Umfrage : Stapler: Wie autonom darf es sein?
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Wie sehen Sie die Entwicklung autonomer Flurförderzeuge? Sind die Erwartungen überzogen, oder erleben wir hier eine nachhaltige Revolution?
Josef Dax, Verantwortlicher Automatisierung, Toyota MH Austria: Automatisierung boomt, und der Bedarf am Markt ist enorm – von diesem Trend profitiert die Intralogistik sehr stark. Hersteller von automatisierten Flurförderzeugen investieren sehr viel Geld in den Bereich Research & Development, damit die Geräte intelligenter und effizienter werden.
Heutzutage ist der innerbetriebliche manuelle Transportfluss von A nach B nicht mehr wirtschaftlich, und für Transportaufgaben, die 24/7 durchgeführt werden müssen wie im Online-Handel, herrscht Personalmangel.
Die logische Konsequenz ist daher die Automatisierung. Das Ziel hierbei ist, nicht nur produktiver sondern auch flexibler im Bereich des Personaleinsatzes zu werden. Durch die Standardisierung und Automatisierung interner Transporte kann Personal für wertschöpfendere Tätigkeiten im Betrieb eingesetzt werden. Und das ist auf jeden Fall effizient und wirtschaftlich.
Bei der Automatisierung handelt es sich eindeutig um eine nachhaltige Revolution. Automatisierte Geräte sind einfacher und flexibler anpassbar an zukünftige Veränderungen als eine fix installierte Fördertechnik.
Welche Vorteile bieten autonome Flurförderzeuge? Wo sind die Grenzen? Und gibt es Nachteile?
Josef Dax: Anders als mit einer fixen Fördertechnik bin ich durch autonome Flurförderzeuge flexibler in puncto Anpassung an innerbetriebliche Veränderungen – sowohl Volumen- als auch Prozessbezogen.
Weitere wesentliche Faktoren sind, dass autonome Fahrzeuge rund um die Uhr eingesetzt werden können, ohne an zusätzliche Kosten denken zu müssen. Schäden an Ware und Unfallrisiken können nahezu ausgeschlossen werden. Somit fallen weniger Reparaturen an, und auch die Kosten für Versicherungsschäden fallen weg.
Kunden erwarten, dass autonome Flurförderzeuge genauso auf externe Einflüsse reagieren können wie der Mensch. Die Erwartungshaltung ist natürlich sehr hoch, und es gibt noch Grenzen. Automatisierung folgt derzeit einem abgebildeten, standardisierten Prozess. Durch die Entwicklung verbesserter Sensorik und künstlicher Intelligenz werden wir bald die Erwartungshaltung zu 100 Prozent erfüllen können. Hierbei profitiert die Intralogistik auch sehr stark von der Entwicklung in der Automobilbranche; Stichwort: autonomes Fahren.
Wie sehr ist Ihr Unternehmen bei diesem Thema engagiert?
Josef Dax: Wir sind sehr stolz darauf, dass Toyota Material Handling in Österreich im Bereich der Automatisierung das größte Kompetenzzentrum aufgebaut hat – dies nicht zuletzt, weil die Nachfrage nach automatisierten Lösungen in den letzten Jahren enorm gestiegen ist. Unser gesamtes Automation-Team, wie beispielsweise unsere Spezialisten rund um Software und Anwendungstechnik, können somit sehr rasch und flexibel auf Veränderungen beim Kunden reagieren. In dieser Funktion betreuen wir alle Projekte in den Ländern Österreich, Tschechien, Slowakei und Ungarn.
Die gesamte Strategie von Toyota MH geht in Richtung Konnektivität und Automatisierung, denn diese beiden Lean-Ansätze sind der Schlüssel für eine Verbesserung der Gesamteffizienz der Logistikabläufe unserer Kunden. Wir setzen auf eine schlanke Logistik, streben danach, Muda (Verschwendung) zu vermeiden, wertschöpfenden Arbeiten nachzugehen und Prozesse zu optimieren. Im Rahmen dieser Vision investieren wir in Automatisierung und künstliche Intelligenz, damit Fahrzeuge direkt miteinander kommunizieren und den optimalen Weg und die optimale Nutzung der Ressourcen ermitteln können.
Mit unserem Kooperationspartner Microsoft wollen wir den digitalen Wandel in der Logistik beschleunigen. So konzentriert sich unsere Zusammenarbeit hauptsächlich auf die Technologieentwicklung, die Programmierung von Software und das Eruieren neuer Möglichkeiten im Bereich der künstlichen Intelligenz.
Toyota MH und Vanderlande, eine 100-prozentige Tochter der Toyota Industries Corporation, arbeiten eng zusammen, wenn es darum geht, in der sich schnell verändernden Welt, in der E-Commerce und Automatisierung boomen, kontinuierliche innovative Logistikprozesse zu entwickeln.
