Liefernetzwerk : Von der linearen Lieferkette zum vernetzten Liefernetzwerk

Global supply chain network connecting different countries

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Die globalen Lieferketten sind seit einigen Jahren enormen Herausforderungen ausgesetzt, wie etwa durch die Krise im Roten Meer, Hafenstaus und verlängerte Transportwege. Diese Ereignisse haben die Schwächen traditioneller, linearer Lieferketten deutlich hervorgehoben. In einem solchen sequentiellen System ist jedes Glied der Kette eng mit dem nächsten verbunden – fällt ein Glied aus, gerät die gesamte Kette ins Stocken. Doch in den letzten Jahren vollzieht sich ein Wandel in der Logistik: Unternehmen entwickeln ihre Lieferketten zu vernetzten, agilen Systemen, den sogenannten Liefernetzwerken. Hier die Übersicht zu behalten und in den zunehmenden Krisen handlungsfähig und kosteneffizient zu bleiben, ist schwierig. Doch wie können Unternehmen den Überblick über den Zustand ihres gesamten Netzwerks haben und Engpässe zu vermeiden?

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Der Wandel zu Liefernetzwerken

Der Übergang von der linearen Lieferkette zu einem flexiblen Netzwerk wird seit etwa einem Jahrzehnt aufgrund der zunehmenden Komplexität und Globalisierung der Lieferprozesse beobachtet, mit einer deutlichen Beschleunigung seit der COVID-19-Pandemie. Unternehmen mussten sich in immer volatileren Märkten behaupten, in denen geopolitische Krisen und pandemiebedingte Einschränkungen zur Tagesordnung gehören. Die Pandemie legte offen, wie fragil lineare Lieferketten sind, wenn sie auf wenige, eng gekoppelte Akteure angewiesen sind. Hafenstilllegungen, Grenzschließungen und Produktionsausfälle führten zu erheblichen Verzögerungen und Engpässen.

Auch Shamika Sirimanne, Direktorin der Abteilung für Technologie und Logistik der UN-Konferenz für Handel und Entwicklung, stellte bereits 2022 in einem Bericht fest
: "Da Störungen zunehmend zur neuen Normalität werden, kristallisieren sich Resilienz und Risikomanagement als neue Mantras für Transport, Logistik, Handel und Lieferketten heraus.“ Der Krieg in der Ukraine, die Krise im Roten Meer, verschiedene Wetterextreme, der Überlastung von Häfen und Schifffahrtswegen oder wiederkehrende Streiks der Hafenarbeiter:innen zeigen deutlich, dass Lieferketten mittlerweile eine Herausforderung nach der anderen bewältigen müssen. Die lineare Lieferkette, in dem jede Störung entlang der Kette schwerwiegende Auswirkungen haben kann, ist ineffizient und den modernen Krisen nicht gewachsen.

Der Unterschied: Linear versus Netzwerk

Im Gegensatz zu einer linearen Kette, bei der jeder Akteur nacheinander agiert, ist ein Liefernetzwerk vielschichtiger und agiler. Statt auf eine lineare Abfolge angewiesen zu sein, arbeiten verschiedene Akteure parallel miteinander. Dadurch ist ein Liefernetzwerk deutlich flexibler, da es Redundanzen und Alternativen schafft. Wenn ein Zulieferer oder eine Route ausfällt, können Unternehmen schnell auf andere Optionen umschwenken, ohne dass der gesamte Produktions- oder Lieferprozess zum Erliegen kommt. In einem linearen Modell hingegen kann der Ausfall eines Akteurs weitreichende Folgen haben, da die Prozesse aufeinander aufbauen.

Zulieferer, Hersteller und Logistikdienstleister sind eng miteinander vernetzt und daher auf gute Kommunikation und zuverlässige Daten angewiesen. Damit die verschiedenen Akteure des Liefernetzwerkes zuverlässig zusammenarbeiten können, sind moderne Technologien und digitale Lösungen unerlässlich. Denn für qualitativ gute Daten müssen Informationen aus hunderten Quellen, wie aus den Netzwerken der Unternehmen, von Transportanbietern und neutralen Quellen, wie beispielsweise von Reedereien, Spediteuren, aus dem Cargo Community System oder AIS zusammengetragen und miteinander verbunden werden, die sie machen. Diese sogenannte „Always-on“-Agilität bietet die Möglichkeit, kontinuierlich Daten aus unterschiedlichsten Quellen zu erfassen, und macht digitale Liefernetzwerke besonders flexibel und widerstandsfähig. Darüber hinaus braucht es auch weiterhin Branchenkenntnisse, die diese Informationen ergänzen und einordnen, da es viele unzuverlässige Datenquellen gibt.

Eine umfassende Transparenz durch vielfältigen Datenquellen bieten eine lückenlose Sicht auf den Materialfluss und kritische Faktoren wie Terminpläne und Kapazitäten. Diese intelligente Optimierung der Daten erlaubt dann ein besseres Zusammenspiel von Menschen und Maschinen, da beide datenbasierte Analysen nutzen, um bessere Entscheidungen zu treffen, Prozesse zu verbessern und flexibel auf Veränderungen reagieren zu können. Auf den ersten Blick erscheint das komplex, aber ein solches datenbasiertes Echtzeit-Monitoring ermöglicht es, jederzeit den Überblick über den Zustand des gesamten Netzwerks zu behalten und auf Störungen proaktiv zu handeln.

Wettbewerbsvorteil durch Agilität und Echtzeit-Transparenz

Unternehmen, die bereits auf vernetzte Liefernetzwerke setzen, genießen wesentliche Vorteile. Die Agilität und Flexibilität, die ein solches System bietet, macht sie schneller beim Reagieren auf , auf Marktschwankungen. Durch Echtzeit-Transparenz können sie Engpässe und Verzögerungen frühzeitig erkennen und Maßnahmen ergreifen, bevor diese zu gravierenden Problemen führen. Diese proaktive Herangehensweise entscheidet vor dem Hintergrund der zunehmenden Unsicherheiten innerhalb der globalen Wirtschaftslage auch über die Wettbewerbsfähigkeit.

Die Transformation von der linearen Lieferkette hin zu einem vernetzten Liefernetzwerk ist nicht nur eine Reaktion auf Krisen und Störungen, sondern ein strategischer Schritt, um in einer dynamischen Weltwirtschaft handlungsfähig zu bleiben. Die Vorteile liegen auf der Hand: mehr Agilität, größere Flexibilität und vor allem eine Echtzeit-Transparenz, die es ermöglicht, Probleme zu erkennen und zu beheben, bevor sie das gesamte System beeinträchtigen. Unternehmen, die diesen Wandel vollziehen, sind nicht nur krisenresistenter, sondern auch langfristig besser aufgestellt, um in einem zunehmend komplexen und vernetzten globalen Markt wettbewerbsfähig zu bleiben.

Julien Cote ist CEO von Wakeo. - © Guillaume PERRET