KEP : Dreckschleuder Paket-Zustellung?
Er selbst habe ja gar kein Auto, sei also „noch besser als die Post“, meint Sebastian Kummer. Der Vorstand des Logistik-Instituts der WU Wien darf sich das Bonmot gegenüber Post-Vorstand Peter Umundum erlauben: Immerhin präsentiert er eine Studie, die dem gesamten (städtischen) KEP-Bereich hinsichtlich Footprints und Effizienz eine ziemlich gute Bilanz ausweist.
Die aktuelle Studie der WU Wien geht der Frage nach, welchen Anteil der Zustellverkehr am Gesamtverkehr in der Bundeshauptstadt hat – und damit auch: welchen Anteil am CO2-Ausstoß. Es gebe in der Bevölkerung den Reflex, die Paketzustellung sei das Hauptproblem des City-Verkehrs, sagt Kummer. Seine Daten geben das jedoch nicht her.
0,8 Prozent
Auf der Basis von Informationen der Stadt Wien und der Asfinag sowie von der WU selbst durchgeführten repräsentativen Verkehrszählungen ergibt sich folgendes Bild: Rund 86,5 Prozent des Verkehrs in Wien entstehen durch Pkw. Und bei den Lieferwagen liegt die Paketzustellung keineswegs in Front. Die Bereiche Handwerker und Techniker, öffentliche Busse und Baustellenfahrzeuge verursachen mehr fließenden Verkehr, der KEP-Bereich ist für rund 0,8 Prozent verantwortlich. Ein Wert, den Kummer als „eigentlich spektakulär gering“ empfindet.
Das Ergebnis ist für die KEP-Branche ein zwiespältiges. Zwar zeigt es einerseits, dass ihr Anteil am Verkehr meist komplett überschätzt wird. Andererseits aber auch, dass sie nur vergleichsweise wenige Hebel hat, um die Gesamtverkehrssituation zu verbessern.
Die Studienautoren haben sich auch mit der Frage beschäftigt, in welchem Bereich welche Maßnahmen die beste Wirkung zeigen könnten und haben dafür Pkw, Handwerks-, Baustellen- und KEP-Fahrzeuge verglichen.
- Beispiel Sendungskonsolidierung: Da die Bündelung die absolute Kernkompetenz der KEP-Dienste ist, kann hier laut Studie erwartungsgemäß nicht mehr viel verbessert werden. Ein klares Argument pro E-Commerce, wenngleich die Frage, inwieweit das Anteigen der Online-Bestellungen Individualverkehr bereits substituiert, laut Kummer noch nicht ausreichend untersucht ist.
Wirkung könnten laut der Studie allerdings andere Maßnahmen zeigen, etwa verstärkte Abstimmung mit den Empfängern und innerhalb der jeweiligen Branche sowie die Einrichtung branchenübergreifender Paket- oder Lagerstationen.
- Beispiel alternative Antriebe: Während auch hier die KEP-Dienste absolut führend sind – etwa dank Elektrofahrzeuge oder (E-)Lastenräder – gibt es im Nicht-KEP-Bereich zum Teil massiven Aufholbedarf. Und dementsprechend einen starken Hebel zur CO2-Reduktion.
- Beispiel Parkraummanagement: „Ich glaube, dass ein Großteil des Ärgers der Bevölkerung über KEP vom Parken in der zweiten Spur kommt“, sagt Kummer, der im Parkraummanagement besonders hohes Potenzial für die Verbesserung der Verkehrssituation in Wien sieht. Der Fantasie sind dabei nur weite Grenzen gesetzt. Kummer entwirft etwa das Bild sensorisch überwachter Ladezonen in der Stadt, die ein sich nähernder Lieferant online für ein bestimmtes Zeitfenster reservieren kann. Im besten Fall könnten die Informationen sogar direkt in die automatisierte Routenplanung einfließen.
Klar sei in jedem Fall: Um das hohe Verkehrsaufkommen in Wien zu steuern und die Situation. Wirksam zu entlasten, hätten verkehrspolitische Maßnahmen im Pkw-Bereich aufgrund des hohen Anteils am Gesamtverkehr eine weitaus größere Wirkung als im gewerblichen Bereich.