Rotes Meer : TICKER: So beeinflussen die Huthi-Angriffe globale Lieferketten

Contaierschiff am Suezkanal

Der Suezkanal ist aufgrund von Huthi-Angriffen im Roten Meer ein großer Unsicherheitsfaktor für die Containerschifffahrt.

- © Hajotthu - Eigenes Werk / https://de.wikipedia.org/wiki/Sueskanal#/media/File:PortSaid_SuezKanal.JPG

Hapag-Lloyd und Maersk brauchen 40 mehr Schiffe für die Umschiffung über das Kap der Guten Hoffnung

Die Großreedereien Hapag-Lloyd und Maersk, die ab Februar 2025 die Allianz "Gemini Cooperation" bilden, hatten im September wegen der Krise im Roten Meer ein neues Routennetzwerk vorgestellt. Nun soll das neue "Cape Network" genutzt werden.

Um das Rote Meer zu umfahren, müssen die Reedereien vergleichsweise mehr Schiffe nutzen. Für das "Cape Network" sind rund 340 Schiffe eingeplant. Für das andere Netzwerk waren es etwa 300.

Hapag-Lloyd aus Hamburg und Maersk aus Kopenhagen hatten Anfang des Jahres die Allianz verkündet. "Gemini" bedeutet auf Latein und auf Englisch "Zwillinge". Ziel der Allianz ist es, eine hohe Fahrplanzuverlässigkeit von mehr als 90 Prozent zu schaffen. Dazu planen die Reedereien auf den Fernstrecken weniger Hafenanläufe.

Update vom 11. Oktober: Ein Containerschiff und ein Öltanker von Huthis angegriffen

Die vom Iran unterstützte Huthi-Miliz im Jemen hat sichzu zwei erneuten Angriffen auf Handelsschiffe bekannt. Houthi-Militärsprecher Yahya Saree sagte, der im Roten Meer unter liberianischer Flagge fahrende Tanker "Olympic Spirit" sei "von elf ballistischen Raketen und zwei Drohnen angegriffen und direkt und schwer getroffen" worden. Der Huthi-Sprecher nannte den Tanker einen "amerikanischen Öltanker".

Zudem hätten die Huthis das Schiff "St. John" im Indischen Ozean ins Visier genommen. Die britische Behörde für maritime Sicherheit UKMTO hatte zuvor mitgeteilt, dass ein Schiff von einem "unbekannten Projektil getroffen" worden sei und das Schiff Schaden genommen habe. Opfer oder Brände wurden demnach zunächst jedoch nicht gemeldet.

Das US-Sicherheitsunternehmen Ambrey meldete jedoch, der mit Chemikalien beladene Tanker sei 73 Seemeilen südwestlich der von den Houthis kontrollierten Hafenstadt Hodeidah an der Brücke getroffen worden und habe "leichte Schäden" erlitten. Das Schiff, das auf dem Weg von Dschidda in Saudi-Arabien nach Muscat im Oman war, meldete später laut UKMTO und Ambrey zwei weitere Explosionen in der Nähe. Den Schiffen werde empfohlen, "vorsichtig zu fahren und jede verdächtige Aktivität zu melden", erklärte UKMTO.

Die "St. John" im Indischen Ozean wurde dem Huthi-Sprecher zufolge ins Visier genommen, weil der Eigner angeblich gegen ein "Verbot des Zugangs zu den Häfen des besetzten Palästinas durch die Gesellschaft, der das Schiff gehört", verstoßen habe. Auf der Tracking-Website MarineTraffic wird die "St. John" als ein unter der Flagge Maltas fahrendes Containerschiff aufgeführt, das derzeit von Mogadischu in Somalia in die Vereinigten Arabischen Emirate unterwegs ist.

Update vom 6. September: Zwei weitere Handelsschiffe vor der Küste des Jemen angegriffen

Vor der Küste des Jemen sind erneut zwei Handelsschiffe angegriffen worden. Die Besatzungen beider Schiffe seien nach dem Vorfall nahe der von der Houthi-Miliz kontrollierten Stadt Hodeida in Sicherheit, erklärte das Gemeinsame Maritime Informationszentrums (JMIC) einer internationalen Marinekoalition zum Schutz des Schiffsverkehrs in der Region. Zu einem der Angriffe bekannte sich die vom Iran unterstützte Houthi-Miliz.

