Lager : Lagerverwaltungssysteme – so digital pocht das Herz der Intralogistik

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Ein Lagerverwaltungssystem – das wird wohl die Supply Chain im Auge behalten. Praktisch, aber nicht gerade aufregend. So sehen viele Außenstehende oder auch Brancheninterne, die sich von technischen Genauigkeiten lieber fernhalten, wohl das Thema Warehouse Management System. Und sie liegen damit komplett falsch.

Die Anforderungen an die logistischen Prozesse wachsen mit dem boomenden Onlinehandel, verstärkten Wettbewerb und hohen Erwartungen der Kunden derzeit schneller als Bambus. Damit steigen unweigerlich die Anforderungen an die Intralogistik. Lagerverwaltungssysteme, ob ihr Name nun Langeweile vermuten lässt oder nicht, sind – als das digitale Herz eines Lagers – für diese Herausforderungen immens wichtig und auch einem ständigen Wandel unterzogen. Alles wird moderner – auch das Lagerverwaltungssystem LVS.

LVS werden die Systeme abgekürzt, oder auch WMS für Warehouse Management System. Genau genommen besteht aber ein Unterschied zwischen den beiden synonym verwendeten Begriffen. Während beide Arten Lagermengen und Lagerorte, sowie deren Beziehung zueinander verwaltet, geht es beim WMS noch zusätzlich um die Kontrolle der Systemzustände. Was in erster Linie aber unter LVS und WMS verstanden wird, ist ein softwarebasiertes System zur Verwaltung eines Lagers. Dabei geht es längst nicht nur darum, wo im Lager wie viele Artikel liegen – vielmehr geht es auch um die vor- und nachgelagerten Prozesse im Wareneingang und Versand. Es geht also um den gesamten innerbetrieblichen Materialfluss und damit zusammenhängenden Informationsfluss im Betrieb.

LVS und WMS – ohne geht es nicht mehr

Das kostet und erfordert in der Implementierung und Aufrechterhaltung einiges an Zeit und Wissen. Oft werden damit Schulungen von Mitarbeitern nötig. Doch ohne geht es nicht mehr.

Dass die Weiterentwicklung und Digitalisierung auch nicht vor den WMS Halt macht, ist klar. Ging es bei den Systemen vor zehn Jahren vor allem noch darum, innerbetriebliche Transportaufträge transparent zu halten und zu optimieren, müssen sie im Zeitalter der Industrie 4.0 sehr viel mehr können. Kommissionierroboter und Smart Glasses , Pick-by-Voice und Pick-by-Light müssen integrierbar sein.

In der Grundstruktur des Systems ändert das nichts. Ihm übergeordnet ist meistens ein ERP- oder Warenwirtschaftssystem. Von dem bekommt das LVS oder das Warehouse Management System WMS innerbetriebliche Lager- oder Transportaufträge. Die werden in der Datenbank des Systems abgelegt, optimiert und koordiniert, und schließlich an die untergeordneten Systeme weitergegeben – also zum Beispiel zur Umlagerung, Kommissionierung oder Verpackung. Die untergeordneten, zu integrierenden Systeme selbst werden aber immer zahlreicher und komplexer. Sie reichen vom einfachen Regalbediengerät im Hochregallager oder Stapler bis hin zum futuristischen Shuttle oder sogar Cobot.

Grundstruktur mit Zusatz

Seit über 15 Jahren beobachtet die vom Fraunhofer Institut für Materialfluss und Logistik betriebene Informationsplattform warehouse logistics den WMS-Markt. In den hier jährlich herauskommenden Analysen zeichnet sich speziell in den letzten drei Jahren eine Verschiebung von reinen WMS-Anbietern hin zu Suite- und Lagertechnik ab. „Bei einem Suite-Anbieter ist das WMS Teil einer größeren Software-Suite, zum Beispiel ERP- oder SCM-System, und verfügt prinzipiell über eine höhere Integration in unternehmens- beziehungsweise standortübergreifende Module und Funktionen der Business-Suite“, erklärt der Marktreport 2018.

Zusätzlich geht die Plattform davon aus, dass in den kommenden Jahren webbasierte Benutzeroberflächen, die Integration mobiler Plattformen und Endgeräte, Pick by Vision und audiovisuelle Pickverfahren und Industrie 4.0 eine große Rolle in dem Gebiet spielen werden. Ein weiterer wichtiger Trend im innerbetrieblichen Materialfluss: die berühmt-berüchtigte Wolke. „Über 50 Prozent der Anbieter bieten ihre Software derzeit als Cloud-Lösung an“, so Michael ten Hompel, Institutsleiter am Fraunhofer Institut für Materialfluss und Logistik. Ein Ende der Weiterentwicklung des intralogistischen Systems sei aktuell noch lange nicht in Sicht. „Die Beschleunigung schreitet durch die Digitalisierung in allen Bereichen weiter voran – ob im E-Commerce-Bereich oder in der hoch flexiblen Produktion einer Industrie 4.0. Die WMS-Anbieter sind gefordert, sich allen damit verbundenen Herausforderungen zu stellen.“ Und das oft zu einem hohen Preis – derzeit würden sich die hochentwickelten Cloud-Systeme für die Anbieter noch kaum rentieren.

„Über 50 Prozent als Cloud-Lösung“

Für Betriebe kann sich der Einsatz eines WMS hingegen sehr wohl auszahlen. Durch die geschaffene Transparenz lässt sich Zeit beim Suchen und in der Liefervorbereitung sparen, wenn zum Beispiel die Artikel nach Umschlaghäufigkeit sortiert oder in oft zusammen gekauften Konstellationen eingelagert werden. Kommissionierfehler passieren weit weniger häufig, Supply Chain Manager haben in Echtzeit-Aufzeichnungen von überall Einblick auf das Supply Chain Management. Prognosen lassen sich erstellen und damit Engpässe vermeiden. Eine permanente Inventur ist ebenfalls möglich. Durch die optimierte Bestandskontrolle und Trendanalysen müssen bei weitem nicht so viele Artikel eingelagert werden wie ohne WMS, was idealerweise in höherer Liquidität resultiert. Vor allem die Fehlerbeschränkung und Zeiteinsparungen aber können sich in gesteigerter Lieferqualität niederschlagen.

300.000 Euro – zahlt sich das aus?

Dass ein WMS in der Anschaffung und Implementierung eine Investition von durchschnittlich 300.000 Euro bedeutet, kann sich aber auch hinsichtlich Personalaufwand schnell rentieren. Laut der Analyse des Fraunhofer Instituts sinkt nach einer WMS-Einführung die Auslastung von Logistikern um etwa zehn Prozent, die Auslastung von Mitarbeitern in der Disposition gar um fast 60 Prozent – bei derselben Auftragsmenge. Operative Logistiker sind vor allem aufgrund der verbesserten Kommissionierung weniger ausgelastet, in der Disposition durch den Umstieg auf eine beleglose Lagerverwaltung.

Die meisten Betriebe scheinen damit zufrieden. Denn 90 Prozent der eingegangenen Partnerschaften zwischen Anbieter und Nutzer dauern mindestens zehn Jahre. Bereits nach der Hälfte dieser Zeit hat sich das WMS im Schnitt amortisiert.

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