Bei Flughäfen etwa wachsen die Passagierzahlen stetig, und dadurch werden die Erwartungen der Fluggäste immer anspruchsvoller. Das bedeutet, dass sich die Flughäfen schnell anpassen müssen, während ein reibungsloser Betrieb auf engstem Raum gewährleistet sein muss. Vor diesem Hintergrund arbeiten wir an einer flexiblen Gepäckförderlösung, die sich an die sich ändernden Anforderungen eines Flughafens anpasst. So werden unter anderem Geräte entwickelt, die nicht nur Paletten transportieren können, sondern ihren Fokus auf den Stückguttransport legen.
Wie sehen Sie die Entwicklung autonomer Flurförderzeuge? Sind die Erwartungen überzogen, oder erleben wir hier eine nachhaltige Revolution?
Sven Kaulbach, Geschäftsführer Linde Material Handling Austria: Das Interesse an Automatisierung mittels Flurförderzeugen in Lager und Produktionshallen ist groß und wächst weiter. Gleichzeitig hat sich technisch sehr viel getan. Die robotics-Geräte von Linde Material Handling navigieren frei im Raum, sind innerhalb weniger Tage installiert und erlauben eine flexible Änderung der Routen. Sie reagieren in Echtzeit auf Hindernisse, können mit anderen intelligenten Maschinen oder Einrichtungsgegenständen kommunizieren und lassen sich zu mehrstufigen autonomen Prozessketten ausbauen. Dadurch machen sie den Warenumschlag effizienter und wirtschaftlicher. Das gilt insbesondere bei Transportprozessen, die sich routinemäßig wiederholen, über längere Wege führen und im Mehrschichtbetrieb laufen.
Innerhalb der nächsten fünf Jahre könnte der Anteil automatisierter Flurförderzeuge an der Gesamtzahl verkaufter Flurförderzeuge auf 20 Prozent steigen. Dafür sprechen weitere technische Fortschritte bei Prozessoren sowie Sensor- und Navigationstechnologien. Gleichzeitig suchen immer mehr Betriebe aufgrund fehlender Arbeitskräfte und wachsendem Kostendruck nach alternativen Lösungen, wodurch die Nachfrage steigt.
Welche Vorteile bieten autonome Flurförderzeuge? Wo sind die Grenzen? Und gibt es Nachteile?
Sven Kaulbach: Automatisierte Flurförderzeuge sorgen für standardisierte, transparente, fehlerfreie und sichere Prozesse. Transportschäden werden vermieden, die Verfügbarkeit der Geräte steigt, denn sie brauchen keine Pause und arbeiten – wenn nötig – rund um die Uhr. Speziell für die Robotik-Geräte von Linde Material Handling spricht außerdem die schnelle und einfache Installation, die nur weniger Tage dauert, und die Möglichkeit, die Flotte schrittweise bei überschaubaren Investitionen auszubauen und dabei jederzeit flexibel zu bleiben.
Dank Geo-Navigation genügt den automatisierten Linde-Fahrzeugen die in Lager- und Produktionshallen vorhandene Infrastruktur wie Mauern, Pfeiler und Regale, um sicher durch den Raum zu steuern. Zusätzlich nutzt die Leitsteuerung für die Navigation eine bei der Installation angelegte digitale Karte des Bewegungsfeldes inklusive der angelegten Fahrwege. Mit wenigen Klicks lässt sich die Streckenführung anpassen oder vom autonomen in den manuellen Modus wechseln. Und auch der gemischte Betrieb mit manuell bedienten Geräten lässt sich sicher abbilden.
Aber natürlich machen automatisierte Lösungen (noch) nicht überall Sinn. Um die richtige Entscheidung zu treffen, müssen die infrage kommenden Materialflussprozesse zunächst strukturiert und möglichst genau beschrieben werden. Dann gilt es, die unterschiedlichen technischen Optionen zu bewerten und anschließend einer Wirtschaftlichkeitsanalyse zu unterziehen. Der konkrete Fall entscheidet, ob voll- beziehungsweise teilautomatische Lösungen sinnvoll sind oder nicht und vielmehr durch andere Maßnahmen, beispielsweise eine Reorganisation der (manuellen) Materialflussprozesse, ein höherer Grenznutzen erzielt werden kann.
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Wie sehr ist Ihr Unternehmen bei diesem Thema engagiert?
Sven Kaulbach: Linde Material Handling hat sein Produktportfolio an automatisierten Geräten in den vergangenen Jahren deutlich ausgebaut. Es reicht von autonomen Nieder- und Hochhubwagen, Schubmaststaplern und Schleppern bis hin zu (Schmalgang-) Kommissionierern und umfasst damit alle wichtigen Lager- und Systemtechnikmodelle.
