Case Study : Wie Jungheinrich die NÖM flexibel hält
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Die logistische Leistung ist gewaltig. 350.000 Tonnen Milchprodukte werden pro Jahr von hier nach ganz Europa ausgeliefert. Das Lager der NÖM AG in Baden bei Wien umfasst rund 7.000 Palettenstellplätze. „Unser Lager ist im Grunde alle drei Tage ein neues“, sagt Andreas Hofbauer, der Geschäftsführer der NÖM-Tochter Frischlogistik GmbH, „die Drehung ist extrem hoch.“ Um die 2.200 Paletten verlassen den Standort täglich in Richtung der Handelskunden. Gearbeitet wird 24/7, und das an 364 Tagen im Jahr. Sowohl die schnelle Drehung als auch der hohe Füllgrad stehen einer weitgehenden Automatisierung entgegen – das Handling erfolgt daher konventionell: Über hundert Flurförderzeuge sind am Standort Baden unterwegs.
Als eine Erneuerung der Flotte anstand, hatte Jungheinrich als langjähriger Partner der NÖM vielleicht einen gewissen Startvorteil, räumt Andreas Hofbauer ein. Ein Selbstläufer war es aber nicht. „Es gibt auf dem Markt heute keine schlechten Geräte mehr“, sagt Christoph Wacker, der projektverantwortliche Einkäufer der NÖM, „und jeder Dienstleister agiert heute serviceorientiert. Daher haben wir im Rahmen der Ausschreibung sehr genau evaluiert, was am besten zu uns passt.“
Die Entscheidung, erzählt er, war schlussendlich weder eine rein technische noch eine rein kaufmännische, sondern fiel nach Bewertung des Gesamtpakets. Und nach eingehender Bedarfserhebung: Die beiden NÖM-Verantwortlichen tingelten durch sämtliche Abteilungen, um zu hören: Wie sehen es die User? Brauchen sie mehr Fahrzeuge? Vielleicht weniger? Und vor allem auch: welche? Am Ende stand eine Vereinbarung über ein Mietmodell, und rund 80 Prozent der Flotte wurden ersetzt.
Ein Kauf der Flotte war von Beginn an keine Option, erzählt Andreas Hofbauer. Vor allem die räumliche Situation verhindere stabile Verhältnisse, daher der Wunsch nach einem Modell, das dynamisches Mitatmen ermöglicht. „Wir sind außerdem keine Händler, die gebrauchte Stapler verkaufen wollen“, sagt Hofbauer. Dass für ein Unternehmen wie die NÖM die Logistik ein zentraler Faktor ist, sei ja unbestritten, „aber wir wollen uns hier in erster Linie um die Milch kümmern und nicht um die Stapler.“ Ein Stichwort, das Christian Bjerregaard gefällt. Der Leiter Kundendienst bei Jungheinrich formuliert es ähnlich: „Unsere Kunden sollen sich um ihr Kerngeschäft kümmern. Die Arbeit rund um den Stapler nehmen wir ihnen ab. Jeder hat seinen Professionalismus.“
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Daten steigern die Achtsamkeit
Im Zentrum der Lösung, die der NÖM die gewünschte Flexibilität verschafft, steht ISM Online: Das „Informationssystem für das Staplermanagement“ ist ein ganzheitliches Flottenmanagement, das dem Kunden dank Sensorik das verschafft, was Flexibilität erst möglich macht: Daten. Daten über die Einsatzzeiten, über den Zustand der Fahrzeuge, die Wege, die sie zurücklegen und über ihre Auslastung. Die Kunden erhalten einen Online-Zugang, der ihnen die permanente Auswertung der Daten ermöglicht.
Bei dem gemeinsamen Projekt ging es nie um eine grundsätzliche Veränderung der logistischen Abläufe, sagt Andreas Hofbauer, aber durchaus um eine eingehende Analyse, wie die Einsätze der Geräte zustande kommen. Die Evaluation der Einsatzzeiten etwa wird zeigen, wo Geräte zu schwach ausgelastet sind und möglicherweise die Effizienz gehoben werden kann.
Ein wichtiger Aspekt von ISM Online ist die Zugangskontrolle: „Das bedeutet, dass nicht jeder Staplerfahrer auch jeden Stapler in Betrieb nehmen kann“, erklärt Christian Bjerregaard. Die NÖM kann also Berechtigungen vergeben, die dafür sorgen, dass nur bestimmte Gruppen bestimmte Fahrzeuge in Betrieb nehmen können. Und sie weiß zu jeder Zeit, wer mit welchem Fahrzeug unterwegs ist oder war. „Uns geht es nicht darum, die Mitarbeiter zu überwachen oder zu sanktionieren“, betont Andreas Hofbauer, „aber das System ist wirklich tauglich, um die Achtsamkeit gegenüber den Assets zu erhöhen.“ Zudem geht es um einen weiteren Aspekt: ISM Online werde der NÖM dabei helfen, noch sicherere Arbeitsplätze zur Verfügung zu stellen.
