Gastartikel : Wettbewerbsvorteile einer effizienten Cross-Border-Logistik
In Europa generierte der grenzüberschreitende Onlinehandel 171 Milliarden Euro Umsatz. Das entspricht einem Wachstum von 17 Prozentpunkten gegenüber 2021. Prognosen gehen davon aus, dass sich das Einkaufsverhalten nachhaltig zugunsten des Onlineshoppings verlagern wird. Laut der Studie Digital Markets Outlook 2022 von Statista könnte sich der E-Commerce-Umsatz in Europa in den nächsten drei Jahren auf 1,16 Billionen US-Dollar im Vergleich zu 2020 verdoppeln, das entspräche 1.08 Billionen Euro und damit einer Wachstumsrate von 14 Prozent pro Jahr. Laut der Prognose werden 19 Prozent des Gesamtumsatzes auf Deutschland entfallen, gefolgt von Großbritannien mit 18 Prozent und Frankreich mit 12 Prozent.
Für österreichische Händler bietet der Markt beste Chancen, in den Onlinehandel einzusteigen und damit neue Märkte zu erschließen – auch im europäischen Ausland. Der E-Commerce-Hub-Index des Zahlungsdienstleisters Unzer weist Österreich Platz 3 in der Rangfolge der Länder mit den besten Bedingungen für den Start eines Onlineshops zu. Wer von der Nachfrage ausländischer Marktplätze profitieren möchte, muss sich umfassende Kenntnisse der besonderen Bedingungen und Kundenwünsche verschaffen und seine logistischen Prozesse entsprechend gestalten. Anbieter sollten sich dabei nicht vom Sendungspreis abschrecken lassen – selbst eine geringere Anzahl an Kundenkontakten wird sich bei entsprechender Produkttiefe auf lange Sicht lohnen und bietet auch mittleren sowie kleineren Einzelhändlern die Gelegenheit, mit grenzüberschreitendem Handel ein Umsatzplus zu erwirtschaften.
Spezifische Anforderungen an den Cross-Border-Handel
Grenzüberschreitende Paketsendungen waren lange Zeit eher die Seltenheit. Dank fortschreitender Digitalisierung und steigender Onlineangebote verstärkt sich jedoch nicht nur die Bereitschaft zum Kauf über das Internet, sondern auch die Aufgeschlossenheit für den Konsum in anderen Ländern.
Der europäische Markt und speziell die EU senken durch geografische Nähe, vereinheitlichte Regelungen und die größtenteils identische Währung die Hürden für den Einkauf jenseits der Landesgrenzen. Um Kund*innen im Ausland ein attraktives Angebot machen zu können, ist zunächst ein auf die dortige Nachfrage ausgerichtetes Produktportfolio entscheidend. Zudem pflegen ausländische Kund*innen oft besondere Präferenzen bei Art und Abwicklung des Einkaufs.
Es gilt, die Servicegewohnheiten zu verstehen und möglichst genau zu bedienen. Welche Zustell- und Zahlungsoptionen werden bevorzugt? Gibt es eine Affinität zu Hinterlegungsmöglichkeiten? Sind Zusatzoptionen wie Nachnahme gewünscht? Eine schnelle und zeitpunktorientierte Auslieferung der Waren an den Kunden ist dabei eines der wichtigsten Erfolgskriterien. Oft sind Auslandsmärkte in den Laufzeiten anspruchsvoll. Um eine sequenzgenaue Aus- und Anlieferung zu gewähren, ist ein hoher Servicegrad und eine gute Prozessoptimierung entlang der Lieferkette von der Intralogistik bis zur letzten Meile notwendig.
Eine Sendungserzeugung anhand von nach Zielland gestaffelten Cut-Off-Zeiten – im übertragenen Sinne der Annahmeschluss – kann dabei zu herausragenden Ergebnissen führen. Dabei wird exakt der Zeitpunkt bestimmt, zu dem die Bestelldaten spätestens dem Logistiker übermittelt werden müssen, damit dieser die Lieferzeit an den Bestimmungsort noch einhalten kann.
Deutschland als bedeutender Marktplatz
Als europäisches Handelsziel ist Deutschland besonders attraktiv. Im Jahr 2021 belief sich der Umsatz im B2C-E-Commerce im Nachbarland auf 86,7 Milliarden Euro – ein Anstieg von 19 Prozent im Vergleich zum Vorjahr.
