Exporte : US-Strafzölle auf EU-Pkw: Exportlogistik vor neuen Herausforderungen

Am 26. März 2025 hat die US-Regierung unter Präsident Donald J. Trump neue Importzölle auf Fahrzeuge aus der Europäischen Union angekündigt. Ab dem 3. April 2025 wird ein Strafzoll in Höhe von 25 Prozent auf alle in den USA verkauften importierten Personenkraftwagen erhoben. Die Maßnahme betrifft Limousinen, SUVs, Crossover, Minivans sowie leichte Nutzfahrzeuge wie Transporter und Pick-ups.
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Logistische Relevanz des Transatlantikverkehrs
Für die europäische Fahrzeuglogistik hat diese Entscheidung direkte Auswirkungen, wie der Verband der Europäischen Fahrzeuglogistik ECG in einem Bericht vorgerechnet hat.
Im Jahr 2024 exportierte die EU 756.559 Personenkraftwagen in die Vereinigten Staaten – ein Minus von 6,12 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Das entspricht einem Warenwert von 45,79 Milliarden US-Dollar. Zum Vergleich: Die Importe aus den USA in die EU beliefen sich im selben Jahr auf 292.111 Einheiten im Wert von 9,25 Milliarden US-Dollar.
Die Zahlen verdeutlichen die logistische Bedeutung des US-Markts für die europäische Automobilindustrie – sowohl in Volumen als auch in Wert. Der Export in die USA erfolgt überwiegend per RoRo-Schiff und über spezialisierte Automobilterminals, insbesondere in Häfen wie Bremerhaven, Emden oder Zeebrugge.
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Exportstarke OEMs unter Druck
Fünf Marken dominieren den EU-Export in die USA:
Mercedes-Benz: 32 Prozent der 2024 exportierten Fahrzeuge (242.454 Einheiten)
BMW: 27 Prozent (205.434 Fahrzeuge)
Audi: 18 Prozent (139.777 Fahrzeuge)
Volkswagen: 13 Prozent (98.590 Fahrzeuge)
Porsche: zehn Prozent (76.000 Fahrzeuge)
Obwohl alle genannten Hersteller über Produktionsstandorte in Nordamerika verfügen, bleiben große Teile ihrer Modellpaletten exportabhängig. So stammen z. B. sämtliche in den USA verkauften Porsche-Modelle aus europäischer Fertigung. Bei Audi wird nur der Q5 in Mexiko produziert, alle übrigen Modelle werden aus der EU exportiert.
So reagieren europäische Automobillogistiker
Auf Dispo-Anfrage fasst ECG-Executive-Director Frank Schnelle die Reaktion der betroffenen Unternehmen zusammen: "Kurzfristig haben wir einen erhöhten Export von Fahrzeugen in die USA beobachtet, als Maßnahmen, um noch so viele Autos wie möglich in die USA zu exportieren – sogenannte Vorholeffekte. Sollten die Zölle wie angekündigt in Kraft treten, wird sich der Transportbedarf in der Folge zunächst stark verringern", so Schnelle.
"Wie stark die Zolltarife die Logistiknetzwerke beeinflussen, hängt davon ab, wie die Automobilindustrie mittelfristig und langfristig reagiert. Produktionsverlagerungen – sofern überhaupt möglich – würden die Transportnetzwerke und Kapazitäten in Europa entsprechend beeinflussen", sagt der ECG-Direktor. Den ECG-Mitgliedern, die "in allen Bereichen der Automobillogistik Lieferkette tätig sind" - also Schifffahrt, Bahn, Lkw, Häfen - würde vor allem die Berechenbarkeit der Ankündigugen seitens der US-Administration fehlen. "Diese Unsicherheiten führen eher dazu, dass Investitionsentscheidungen überdacht werden – insbesondere in unserer derzeitigen disruptiven Marktlage."