Gemeinsames Lernen
Das betrifft natürlich in erster Linie Schäden. „Schäden passieren eigentlich ständig“, sagt Andreas Hofbauer, „sowohl an den Geräten als auch an der Infrastruktur. Wenn die Lackspuren dann gelb sind, kann man sich denken, was passiert ist. Wissen kann man es leider nicht.“ Die Schäden, betont er, seien keineswegs immer menschlichem Verschulden anzulasten. Wenn die Auswertung der Daten etwa ergibt, dass sie immer wieder an der gleichen Stelle auftreten, müsse man über eine Veränderung der Abläufe oder der Infrastruktur selbst nachdenken. Manchmal liegt es auch an der Bodenbeschaffenheit: „Wir bekommen von Jungheinrich anhand der Datenauswertung Tipps, wo die Achsen brechen. Dort reagieren wir darauf und versuchen etwa, Stufen, die sich gebildet haben, zu beseitigen.“
ISM Online ermöglicht auch Schockauswertungen: Das System erkennt, wenn das Fahrzeug einem Schock ausgesetzt wird. Überschreitet der eine individuell einstellbare Grenze, sperrt das System das betroffene Fahrzeug. „Dann kann es erst ein Vorgesetzter wieder freigeben“, sagt Christian Bjerregaard, „und auch das steigert natürlich das Bewusstsein bei den Fahrern und senkt die Kosten.“
Wie weit das System helfen wird, die Effizienz zu steigern, ist aufgrund der erst jüngst erfolgten Implementierung noch nicht bezifferbar. „Wir wissen von anderen Kunden, dass sich die Gewaltschäden drastisch reduzieren“, sagt Christian Bjerregaard, „sowohl am Fahrzeug als auch an der Infrastruktur.“ Wie bei jedem Kunden, werde man erst im Laufe der Zeit gemeinsam lernen, aus den Daten die richtigen Schlüsse zu ziehen.
Neuland Lithium-Ionen
Erhöhung der Effizienz steht auch im Mittelpunkt der zweiten Novität, die Jungheinrich bei der NÖM installiert hat. Erstmals sind in Baden Stapler mit Lithium-Ionen-Batterien im Einsatz. Und zwar sowohl in der Produktion als auch im Außenbereich. „Das Thema ist neu für uns“, sagt Christoph Wacker, „und es war nicht zuletzt recht spannend, hier die behördlichen Informationen einzuholen. Da die Technologie noch relativ neu am Markt ist, mussten wir wissen, ob es Einschränkungen gibt – hinsichtlich Hygiene, vor allem aber hinsichtlich des Brandschutzes. Diese Schleife haben wir noch gezogen, aber es gab zum Glück keinen Show-stopper.“
Jungheinrich installierte zudem ein Batteriemanagementsystem, das dem Verwender des Gerätes mit Hilfe eines simplen und intuitiven Licht-Symbols die jeweils richtige Batterie zuweist. Auch die Li-Ionen-Stapler dienen in erster Linie der Effizienz im Energieverbrauch, sagt Christian Bjerregaard. „Aus den verschiedensten Punkten unseres gemeinsamen Projekts summiert sich also ein Saving. Das kann man aber erst nach einer gewissen Periode beziffern, dafür ist es noch zu früh.“
Dass das Projekt nicht abgeschlossen ist, liegt auf der Hand. Genau genommen, sagt Christian Bjerregaard, fängt es jetzt erst richtig an. Das gemeinsame Optimieren und das gemeinsame Lernen, wie man gewonnene Daten interpretiert, bleiben ein Work in Progress. Mit einem Ziel, das neben Effizienzsteigerung vor allem heißt: Die NÖM will sich um die Milch kümmern, nicht um das Werkzeug, mit dem man sie transportiert.
Auftraggeber
Die NÖM AG (Baden) ist einer der größten Molkereibetriebe Österreichs. Das Unternehmen mit 120-jähriger Geschichte erwirtschaftete 2017 einen Umsatz von 351 Millionen Euro und hat eine Exportquote von 45 Prozent. Rund 3.000 Milchbauern aus Niederösterreich, dem Burgenland und der östlichen Steiermark liefern in Summe etwa 380 Millionen Kilogramm Rohmilch an die NÖM.
Auftragnehmer
Die Jungheinrich AG (Hamburg) produziert Flurförderzeuge und FTS sowie verschiedenste Arten von Regalsystemen und Lagereinrichtung. Neben einer breiten Palette an Dienstleistungen bietet Jungheinrich zudem Gesamtlösungen für die Intralogistik: Analyse, Planung und Realisierung im Sinne eines Generalunternehmers, komplette Lagersysteme, Prozessoptimierung sowie Lagerverwaltung und -automation.