Die Studie Digital Markets Outlook 2022 prognostiziert, dass Deutschland im Jahr 2025 die Führungsposition auf dem europäischen E-Commerce-Markt einnehmen wird. Für Österreich als benachbarter Marktplatz ist Deutschland aufgrund der sprachlichen und kulturellen Nähe zusätzlich erfolgsversprechend.
Österreichische Unternehmen treffen hier beim grenzüberschreitenden Handel in teils auf vereinfachte Bedingungen: Der Paketmarkt in Deutschland ist deutlich größer und stärker vom Distanzhandel durchdrungen. Viele Hürden, die Händler aus Österreich kennen – wie weniger ausgebaute Infrastrukturen bei der Eingangsverarbeitung – existieren in Deutschland nicht.
Der Markt bietet sehr hohe Kapazitäten auf modernstem Stand. Auf Schwierigkeiten treffen Händler eher in der letzten Meile. So kommt es aufgrund des extremen Booms im Paketsektor gelegentlich zu Störungen bei der Zustellung. Eine hohe Adressqualität ist entscheidend, um Sendungen überbringen zu können. Dazu kommen weit verbreitete Präferenzen wie die Nachbarschaftsabgabe oder Zusatzservices wie ein Ident Check, welche man in Österreich weniger kennt.
Besondere Herausforderung: eine hohe Retourenquote
Ein bedeutender Faktor ist das Thema Retouren. Beinahe zwei Drittel der deutschen Shopper*innen schicken Artikel zurück, wenn sie nicht zufrieden sind. Der europäische Durchschnitt liegt bei nur 52 Prozent. Ganze 80 Prozent überprüfen die Bedingungen für eine Rücksendung vor der Bestellung oder machen sie gar davon abhängig: ebenfalls rund zwei Drittel der Interessierten brechen einen Kauf ab, wenn sie auf der Seite des Onlinehändlers keine Informationen zum Thema Retouren finden können.
Auch die kostenlose Retoure ist für viele ein wichtiger Kaufgrund: 66 Prozent würden nicht bei einem Händler bestellen, der diese Möglichkeit ausschließt. Gerade im Hinblick auf die in Deutschland sehr beliebte Zahlungsart „kauf auf Rechnung“ ist ein schneller Rücktransport der Retouren wichtig. Dauert die Abwicklung zu lange, führt das zu ungewollten Mahnläufen und einem erhöhten Verwaltungsaufwand. Darauf sollten Anbieter beim Handel mit Deutschland eingestellt sein und ihre Services entsprechend ausrichten.
Logistikdienstleistung als Basis für den Markterfolg
Die Erfolgschancen im E-Commerce werden besonders bei komplexen Versandmodellen wie dem Cross-Border-E-Commerce sehr davon bestimmt, wie gut die Serviceleistungen die Wünsche und Bedürfnisse der Endkund*innen erfüllen. Spezialisierte und mit Erfahrung auf das Zielland optimierte Logistikdienstleistungen sind dafür die entscheidende Grundlage.
Logistikdienstleister können Händler individuell bei der Identifikation passender Produkte und Services für das Zielland unterstützen. Ebenfalls von Bedeutung ist die Prozessoptimierung anhand von Datenanalysen, Forecastings und Prozessadaption. Anhand von Analysen und Prognosen können zum Beispiel Laufzeiten optimal gestaltet werden. Um hier immer wieder agile Anpassungen zu ermöglichen, erstellt Hermes für jedes Produkt umfassende Reports.
Wie sehr Serviceleistungen gegenüber den Endkund*innen den Erfolg bestimmen, zeigen unter anderem die „Aktive Alerts“: proaktive Meldungen, die den Kundenservice im Heimatland auf Anfragen aus dem Ausland bestmöglich vorbereiten. Durch ein Echtzeitmonitoring können Versender bei vorhersehbaren Verzögerungen wie zum Beispiel nationalen Feiertagen oder ungeplanten Hindernissen wie Wetterereignissen über die gesamte Strecke des Paketes unverzüglich informiert werden. So ist der Versender bezüglich des Versandstatus stets auf dem aktuellen Stand und kann dies wiederum proaktiv in seine Kommunikation einbinden - ein greifbarer Service, der den Versendern hilft und bei den Kund*innen Vertrauen schafft.
Solche Dienstleistungen sind wichtige Grundlagen für gute NPS Werte, die besagen, mit welcher Wahrscheinlichkeit Käufer*innen einen Anbieter weiterempfehlen würden. Die Zufriedenheit der Kund*innen, ihre Empfehlungen und Wiederkehr sind letztendlich die entscheidenden Kriterien für den Markterfolg.