“ war weniger von uns getrieben als vielmehr von den Kunden. Wir wurden immer wieder von Empfängern kontaktiert, weil sie gerne die Leistungen der Österreichischen Post auf der Letzten Meile hätten. Ohne hier wertend vergleichen zu wollen: Wir bieten mit Abstellgenehmigungen, 24/7-Lösungen, Möglichkeiten des Umroutens und anderen Services wirklich viel. „AllesPost“ ist auch ein Schritt in Richtung Mehrwert-Dienstleistungen für private Empfänger. Auch ein Abholservice etwa können Privatkunden bestellen – und wir haben einige weitere Überlegungen in der Pipeline.
Ist das Angebot ein Erfolg?
Umundum: „AllesPost“ erreicht derzeit rund 3.000 zahlende Kunden. Das liegt über unseren Erwartungen. Ich sage aber auch offen: Infolge der Zusammenarbeit mit DHL hat sich der Kundenbedarf natürlich relativiert.
Apropos DHL: Die Übernahme der DHL-Paket-Mengen durch die Post hat ja eigenartigerweise deutlich weniger medialen Wirbel erzeugt als die Eigenzustellung durch Amazon in Wien.
Umundum: Was ich durchaus als Kompliment empfinde. Hier handelt es sich um eine der größten logistischen Veränderungen, die Österreich im KEP-Bereich je erlebt hat. Aber offensichtlich haben die Kunden kaum Auswirkungen gespürt. Wenn man bedenkt, dass der Vertrag mit DHL erst Ende März geschlossen wurde und dazwischen ein doch recht aufwändiges kartellrechtliches Verfahren lag, können wir schon zufrieden sein. Das war aus unserer Sicht wirklich ein Big Bang.
Ein Bigger Bang als Amazon?
Umundum: Beide Themen sind relevant, und beide haben Einfluss auf unseren strategischen Fokus. Amazon ist ja bekanntlich einer unserer größten Kunden, und ich hoffe, das bleibt auch so. Im Großraum Wien machen sie die Eigenzustellung mit durchaus großer Marktdurchdringung, wir werden das im nächsten Jahr beim Ausweis der Marktanteile auch sehen. Und natürlich besteht die Möglichkeit, dass weitere Ballungsräume hinzukommen. Amazon ist übrigens ein ausgesprochen fairer Partner – sie haben Veränderungen immer rechtzeitig kommuniziert.
Die Post hat nicht nur die drei großen Standorte von DHL übernommen, sondern baut mit Hagenbrunn, Kalsdorf und demnächst Thalgau auch neue Zentren. Hagenbrunn und Kalsdorf schaffen neue Größenrekorde. Ist das nur dem E-Commerce geschuldet?
Umundum: Das Wachstum ist natürlich ein wesentlicher Grund, aber es geht auch um die gestiegenen Qualitäts-Ansprüche. Aus Versender-Sicht: größere Mengen mit späteren Cut-off- und kürzeren Durchlaufzeiten. Aus Empfänger-Sicht: einfach hundert Prozent Zustell-Qualität. Unsere Antwort auf beide Ansprüche ist der Versuch, möglichst flexibel zu sein. Dazu gehört auch, so früh wie möglich an Grundstücksreserven heranzukommen. Baulich gehen wir weg von der klassischen „U“-Form in Richtung eines „F“, das bei Bedarf zu einem „E“ erweitert werden kann. Und in der Sorter-Technik denken wir vermehrt in Layern: Wir starten mit einem Basis-Layer, können aber bei Bedarf aufrüsten.
Sie sprechen von Grundstücksreserven. Wie einfach ist es, Flächen zu finden?
Umundum: Natürlich ist das nicht einfach. Aber wir hatten nach dem Scheitern des Projekts in Langenzersdorf auch eine Lernkurve. Da haben wir ja ein Jahr lang eine Ehrenrunde gedreht.
Was haben Sie denn gelernt?
Umundum: Vor allem, längere Vorlaufzeiten einzuplanen. Es geht ja in erster Linie um Entscheidungssicherheit. Das neue Standortgesetz ist in meinen Augen übrigens durchaus ein guter Schritt in die richtige Richtung.
Am anderen Ende der Kette, in der City-Logistik, testen Sie gerade neue Ansätze. Was haben Sie denn etwa aus dem City Hub in Wien gelernt?
Umundum: Das City Hub ist mehr als nur ein Test – es soll zeigen, wohin sich die City-Logistik entwickelt und entwickeln soll. Ein Kern der Idee ist, dass wir bereits im Logistikzentrum beladene Mini-Wabs an das City Hub liefern, die dort auf die E-Bikes der Zusteller geladen werden. Die Zusteller sortieren also nicht mehr selbst. Wir sind derzeit in der Phase der Evaluierung: Wie reagieren die Konsumenten? Kann man den ökologischen Effekt ohne Leistungsverlust erzielen? Bleiben die Kosten im bisherigen Rahmen? Und nicht zuletzt: Wie geht es den Mitarbeitern damit? Die Antworten, die wir schon sehen können, sind äußerst erfreulich. Ich gehe jedenfalls davon aus, dass wir das Konzept auf weitere Standorte ausrollen werden.
