Transport : Die spektakulärsten Spezialtransporte der Gegenwart
Logistikunternehmen, die sich von Prognosen über Verkehrsaufkommen und Engpässen im Lager konfrontiert sehen, könnte es helfen, alles in einem größeren Vergleich zu betrachten – zumindest müssen sie nicht Wale fliegen, Flugzeuge über einen Kreisverkehr hieven oder um den Transport des wohl teuersten Spiegels der Welt zittern. Das sind die spektakulärsten Spezialtransporte der Gegenwart.
Ein Kreisverkehr wird einem Airbus zum Verhängnis
Kürzlich reiste ein Airbus A320 von Paldiski in Estland nach Calw in Baden-Württemberg – allerdings nicht durch die Luft, denn das darf er nicht mehr, sondern zu Wasser und Straße. Hintergrund ist das deutsche Kommando Spezialkräfte mit Sitz in Calw, das sich in dem ausrangierten Flugzeug auf Geiselnahmen vorbereiten will. Dafür ist laut Kommando-Pressesprecherin Nadine Henke ein häufig geflogener Flugzeugtyp am besten zum Üben.
Der Transport des Übungsfliegers dauerte insgesamt zwei Wochen, beginnend Ende Dezember – zuerst ging es vom Hafen Paldiski drei Tage lang über die Ostsee nach Lübeck, von dort ging es dann in Einzelteilen weiter. Die Flügel sowie Seiten- und Höhenleitwerk wurden auf vier Scherlastzüge aufgeteilt, der Rumpf reiste per Lkw weiter. Letzterer Teiltransport erregte einiges an Aufsehen, als der Airbus über die Mittelinsel eines Kreisverkehrs gezogen werden musste und dabei der Anhänger wegen Überlastung kaputtging. Das Flugzeug verstopfte somit über drei Stunden den Kreisverkehr. „Aber bei Transporten in dieser Größenordnung kann das immer passieren“, so das zuständige Speditionsunternehmen. Insgesamt wurde eine 1,981 Kilometer lange Strecke zurückgelegt.
Was nach viel Aufwand klingt, scheint es wert zu sein – denn ausrangierte Flugzeuge sind sehr begehrt, schwer zu bekommen und teuer. Dieser Airbus kostete mit 150.000 Euro vergleichsweise wenig – eine neue Maschine liegt bei 87 Millionen Euro. Der Transport kostete dann noch einmal genauso viel. Dafür soll das Flugzeug nun auch mehrere Jahre im Einsatz zu Trainingszwecken sein.
Ein Spiegel, der nie zerbrechen darf
Achtsamer als mit Sattelschlepper musste es vergangenen Montag beim Spezialtransport eines ganz besonders wichtigen Spiegels zugehen. Vom Werksgelände des Spezialglasherstellers Schott in Mainz wurde der Sekundärspiegel M2 abgeholt – ein wichtiger Teil für das 1,1 Milliarden Euro teure Extremely Large Telescope in der Atacama-Wüste in Chile. Der Sekundärspiegel wird das Licht des Hauptspiegels des größten Teleskops für sichtbares Licht aufnehmen, bündeln und an einen dritten Spiegel weitergeben. Das Teleskop soll 2025 fertiggestellt sein.
Der sich nun auf dem Weg nach Frankreich und dann Südamerika befindliche zweite Spiegel aus Glaskeramik ist nur zehn Zentimeter dünn, kommt aber mit seinen 4,25 Metern Durchmesser auf ein Gewicht von drei Tonnen. Er ist damit der weltgrößte Konvexspiegelträger und reist dementsprechend in einer überbreiten Transportbox. Die Verpackung wurde ebenfalls speziell im Hause Schott angefertigt, nach Vorgaben der ESO. Allerdings konnten aufgrund von Geheimhaltungsvereinbarungen keine weiteren Angaben zu den Transportcontainern gemacht werden.
Wie werden eigentlich Wale transportiert?
Nicht verpackt, aber trotzdem sicher transportiert werden sollen demnächst zwei Beluga-Wale von Shanghai nach Island. Das Projekt ist schon seit einigen Jahren geplant und soll nach derzeitigem Stand noch dieses Frühjahr abgewickelt werden. Die Meeressäuger werden bis zu sechs Meter lang und einer Tonne schwer. Für ihre Reise von einem chinesischen Aquarium in ein Meeresschutzgebiet sollen die Tiere erst in einen Rahmen im Ausgangsbecken in Transportboxen gehievt werden. Per Lkw geht es dann zum Flugzeug, einer Boeing 747. Man habe gemeinsam mit den englischen gemeinnützigen Organisaitonen Sea Life Trust und Whale and Dolphin Conservation über einen längeren Zeitraum verschiedene Transportmöglichkeiten untersucht und schließlich mit dem gecharterten Spezialflugzeug eine Entscheidung getroffen. Vor der isländischen Küste werden die beiden Wal-Weibchen Little Grey und Little White dann eine Zeit lang akklimatisiert werden und schließlich in der 32.000 Quadratmeter große Bucht freigelassen.
https://youtu.be/3WCKnBCTVms
Den Transport, der 11.000 Kilometer in 24 Stunden umfassen wird – davon allein 6.000 Kilometer in der Luft –, übernimmt das luxemburgische Frachtunternehmen Cargolux. Der an der Aktion beteiligte Sea Life Trust nennt den Spezialtransport eine „komplexe Herausforderung“, braucht es schließlich spezielle Ausrüstung, die nicht jeden Tag benötigt wird. Wenn einem so eine Aufgabe zugetraut wird, dann aber wohl Cargolux – das Unternehmen transportiert schließlich auch des Öfteren Pferde in eigenen Boxen und Küken in speziellen Paletten.
https://youtu.be/uBgJNmXGZmM