Unsere Kunden können damit nicht nur eine große Bandbreite an Materialflussaufgaben automatisieren (z. B. Streckentransport, Ein- und Auslagern von Waren, Materialandienung an Produktionslinien etc.), sondern auch mehrstufige autonome Prozessketten bilden. Über WLAN-Router kommunizieren die automatisierten Geräte außerdem mit Rolltoren, Förderbändern oder Paletten-Stretchern und empfangen Aufträge aus den betrieblichen ERP- oder Warehouse-Management-Systemen (WMS). In einer weiteren Ausbaustufe steht die Schwarmintelligenz.
Zum Einsatz kommen die Linde robotics-Geräte vorwiegend in der Automobil- und deren Zulieferindustrie, dem Maschinenbau, der Chemie- und Pharmaindustrie sowie der Lebensmittelbranche. Auch Kontraktlogistikdienstleister gehören bereits dazu. Die Zahl der eingesetzten Geräte pro Betrieb reicht von einigen wenigen bis hin zu Flotten mit 20 bis 30 Fahrzeugen.
Wie sehen Sie die Entwicklung autonomer Flurförderzeuge? Sind die Erwartungen überzogen, oder erleben wir hier eine nachhaltige Revolution?
Timo Antony, Area Business Director Central Europe, Hyster: Die Industrie 4.0 wird die gesamten Logistikprozesse revolutionieren. Wesentlichen Anteil daran haben innovative Robotertechnik-Lösungen, die sich ohne großen Aufwand an die jeweilige Infrastruktur anpassen lassen. Wir rüsten unsere Standardstapler individuell mit der Robotertechnik aus. Dabei kann ein einzelner „Robotik-Stapler“ oder eine ganze Flotte eingesetzt werden. Zudem vereinfacht der Einsatz von Hyster-Staplern aus der Serienfertigung die Wartung, Fehlersuche und Diagnose der Flurförderzeuge.
Derzeit bietet Hyster mehrere Flurförderzeuge an, die mit der innovativen Robotertechnik arbeiten. Dazu zählen die Produktreihe der Gabelhochhubwagen mit Gegengewicht S1.0C, S1.2C und S1.5C und die Niederhubkommissionierer wie der LO2.5. Darüber hinaus lassen sich mehrere Schlepper, die mit Routenzügen zur Beschickung von Fertigungslinien eingesetzt werden, mit den Robotik-Lösungen ausstatten.
Welche Vorteile bieten autonome Flurförderzeuge? Wo sind die Grenzen? Und gibt es Nachteile?
Timo Antony: Unsere Robotik-Lösungen basieren auf Staplern aus der Serienproduktion. Die Flurförderzeuge lassen sich nach wie vor auch manuell bedienen. Das hat den großen Vorteil, dass der Fahrer die Maschinen bei Bedarf auch per Hand steuern kann. Die Robotertechnik lässt sich jederzeit ausschalten.
Der Stapler kann deshalb spontan auch für andere Aufgaben eingesetzt werden. Dadurch unterscheiden sich die Robotik-Lösungen für Hyster-Stapler deutlich von „Fahrerlosen Transportsystemen“ (FTS). Denn die ursprünglich für den Transport von Kleinteilen eingesetzten FTS folgen automatisch ihren festgelegten Routen und lassen sich nicht manuell bedienen.
Zudem sind einige FTS in der Navigation eingeschränkt und können Hindernissen nicht immer ausweichen. Die mit der Balyo Geo-Navigationstechnologie ausgestatteten Hyster-Stapler nehmen bei Bedarf einfach eine andere Route. Wenn ein mit dem Geoguidance-System ausgerüsteter Stapler auf Hindernis trifft, ermittelt die Software in den meisten Fällen eine alternative Strecke, und der Roboter kann seine Fahrt automatisch fortsetzen.
Dieses auf der so genannten LIDAR-Technologie basierende System bestimmt die Position des Staplers, indem es sich an festen Punkten orientiert, beispielsweise an Wänden, Regalen oder der Gebäudestruktur. Reflektoren oder sonstige physische Navigationshilfen sind nicht nötig.
Wie sehr ist Ihr Unternehmen bei diesem Thema engagiert?
Timo Antony: Was unsere Lösung von anderen unterscheidet, ist ihr Ansatz. Anstelle eines festen Technologiepakets erarbeitet Hyster gemeinsam mit dem Kunden individuelle Lösungen.
Grundsätzlich ist es die größte Herausforderung bei der Robotertechnik, die verschiedenen Lösungen in bestehende Lagerlogistiksysteme zu integrieren. Bei einer Neuplanung von automatisierten Systemen geht es vor allem darum, die Platzverhältnisse optimal auszuschöpfen.
Die Kosten richten sich nach dem Staplertyp und den spezifischen Anforderungen. Grundsätzlich sollten Unternehmen mit dem Vier- bis Fünffachen eines manuell gesteuerten Staplers rechnen. Hinzu kommen noch die Installationskosten. In den meisten Fällen dürfte sich ein automatisiertes System, unabhängig von der Größe, in zwei bis drei Jahren amortisieren. Wir empfehlen allen unseren Kunden, vor der Umsetzung die potenzielle Rendite genau zu prüfen.