Sie testen auch neue Formen der Zustellung wie jüngst die Post-Stationen bei Hofer. Wollen Sie die Österreicher endlich davon abbringen, dass alles immer nach Hause geliefert werden muss?
Umundum: Nein, unsere Intention ist bestimmt nicht, das Verhalten der Konsumenten zu verändern. Unser erster Zugang bleibt definitiv, an den Wohnort zu liefern. Die Österreicher wollen das, und wir unterstützen das auch.
Es ist aber auch teurer.
Umundum: Convenience und Qualitätsanspruch haben für uns aber höhere Priorität als ein eventueller wirtschaftlicher Vorteil durch weitere Verdichtung. Ich denke, wir müssen den sehr unterschiedlichen Erwartungen der Konsumenten mit einem ganzen Blumenstrauß an Möglichkeiten entsprechen. Es wird nie die eine Lösung geben, die für alle Empfänger die beste ist. Ich denke, die Post bietet mit Empfangsboxen, Abholstationen oder Abstellgenehmigungen wirklich komfortable Wege, Sendungen zu empfangen, wenn man nicht daheim ist. Und die werden ja auch genutzt: Rund eine halbe Million Haushalte haben zum Beispiel bereits eine Abstellgenehmigung.
Das City Hub steht ja vor allem auch unter dem Motto der Emissions-Reduktion. Wie viel können Sie denn da noch erreichen?
Umundum: Noch sehr viel. Aber zunächst muss man generell die Frage stellen, wie die CO2-Belastung durch die Paketdienste einzuschätzen ist. Die Studie, die Professor Kummer von der WU Wien kürzlich durchgeführt hat, ist diesbezüglich ja durchaus spannend. Deren Grundbotschaft Nummer Eins lautet: Die KEP-Dienste sind in Wien für nur rund 0,8 Prozent der Gesamtverkehrsbelastung verantwortlich. Dass es so wenig ist, hat mich sogar ein wenig überrascht. Zweitens hat die Studie ergeben, dass die gesamte Branche schon jetzt sehr effizient unterwegs ist. Die Verdichtung der Sendungen ist enorm. Und drittens haben Untersuchungen des MIT, die Kummer zitiert, ziemlich klar gezeigt, dass die Umweltbelastung durch den stationären Einkauf im Schnitt größer ist als jene durch die stark verdichtete E-Commerce-Zustellung.
Also haben Sie gar nicht mehr allzu viel Spielraum?
Umundum: Doch, den haben wir, indem wir komplett CO2-frei werden. Wie Sie wissen, wollen wir das in der Zustellung auf der letzten Meile bis 2030 erreichen. Natürlich gibt es bis dahin Zwischenschritte, die CO2-Neutralität ist einer davon. Der Weg zu diesem Ziel führt über Emissions-Reduktion, wo immer das möglich ist. Wir werden bis zum Jahresende rund 1.900 E-Fahrzeuge betreiben. Wir haben Photovoltaik-Anlagen, mit denen wir unseren eigenen Strom erzeugen. Und wir beginnen gerade damit, uns mit der Frage zu beschäftigen, wie man diesen Strom auch für die Verwendung in der Nacht speichern kann. Wir müssen also immer seltener auf den Kauf von Zertifikaten zurückgreifen.
Werden diese Bemühungen von Ihnen auch erwartet?
Umundum: Bei Ausschreibungen ist die CO2-Bilanz immer häufiger ein Kriterium, vor allem bei den großen Versendern. Und ich bin sicher, dass unsere Aktivitäten auch auf der Empfänger-Seite gerne gesehen werden. Die eher geringe Zahlungsbereitschaft auf beiden Seiten ist allerdings auch kein Geheimnis.
Da wir uns ja dem Weihnachtsgeschäft nähern: Wie werden Sie das bewältigen?
Umundum: Im Grunde produzieren wir das ganze Jahr ehemalige „Weihnachtsmengen“, und Weihnachten kommt ja erst. Natürlich müssen wir zu solchen Zeiten weitere Frächter engagieren, müssen in den Verteilzentren Leasing-Kräfte einsetzen und letztlich auch unseren bestehenden Mitarbeitern Mehreinsatz aufbürden.
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Aber wie geht es Ihnen mit dem generellen Arbeitskräftemangel?
Umundum: Den spüren wir natürlich, haben es aber derzeit recht gut im Griff. Wir suchen immer wieder völlig neue Zugänge wie den kürzlich gestarteten Lehrberuf. Und ich glaube, dass die Österreichische Post auch nicht als der schlechteste Arbeitgeber der Branche gilt. Das betrifft nicht zuletzt unsere Aktivitäten im Bereich der Sicherheit: etwa aktuell die Aufrüstung der Lkw mit Abbiege-Assistenten oder die zahlreichen Sicherheits-Assistenzsysteme auch bei den leichteren Fahrzeugen. Das spricht sich herum und ist natürlich auch ein Recruiting-Argument.