LNG-Masterplan : Flüssiggas als Treibstoff für Binnenschiffe
Mit einem Budget von insgesamt 80,5 Mio. Euro bis zum Jahr 2015 ist es eines der größten TEN-T-Infrastrukturprojekte Europas: Entlang der Binnenwasserstraßen Rhein, Main und Donau, die Zentraleuropa von der Atlantikküste bis zum Schwarzen Meer durchziehen, soll die Flüssiggasinfrastruktur ausgebaut werden.
Die Hälfte des Gesamtbudgets, rund 40 Mio. Euro, wird von der EU getragen. Im Rahmen des LNG-Masterplans werden zwei unterschiedliche Ziele verfolgt: Einerseits bezweckt man die Diversifizierung der Energieversorgung, was zu den strategischen Prioritäten der EU gehört. Bei Erdgas kann man zwar in Europa auf eine gut ausgebaute Pipeline-Infrastruktur zurückgreifen, gespeist wird diese allerdings zu jeweils einem Drittel aus russischen und norwegischen Gasvorkommen.
Durch die Verflüssigung von Erdgas besteht die Möglichkeit, Versorgung und Lieferbeziehungen von der leitungsgebundenen Infrastruktur zu lösen. Das schafft einerseits mehr Potenzial für Wettbewerb und reduziert bestehende Abhängigkeiten. Für viele außereuropäische Länder ist die Gasversorgung mittels Schiff aufgrund fehlender Leitungsinfrastruktur gang und gebe. ´
So importiert Japan, laut dem österreichischen Mineralölkonzern OMV, seinen gesamten Gasbedarf mittels Tankern, da die umgebenden Gewässer zu tief sind, um Pipelines zu verlegen. „Rund ein Drittel des gesamten Gasmarktes wird global in LNG gehandelt“, sagt Oliver Schauer, Experte für Flüssiggas und Binnenschifffahrtslogistik am Logistikum der FH OÖ am Campus Steyr. Flüssiggas als Treibstoff Die zweite Zielsetzung des LNG-Masterplans betrifft die Reduktion von Emissionen durch den Schiffsverkehr, insbesondere von Schwefel und Schwefeloxyden. Experten gehen davon aus, dass die Schwefelemissionen aus dem Seeverkehr – ungeachtet bereits eingerichteter „Emission-Control-Areas“ im Baltischen Meer, der Nordsee und dem englischen Kanal – bis 2020 die kumulierten Festland-Emissionen der EU übersteigen.
Mit LNG lässt sich laut dem Hafen Amsterdam, wo gerade eine Entlade-, Einbunkerungs- und Betankungsstation für Flüssiggas in Betrieb genommen wurde, der Schadstoffausstoß durch Schiffe entscheidend verringern: minus 25 % bei CO2, minus 80 % bei Stickoxyden und eine nahezu Totalvermeidung von Schwefeloxyden. Weltweit gibt es derzeit aber erst 42 LNG-betriebene Schiffe, die meisten davon im gasreichen Norwegen. Drei Flussschiffe mit Gasantrieb verkehren inzwischen auch im europäischen Binnenverkehr. Verflüssigung bei –162 Grad Celsius Zur Verflüssigung wird das Gas mit Wärmetauschern auf eine Temperatur von –162 Grad Celsius heruntergekühlt. Dadurch wird eine Volumenreduktion um das 600-fache gegenüber dem gasförmigen Zustand erreicht. „Eine Herausforderung ist sicher die Verbesserung der Energieeffizienz des Verflüssigungsprozesses, der immer noch durch einen hohen Energieverbrauch gekennzeichnet ist“, meint Gerald Aschauer, Experte für Nachhaltige Transportsysteme am Logistikum Steyr.
Der Prozess verschlinge nämlich die Energie von 6 bis 10 % des verflüssigten Gases. Die Antriebstechnik im Schifffahrtsbereich sei hingegen schon weit fortgeschritten, die Motoren stammen von Caterpillar, Mitsubishi Heavy Industries, Wärtsilä und Rolls Royce. Bedarfsanalyse in Oberösterreich Für einen kleinen Anteil am großen Projektkuchen „LNG-Masterplan“, der unter 33 Partnern verteilt wird, ist das Logistikum Steyr verantwortlich. Denn bevor mit dem Ausbau der LNG-Infrastruktur entlang der Donau ‚en gros‘ begonnen wird, müssen zunächst Bedarfsanalysen durchgeführt werden. Die dichtbesiedelte Industrieregion im oberösterreichischen Zentralraum ist beispielsweise durch den Hafen Linz auch für die Binnenschifffahrt gut erschlossen und bietet sich als Zielgebiet für LNG an.
Allerdings läuft hier auch eine der europäischen Hauptgasleitungen, die „West-Austrian-Gas-Pipeline“, vorbei, was die Frage nach der Konkurrenzfähigkeit von Flüssiggas aufwirft. Die Nachfrageanalysen des Logistikum Steyr werden im Sommer 2014 vorliegen. „Führende Industrie- und Transportunternehmen haben jedenfalls auch schon Interesse daran gezeigt“, meint Gerald Aschauer.