dispo: Sie betreiben im Logistik-Bereich klassische Personalberatung. Wann werden Sie von den Social Media verdrängt?
Frederik Zitz: Der Schaden ist schon weitgehend angerichtet. Das Geschäft, das wir durch Social Media verloren haben, machen wir schon seit Jahren nicht mehr. Wir sind es aber gewohnt, als letzte Instanz ins Spiel zu kommen.
Josef Steinkellner: Viele Unternehmen schaffen es nicht, über diese Kanäle die passenden Mitarbeiter zu finden und wenden sich erst dann an Profis. Das hat aber Auswirkungen: Einerseits ist dann der Druck schon größer, und andererseits ist die Position im Markt oft verbrannt. Wir wollen ja Menschen ansprechen, die heute noch nicht wissen, dass sie morgen woanders arbeiten wollen. Wenn aber ein Unternehmen schon drei oder vier Personalberater in den Markt geschickt und mehrmals inseriert hat, dann spricht sich das herum und erzeugt Misstrauen. Kandidaten, die von mehreren Seiten auf den gleichen Job angesprochen werden, bekommen den Eindruck, dass das Unternehmen da ein Windhunderennen veranstaltet.
F. Zitz: Wir setzen Social Media zum Teil für die Identifikation von potenziellen Kandidaten ein, aber niemals für die Ansprache. Verstehen Sie mich nicht falsch: Ich habe großen Respekt vor dem, was heute mit Social Media möglich ist. Doch wenn es darum geht, sich über die kulturelle und die emotionale Ebene in einen Kunden oder einen Kandidaten hineinzuversetzen, ist die klassische Personalberatung unverändert ein Mehrwert-Bringer. Das wird so lange der Fall sein, bis Künstliche Intelligenz uns diesen Job abnehmen kann.
Interessant ist ja der juristische Aspekt: Wir dürfen potenzielle Kandidaten während der Arbeitszeit genau einmal für eine kurze Dauer kontaktieren, um grundsätzliches Interesse zu erfragen und ein weiteres Gespräch außerhalb der Arbeitszeit zu vereinbaren. Im Bereich der Social Media ist das natürlich nicht überprüfbar.
Aber Sie arbeiten schon anders als vor 40 Jahren?
Elmar Zitz: Natürlich, wir haben es heute mit einem Kandidaten-Markt zu tun. Damals war es ein Unternehmens-Markt, vieles hat über persönliches Netzwerk, Visitenkarten und Anzeigengeschäft funktioniert. Und wenn ein Personalsuche-Projekt damals vier oder fünf Wochen gedauert hat, war das schon sehr lang. Seit rund 15 Jahren geht es immer mehr in die Direktsuche, ins Headhunting. Der berühmte „Anruf“ also.
Sie müssen heute aggressiver vorgehen?
F. Zitz: Ich würde sagen: offensiver.
Steinkellner: Ich würde sagen: proaktiver. Früher hat man ein Inserat geschaltet und gewartet, dass die Bewerbungen eintrudeln. Jetzt muss man selbst aktiv werden, die Menschen direkt ansprechen. Die Personalabteilungen unserer Kunden gehen ja den gleichen Weg.
F. Zitz: Und man muss ein Nein akzeptieren, wir sind ja keine Drückerkolonne. Der Erstkontakt muss behutsam und feinfühlig erfolgen. Sonst brechen die meisten Menschen den Kontakt sofort wieder ab. Viele betreiben das tatsächlich extrem aggressiv und vor allem ohne Hintergrundwissen, mit wem sie es zu tun haben. Die meiste Arbeit steckt im Beginn, in der Auseinandersetzung mit dem Kunden: Wen sucht der eigentlich wirklich, fachlich wie kulturell? Dazu gehört auch, den Kunden persönlich kennenzulernen, um zu verstehen, wie das Unternehmen überhaupt tickt. Ohne persönlichen Bezug können wir uns mit dem Mandat nicht wohlfühlen.
Kommt es vor, dass Sie überhaupt keinen passenden Kandidaten finden?
F. Zitz: Ich kann mich in einem festen Mandat an keinen Fall erinnern. Manchmal wird der Auftrag zurückgestellt, weil der Kunde über einen anderen Kanal jemanden gefunden hat. Manchmal wird auch die Position selbst gestrichen.
Albert Klamert: Und vor allem bei Speditionen gibt es nicht nur klar definierte, im Organigramm festgelegte Positionen. Man glaubt gar nicht, wie viele Doppelfunktionen es gibt, Verschmelzungen, unklare Profile. Hier kann sich ständig etwas ändern. Das verlangt uns dann eine gewisse Kreativität ab.