Gut zu wissen : Mythen der Logistik, Teil 4 – Gefahrguttransport. Wird schon nix passieren.

In Europa gilt ja eigentlich das Übereinkommen über die internationale Beförderung gefährlicher Güter auf der Straße, kurz ADR. Bei Nichteinhaltung drohen hohe Strafen – aber wie stark kontrolliert wird und wie sehr diese Strafen abschrecken, sieht man an der Zahl von Unfällen beim Transport von Gefahrgut – laut der Bundesanstalt für Straßenwesen waren in Deutschland vor zwei Jahren noch 156 Güterkraftfahrzeuge an einem Gefahrgutunfall beteiligt. Und die Vorschriften decken auch nicht alle Aspekte der Sicherheit ab. Hier die häufigsten Fehler beim Gefahrguttransport.

Viele glauben, es genügt schon, den beispielsweise roten Zettel – brennbare Flüssigkeiten – am Lkw anzubringen. Doch sehr oft werden verschiedene Stoffe in einem Container transportiert und nicht alle benötigen dieselbe Kennzeichnung – hier muss jedes Behältnis einzeln gekennzeichnet werden.

Außerdem bedeutet das Aufkleben eines Stickers nicht, dass damit die ganze Angelegenheit erledigt ist. Es klingt unglaublich, doch bei vielen Transporten von Gefahrgut ist die Kennzeichnung zwar korrekt, doch schwer oder gar nicht einsehbar. Das ist in etwa so sinnvoll wie ein leerer Feuerlöscher.

Einerseits gibt es keine internationalen Regeln, wie die Mitarbeiter für das Handling von Gefahrgut in einer Spedition oder einem Transportunternehmen genau geschult sein müssen; andererseits ist die Gewinnspanne beim Gefahrguttransport noch vergleichsweise gut im Sektor Logistik und Transport, weshalb viele Unternehmen auf den alten Spruch „Zeit ist Geld“ drängen und Schulungen eher als Zeitverlust ansehen. Beides führt dazu, dass Mitarbeiter zwar wissen, dass Gefahrgut besondere Vorsicht verlangt und wo der Feuerlöscher steht, aber nicht viel darüber hinaus. Dass bei vielen Gütern bestimmte Verladetemperaturen eingehalten werden müssen, absolutes Rauchverbot eingehalten werden muss und schon Sonneneinstrahlung die Integrität des Guts genauso wie ihre eigene Sicherheit gefährden kann, ist daher bei vielen Missionen unbekannt und unbeachtet. Das Unfallrisiko und damit Verlustrisiko ist drastisch erhöht und ist den mutmaßlichen Zeitgewinn nicht wert. Das Wifi Österreich bietet dafür sogar einen eigenen Kurs an.

Die meisten Spediteure und Transportunternehmen befolgen zumindest die Regeln der richtigen Verpackung von Gefahrgut – übersehen dabei aber, dass auch Spezialcontainer nicht ewig halten können. Chemische Reaktionen mit den Gefahrengütern, Temperatureinwirkungen und auch die Handhabung hinterlassen ihre Spuren – wenn die dann sichtbar werden, ist es schon über der Zeit, in neue Behältnisse zu investieren. Nur weil kein Defekt sichtbar ist, befindet man sich damit noch nicht auf der sicheren Seite des Regelbuches. Und sollte einmal eine Flüssigkeit austreten, sind die Strafen besonders empfindlich. Ein Tropfen Diesel macht bereits einen Liter Trinkwasser untrinkbar.

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