Infrastruktur : Was bringen die Transeuropäischen Netze schon?
Was beständig passiert, wird oft gar nicht mehr bemerkt – oder eben nur regional und tranchenweise. Wie der Ausbau der Transeuropäischen Netze – es gibt immer etwas zu tun und es wird auch immer noch getan. Das riesige Infrastrukturprojekt hat schließlich keine bestimmte vorgegebene Kilometerlänge und es gibt auch kein letztes Streckenstück. Die TEN, kurz für Transeuropäische Netze, im Englischen Trans-European Networks, betreffen nicht nur den Straßenausbau oder die Verbindung der Straßennetze zwischen den EU-Ländern. Hier geht es um sehr viel mehr – die Verkehrssysteme sollen so weit als möglich vereinheitlicht werden, um beispielsweise den Transport schneller und unkomplizierter zu gestalten. Die Infrastruktur von Energie und Telekommunikation werden verbessert. Und das Satellitennavigationssystem Galileo wird entwickelt – ebenso ein wichtiger Punkt für Verkehr und damit den Transport und die Logistik. Der Verkehr beschränkt sich auch bei weitem nicht nur auf die Straße – bei den TEN geht es auch um die Vernetzung von Bahnstrecken, Häfen, Flughäfen, Wasserstraßen für die Binnenschifffahrt und Terminals für den Gütertransport.
Finanziert wird alles gemeinsam. Bis 2020 hat die EU-Kommission Kosten von rund 600 Milliarden Euro berechnet. Während die Mitgliedsstaaten der EU den Hauptteil der jeweiligen Finanzierungen übernehmen, steuert die Union etwa durch Strukturfonds und Kohäsionsfonds, sowie die Europäische Investitionsbank und der Europäische Investitionsfonds bei. Für den Zeitraum 2014 bis 2020 wurden auf dem EU-Gipfel 2013 für die Projekte in Verkehr und Infrastruktur 29,299 Milliarden Euro beschlossen, davon 23,174 Milliarden allein für den Verkehr.
Gegenstimmen und Kritik an den Transeuropäischen Netzen sind schwer auszumachen, wenn es sie denn überhaupt gibt. Stück für Stück bedeutet jeder Ausbau Baustellen – und diese führen zu Einschränkungen und Kritik wie jede andere Baustelle auch. Erst diesen September wurde nach fünf Jahren Bauzeit die deutsche Autobahn A 12 wieder ganz für den Verkehr freigegeben. Drei Teilabschnitte wurden auf einer Länge von 16 Kilometern saniert – die Autobahn gehört zum Ost-West Korridor und ist ein wichtiger Teil der Transeuropäischen Netze. Von den 70 Millionen Euro Baukosten stellte die Union 2,6 Millionen auf. Der tägliche Pendler wird das große Ganze wohl oft nicht gespürt und sich daran erfreut haben – er wird sich eher die Öffnung der dritten Fahrspur gewünscht haben.
Doch es hat alles seinen Sinn, findet zum Beispiel Federica Mogherini, wenn sie sagt: „Die Europäische Union ist die am dichtesten vernetzte Region der Welt.“ Die ehemalige italienische Außenministerin, derzeitige Vize-Präsidentin der EU-Kommission und außerdem seit 2014 Hohe Vertreterin der EU für Außen- und Sicherheitspolitik, ist nicht nur eine flammende Befürworterin der TEN für die EU selbst – sie sieht in der Ausdehnung des Verkehrsnetzes in Richtung Asien einen wichtigen Zugang, die Konnektivität auf andere Regionen auszuweiten und davon zu profitieren – auf die gleiche Weise, wie auch schon EU-Bürger, Unternehmen und Investoren von den innereuropäischen, sich ständig erweiternden Verbindungen profitieren. „Nicht alle globalen Mächte verfolgen den gleichen Ansatz wie wir. Einige haben auf kurzfristige Lösungen, sofort verfügbare Finanzierungen und einen schnellen Ausbau gesetzt“, so Mogherini. Die Folgen davon seien aber oftmals Verschuldung im Übermaß, Korruption bei den Beschaffungsverfahren und eine schnelle Lösung auf Kosten der Umwelt und Sozialstandards.
Das soll bei Transeuropäischen Netzen eben ganz anders laufen. Und so ist die Fertigstellung, so wie sie derzeit geplant ist, noch ein ganzes Stück weit weg – 2030 soll das Kernnetz, das prioritäre Verkehrsnetz, fertig sein. Es besteht aus neun Kernnetzkorridoren, Österreich ist Teil der Korridore Ostsee – Adria, Orient – Östliches Mittelmeer, Skandinavien – Mittelmeer und Rhein – Donau. Das Gesamtnetz soll nach derzeitigem Stand erst 2050 fertiggestellt sein.