Zertifizierungsanforderungen bei NAFTA-Produktion
Laut der Gesetzeslage sind auch Importe aus Mexiko und Kanada grundsätzlich zollpflichtig – es sei denn, der Hersteller kann den US-Ursprungsanteil der Fahrzeuge ausreichend nachweisen. Auch das hat Auswirkungen auf die Logistikprozesse, insbesondere bei der Dokumentation entlang der Lieferkette.
Insgesamt stellt die Einführung der US-Zölle auf EU-Fahrzeugexporte europäische OEMs und Logistikdienstleister - vor allem Fahrzeuglogistiker, die auf den Transatlantikverkehr spezialisiert sind - vor neue operative und strategische Herausforderungen. Die jetzt in Kraft tretenden Zölle erfordern eine kurzfristige Analyse bestehender Transportströme und mittel- bis langfristig eine Anpassung logistischer Strategien für den Export in die USA.
Auch Pharmakonzerne stocken Vorräte in den USA auf
Auch die Pharmaindustrie trifft angesichts der erwarteten Zollerhöhungen von US-Präsident Donald Trump Vorkehrungen und fliegt verstärkt Medikamente in die USA ein. So berichteten etwa wwei europäische Pharmakonzerne der Nachrichtenagentur Reuters, dass sie zuletzt so viele Arzneimittel wie möglich über den Atlantik geschickt hätten - und gehört hätten, dass andere Firmen dasselbe tun. Die Branche befürchtet, dass US-Zölle auch für in Europa produzierte Arzneimittel kommen.
Einer der Führungskräfte sagte, sein Unternehmen plane Szenarien für mögliche Zölle und versende mehr Medikamente per Luftfracht mit globalen Logistikfirmen wie UPS und DHL. Genauere Details nannte er nicht. DHL bestätigte einen Anstieg der pharmazeutischen Luftfracht aus Europa, nannte aber keine Gründe. UPS lehnte eine Stellungnahme ab. Der Schweizer Logistikkonzern Kuehne+Nagel berichtete von "einigen größeren Lieferungen in die USA", betonte aber, es sei noch zu früh, um einen direkten Zusammenhang mit den drohenden Zöllen zu ziehen.
Laut Eurostat beliefen sich die Arzneimittel- und Pharmaexporte der EU in die USA im Jahr 2023 auf rund 90 Mrd. Euro. Dazu gehören auch populäre Medikamente die Abnehmspritzen Wegovy und Zepbound von Novo Nordisk und Eli Lilly sowie das Krebsmittel Keytruda von Merck & Co.
Irland, einer der größten Arzneimittelexporteure in die USA, meldete im Jänner einen sprunghaften Anstieg der Medikamentenexporte dorthin. Laut Zentralbank-Daten summierten sich die Exporte auf 9,4 Mrd. Euro - fast das Dreifache des Dezember-Werts von 3,2 Mrd. Euro und mehr als doppelt so viel wie im Jänner 2024 (4,1 Mrd. Euro).
Laut dem Arzneimittel-Lieferkettenexperten Prashant Yadav vom Council on Foreign Relations haben in diesem Jahr auch die Medikamentenexporte aus Frankreich, Deutschland, Italien, Spanien und Großbritannien in die USA zugenommen. In normalen Zeiten hielten Pharmaunternehmen und Großhändler Vorräte für drei bis sechs Monate vor - vorausgesetzt, die Medikamente haben eine lange Haltbarkeit, erklärte Yadav.
Pharmazeutische Produkte blieben aufgrund der potenziellen Gefahren lange Zeit von Handelskriegen verschont. Doch Trumps Entscheidung, die Zölle auf Waren aus China zu erhöhen, sowie eine erste Zollrunde zwischen den USA und der EU auf Waren wie Stahl und Bourbon, haben die Erwartung geweckt, dass auch Medikamente auf die Liste kommen werden.
Die Sorgen über neue Zölle gehen über die Pharmabranche hinaus: In den vergangenen Monaten haben auch Automobilhersteller wie General Motors und Mercedes, französische Cognac-Produzenten sowie italienische Parmesan- und Sekthersteller ihre Lieferungen in die USA beschleunigt.