Elektromobilität : Lohnt es sich, Fahrräder nachzurüsten?

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dispo: Herr Herzog, warum sollte ein Kurierdienst seine Fahrrad-Flotte nachrüsten und nicht gleich E-Bikes kaufen?

Thomas Herzog: Unser Hauptargument ist natürlich, dass es einfach deutlich günstiger ist. Gegenüber dem Kauf von E-Bikes sparen Sie rund 60 Prozent der Kosten ein. Hinzu kommt, dass wir ein technisch extrem ausgereiftes Produkt entwickelt haben.

Die Qualität scheint oft ein Problem zu sein.

Herzog: Ja, das Nachrüsten hat generell keinen besonders guten Ruf, da viele mangelhafte Lösungen auf dem Markt sind. Wir sind tatsächlich die Ersten, die hier Hochwertiges bieten. Die Vorurteile spüren wir natürlich, aber wenn wir bei einem Kunden mal in die Testphase kommen, erleben wir nahezu nie eine Ablehnung.

Wie funktioniert Ihr System technisch?

Herzog: Wir haben einen Direktantrieb entwickelt, der ohne Getriebe auskommt. Das System ist damit deutlich leiser als andere und außerdem sehr wartungsarm, da es keine Verschleißteile gibt. Der Pendix eDrive passt zu allen Fahrrädern mit Standard-BSA-Tretlager, also rund 80 Prozent aller Bikes auf dem Markt. Das Tretlager wird ausgebaut und durch ein neues ersetzt. Das misst die Tretkraft des Fahrers, und je nach eingestellter Unterstützungsstufe liefert der Motor so viel Energie hinzu, wie der Fahrer es individuell für nötig hält. Ist der Motor abgeschaltet oder der Akku leer, bemerken Sie keinerlei Tretwiderstand. Der eDrive ist außerdem mit 6,5 Kilogramm Masse sehr leicht.

Ihr Schwerpunkt liegt im B2C-Bereich?

Herzog: Ursprünglich war das so, aber mittlerweile macht B2B, also die Kooperation mit den Herstellern, etwa 40 Prozent unserer Umsätze aus. Und der Anteil wächst deutlich schneller als B2C. Gerade im B2B-Bereich sind technologische Hochwertigkeit und große Reichweite entscheidend.

Sind die großen Post- und KEP-Dienste potenzielle Kunden für Sie?

Herzog: Mittelfristig ist das natürlich unser Ziel. Aber bevor man in diese Sphären kommt, muss man eine gewisse Marktpräsenz erreichen und vor allem auch Produktverfügbarkeit und Servicestruktur sicherstellen. Derzeit haben wir unsere gewerblichen Kunden im Kreis der privaten Postzusteller und Kurierdienste.

Die generelle Entwicklung der City-Logistik ist nicht gerade ein Nachteil für Sie, nehme ich an?

Herzog: Bestimmt nicht, die Kurierdienste sparen derzeit durch die Bank Diesel-Fahrzeuge ein. Und dabei geht es nicht um den Ersatz von Verbrenner-Sprintern durch E-Sprinter sondern durch alternative Fahrzeuge. Zu dieser Entwicklung tragen wir aktiv bei. Ich bin sicher, dass sich die City-Logistik weiter in Richtung von Micro-Hubs und daran anschließende Mikromobilität entwickelt. Und genau das ist unser Ziel: ein führender Antriebs-Anbieter im Bereich der Mikromobilität zu werden.

Dass die E-Mobilität im Bereich der Pkw ein wenig schwächelt, macht Ihnen nicht zu schaffen?

Herzog: Nein, zum Glück ist unserem Bereich die völlige Entkoppelung vom Image der Pkw-Elektromobilität gelungen. Das sieht man auch an den Wachstumsraten.

Darf man Pendix eigentlich als Start-up bezeichnen?

Herzog: Den Begriff assoziiere ich ein bisschen mit Anfängern, die man mit Samthandschuhen anfassen muss. Aber wir sind keine Anfänger, meine Co-Gründer und ich haben schon in einer ersten Ausgründung erfolgreich elektrische Komponenten für die Automobilindustrie entwickelt. Ich würde sagen, wir sind ein etabliertes junges Unternehmen.

Das Unternehmen

Die 2013 gegründete Pendix GmbH (Zwickau, D) stellt Elektroantriebe für die Fahrrad-Nachrüstung her. Der Antrieb Pendix eDrive ist seit September 2015 auf dem Markt. Die sechs Gründer haben zuvor Prototypen für die Automobilindustrie und den Motorsport entwickelt.