Für wie gut halten Sie Ihre Chancen?
Klacska: Mit dem österreichischen Vorsitz im Rat gibt es ein Zeitfenster, das wir wirklich nützen sollten. Ich denke, Österreich hat nun die Chance, eine gewisse Vermittlerrolle einzunehmen. Zwischen Ost- und Westeuropa ebenso wie zwischen Nord und Süd. Vor uns hatte Bulgarien den Vorsitz, und nach uns folgt Rumänien. Dass diese Länder bei Themen wie Kabotage oder Entsenderichtlinie andere Positionen haben, ist bekannt. Natürlich sind auch Themen wie das digitale Kontrollgerät oder die Lenk- und Ruhezeiten sehr wichtig, aber diese beiden sind wirklich dringlich.
Kann es sein, dass solche Themen angesichts der Migrations- und Grenzschutz-Diskussion unter die Räder kommen?
Klacska: Die Befürchtung ist leider nicht ganz von der Hand zu weisen.
Apropos Grenzen: Die aktuelle Entwicklung ist für den europäischen Güterverkehr wohl auch nicht folgenlos?
Klacska: Das ist tatsächlich ein großes Problem, das interessanterweise kaum thematisiert wird. Wenn an den Grenzen kontrolliert und zurückgewiesen wird, bedeutet das de facto lückenlose Grenzkotrollen. Und wenn Deutschland das einführt, wird es natürlich an Österreichs Grenzen auch passieren. Für uns würde das bedeuten, dass Schengen in diesen Bereichen de facto außer Kraft gesetzt wird. Finanziell hätte dies gravierende Auswirkungen: Wir haben auf Basis der Stehzeiten und der Kosten für Lkw und Fahrer errechnet, dass lückenlose Kontrollen an den Grenzen pro Stunde rund 3,2 Millionen Euro kosten. Pro Stunde! Und das ist noch konservativ gerechnet.
Was schlagen Sie vor?
Klacska: In erster Linie ist wichtig, dass man sich in Österreich auf dieses Szenario vorbereitet. Wenn es tatsächlich dazu kommt, dann muss man zu einem Modus kommen, die Grenzinfrastruktur wieder zu benutzen. In Nickelsdorf oder Walserberg sehen wir schon heute das Problem, dass erst nach den Grenzen kontrolliert wird, mitten auf der Autobahn.
Es bedarf also bilateraler Übereinkommen mit den Nachbarländern, dass die Grenzinfrastruktur, die ja im Niemandsland liegt, wieder bespielt wird und dort die Kontrollen stattfinden. Also an einem Platz, an dem der Verkehr aufgefächert werden kann. Diese Plätze gibt es nicht in Deutschland oder in Österreich, die gibt es nur an den Grenzen. Das stellt Schengen überhaupt nicht infrage – aber wir brauchen ergänzend dazu bilaterale Abkommen. Die würden auch beinhalten, ausländischen Beamten das Arbeiten auf dem eigenen Staatsgebiet zu gestatten. Ich habe den Eindruck, dass die Frage, wie man Grenzkontrollen organisiert, derzeit ein bisschen untergeht. Vor dem Hintergrund der Diskussion um die Blockabfertigung wird das natürlich eine spannende Diskussion. Aber sie ist zu führen.
Noch viel stärker wird die Wirtschaft übrigens durch die Kontrollen belastet, die auf der Schiene stattfinden. Die Kontrollen in Personenzügen, etwa am Brenner, blockieren massiv den Güterverkehr.
Und damit die gesamteuropäische Wirtschaft?
Klacska: Natürlich. Wir leben seit 2015 mit den Grenzkontrollen, und das hat sich ja auch ein bisschen eingespielt. Wenn man jetzt aber über harte Grenzen nachdenkt, muss man auch den wirtschaftlichen Aspekt mitdenken. Dieses Problem ist in meinen Augen dramatischer als irgendwelche Strafzölle. Wenn wir unseren eigenen europäischen Wirtschaftsverkehr lahmlegen, dann tun wir alles dafür, dass der Rest der Welt über uns lacht.