Sie habe die "Blue Lagoon" mit "Raketen und Drohnen angegriffen, und sie wurde direkt getroffen", hieß es in einer Erklärung der Miliz. Der JMIC erklärte, der Tanker sei "Gegenstand von drei Angriffen mit ballistischen Raketen" gewesen. Das Schiff habe minimale Schäden und sei auf dem Weg zu seinem nächsten Hafen.

Das zweite Schiff wurde laut der britischen Behörde für maritime Sicherheit UKMTO von einer Drohne getroffen, passe jedoch nicht ins Profil der Miliz, da es keine Verbindungen zu Israel aufweise.

Update vom 26. August: Befürchtete Ölkatastrophe im Roten Meer

Der Öltanker "Sounion" brennt. Die USA befürchten deshalb eine Ölkatastrophe, die jene vor 35 Jahren, die nach der Havarie der "Exxon Valdez", um das vierfache übersteigt. Bei der Katastrophe der "Exxon Valdez" 1989 bei Alaska flossen etwa 257.000 Barrel Öl ins Meer. Die dadurch ausgelöste Ölpest gilt bis heute als eine der verheerendsten Umweltkatastrophen der Geschichte.

Diesmal könnte eine Million Barrel Öl - das entspricht 56.000 Tonnen Öl - ins Rote Meer fließen, warnte der Sprecher des US-Außenministeriums, Matthew Miller, am Wochenende. Die Besatzung wurde Tage zuvor evakuiert, "doch die Huthis scheinen entschlossen zu sein, das Schiff und seine Ladung im Meer zu versenken", so Miller weiter. Die EU-Mission Aspides, die zum Schutz von Handelsschiffen im Roten Meer stationiert ist, warnte vor einer "Gefahr für die Schifffahrt und die Umwelt", die nun von dem unbemannten Schiff ausgehe.

Update vom 22. August 2024: Manövrierunfähiger Tanker im Roten Meer

Nach mutmaßlichen Angriffen von Huthi-Rebellen treibt ein griechischer Öltanker manövrierunfähig im Roten Meer. Nach Angaben der britischen Seefahrtsbehörde brach nach wiederholten Attacken an Bord ein Feuer aus, was zum Ausfall der Maschinen führte. Der Tanker "Sounion" sei in der Früh von zwei kleinen Booten westlich der jemenitischen Hafenstadt Hodeidah angegriffen und von mehreren Geschossen getroffen worden.

Das teilten das griechische Schifffahrtsministerium und die United Kingdom Maritime Trade Operations (UKMTO) mit. Während des Vorfalls kam es den Angaben zufolge zu einem kurzen Schusswechsel, erklärte die UKMTO und fügte später hinzu, das Schiff habe einen erneuten Angriff gemeldet. Dieser habe das Feuer verursacht und dazu geführt, dass der Tanker seine Antriebskraft und Manövrierfähigkeit verloren habe. Verletzungen unter den 25 Besatzungsmitgliedern - zwei Russen und 23 Philippiner - wurden nicht gemeldet. Ein Seefahrts-Insider sagte Reuters, es werde erwartet, dass das Schiff "aus eigener Kraft" weiterfahren könne.

Delta Tankers, der Betreiber des Schiffes, bestätigte, dass der Tanker manövrierunfähig sei und leichte Schäden habe. Die Besatzung bewerte die Lage, und das Schiff werde seine Reise fortsetzen, hieß es in einer Mitteilung.

Explosionen bei Handelsschiffen vor der Küste des Jemen

Vor der Küste des Jemen gab es am Dienstag, 13.8., zwei Explosionen in der Nähe von Handelsschiffen. Ein Schiff habe im Morgengrauen eine Explosion südwestlich der von der Huthi-Miliz kontrollierten Stadt Hodeidah gemeldet, erklärte die britische Behörde für maritime Sicherheit UKMTO. Die Schiffsbesatzung habe ein kleines Boot gesehen, dass sich verdächtig verhielt - und kurz darauf eine zweite Explosion gehört, hieß es weiter.

Dabei gab es keine Verletzten oder Schäden. Die Behörde erklärte später, das Schiff sei von einer Drohne angegriffen worden, die erfolgreich "neutralisiert" worden sei. Das Handelsschiff sei auf dem Weg in seinen nächsten Hafen, hieß es weiter. Zudem wurde eine eine weitere Explosion in der Nähe eines Schiffes, ebenfalls in der Nähe von Hodeidah, gemeldet, bei der es ebenfalls weder Verletzte noch Schäden gegeben habe.

Bisher bekannte sich niemand zu den Vorfällen. Sie ähneln allerdings stark den Angriffen der Huthi-Miliz im Jemen, die sich regelmäßig gegen Handelsschiffe richtet.

Update zum Verkehrsaufkommen durch den Suezkanal & Verspätungen durch geänderte Transitzeiten

Durch die Umleitung Hunderter Schiffe durch die Huthi-Angriffe ist das aktuelle Verkehrsaufkommen durch den Suezkanal das niedrigste in der jüngeren Geschichte: Project 44 hat ausgehend von den Zahlen für den Monat Mai, in dem die Abfahrten aufgrund der beginnenden Hochsaison in der Regel zunehmen, festgestellt, dass die Verlader diese Route wegen des anstehenden Urlaubsaufkommens nicht wieder aufnehmen. Im Mai 2024 wurden im Vergleich zum Mai 2023 fast 80 Prozent weniger Passagen durchgeführt. Es wird erwartet, dass diese Zahlen niedrig bleiben. Verlader werden ihre Routen weiterhin um Afrika herum oder durch den Panamakanal verlegen, bis die Spannungen im Roten Meer gelöst sind.

Die Auswirkungen der Anschläge sind in den gesamten USA und Europa zu spüren. Die Zahl der Transittage hat sich insgesamt um fast zwei Wochen erhöht. Mittlerweile haben sich die Transitzeiten zwischen China und Europa, Südostasien und Europa sowie zwischen Südostasien und der US-Ostküste durchschnittlich um zehn bis 14 Tage verlängert.

Die Abbildung rechts zur Zuverlässigkeit der Schiffsfahrpläne zeigt, wie viel Verspätung die Container im Transit aufgrund der aktualisierten Fahrpläne voraussichtlich haben werden. Dabei wird deutlich, dass die Unternehmen ihre Planung im Allgemeinen an die neuen Strecken angepasst haben. Zwar gibt es nach den Angriffen größere Schwankungen, aber diese haben sich bei vier bis acht Tagen eingependelt. Als die Angriffe im Dezember begannen, gab es hier einen Höchstwert von zwei Wochen.

Wöchentliche Termineinhaltung der Schiffe – mittlere Verspätung
© project44

Update: Zweites Schiff versenkt, weiteres beschädigt

Die militanten Huthis im Jemen haben nach Angaben der britischen Seeschifffahrtsbehörde UKMTO mutmaßlich ein zweites Schiff im Roten Meer versenkt. An der zuletzt gemeldeten Position des Kohle-Frachters "Tutor" seien nur noch Trümmer und Öl gesichtet worden, teilte die Behörde mit. Die Tutor war einige Tage zuvor von Raketen und einem mit Sprengstoff beladenen ferngesteuerten Boot getroffen worden und Leck geschlagen.

Ein Besatzungsmitglied, das sich mutmaßlich im Maschinenraum des Schiffs befand, wird weiterhin vermisst. Der Untergang der Tutor wäre der zweite eines kommerziellen Schiffes nach einem Angriff der Huthis. Die in britischem Besitz befindliche Rubymar war 2. März rund zwei Wochen nach einem Beschuss im Roten Meer gesunken.

Auch der Frachter "Verbena" könnte demnächst sinken. Er war vor einigen Tagen bei einem Houthi-Angriff beschädigt worden. Die Mannschaft wurde evakuiert, nachdem es ihr nicht gelungen war, ein durch die Angriffe ausgelöstes Feuer einzudämmen. Das Schiff treibt nun im Golf von Aden.

Einige Tage darauf ist erneut ein Frachtschiff bei einem Drohnenangriff beschädigt worden, Besatzungsmitglieder wurden dabei nicht verletzt. Das angegriffene Schiff sei auf dem Weg in den nächsten Zielhafen, so die britische Seefahrtsbehörde UKMTO.

Update vom 17.6.2024: Frachtschiff sinkt nach Huthi-Angriff im Roten Meer

Nach einem Angriff durch die jemenitische Houthi-Miliz droht im Roten Meer der Untergang eines Handelsschiffes. Nach der Evakuierung der Besatzung treibe das Schiff unbemannt vor der Küste Dschibutis und sinke, teilte die für Sicherheit der Handelsschifffahrt zuständige britische Behörde UKMTO mit.

Das Frachtschiff "Verbena" - betrieben von einer polnischen Firma und in ukrainischem Besitz - sei mit Baumaterial an Bord auf dem Weg nach Italien gewesen. Nach dem Angriff ist ein Feuer ausgebrochen, das die Crew löschen konnte - danach setzte sie ihre Fahrt fort. Letztlich wurde die Crew aber doch in Sicherheit gebracht und das Schiff seinem Schicksal überlassen.

Schon Anfang März war ein schwerbeschädigtes Frachtschiff nach einem Huthi-Angriff untergegangen.

Hapag Lloyd und Arkas Line bieten neue Routen im Roten Meer an

Sowohl die deutsche Hapag Lloyd als auch die türkische Reederei Arkas Line bieten mit Mitte Juni neue Dienste von der Türkei aus Richtung Saudi-Arabien und Jordanien im Roten Meer an. Sie meiden dabei allerdings den den südlichen Teil des Roten Meeres, wo es die meisten Angriffe von Huthi-Rebellen gegen Handelsschiffe gegeben hat.

Arkas Line will neue Märkte erschließen und nimmt nun regelmäßige wöchentliche Dienste im Roten Meer auf. Der Red Sea Express Service (RS1 und RS2) bereitet sich darauf vor, mit zwei separaten Linien eine Brücke von der Türkei nach Saudi-Arabien und Jordanien zu schlagen. Ab dem 16. Juni 2024 wird Arkas Line alle Häfen, die sie bedient, mit zwei regelmäßigen wöchentlichen Verbindungen an das Rote Meer anbinden. "Mit unseren neu eingeführten Red Sea Express Services (RS1 und RS2) nehmen wir die Häfen Jeddah, Aqaba, Port Sudan und Djibouti in unser Servicenetz auf", so Arkas-CEO Can Atalay.

Auch Hapag-Lloyd nimmt das Rote Meer wieder verstärkt ins Visier, nachdem sie wegen der Angriffe auf Handelsschiffe im Roten Meer durch Huthi-Rebellen die Transportwege gewechselt hat und die Ladung über Landverkehrskorridore zum Hafen Dschidda am Roten Meer gebracht hatte. Hapag-Lloyd hat - wie andere Großreedereien auch - nach Angriffen von Houthi-Rebellen aus dem Jemen auf Frachter seit Mitte Dezember praktisch keine Schiffe mehr durch das Rote Meer geschickt, sondern sie um die Südspitze Afrikas umgeleitet.

Nun nimmt das Unternehmen am 15. Juni mit dem Türkiye Red Sea Express (TRE) eine Route von Istanbul über Izmit, Aliaga, Dschidda und Akaba zurück nach Istanbul in Betrieb. Der erste Hafen der neuen Rotation wird am 15. Juni 2024 von Istanbul (TR) aus mit dem Containerschiff Turkon Istanbul V angelaufen. Mit einer Entspannung der Lage im Roten Meer rechnet Hapag-Lloyd-Chef Habben Jansen noch vor Ende des Jahres.

So viele Containerschiffe wurden von November bis April von den Huthis angegriffen

Insgesamt wurden, nach Informationen des Industrieversicherers Allianz Commercial, bisher mehr als 50 Handelsschiffe im Roten Meer durch die vom Iran unterstützten Huthi-Rebellen im Jemen angegriffen. Der Verkehr durch den Suezkanal ging deshalb zwischenzeitlich stark zurück: Anfang des Jahres passierten gut 40 Prozent weniger Schiffe den Kanal als zu Spitzenzeiten.

Da gleichzeitig die Schifffahrt im Panamakanal unter dem trockenheitsbedingten Niedrigwasser leide, sei mit dieser kürzesten Route vom Atlantik zum Pazifik auch ein zweiter wichtiger Seeweg gestört, so die Allianz.

Der New Yorker Schifffahrtsexperte Rahul Khanna schreibt in seiner Analyse, dass Angriffe auf Schiffe für Terroristen und bewaffnete Milizen ein Mittel seien, um auf sich aufmerksam zu machen und die Weltmärkte zu schädigen. Neben konventionellen Waffen könnten auch Cyber-Angriffe den Schiffsverkehr ernsthaft beeinträchtigen. Allianz Commercial ist die auf Firmen- und Industriekunden spezialisierte Sparte des Münchner Dax-Konzerns, zu der auch die Transportversicherung gehört.

Fracht-Kapazitäten sinken, Angriffszone weitet sich aus

Die Folgen der Angriffe der Huthi-Milizen auf Containerschiffe im Roten Meer belasten nach Angaben der dänischen Großreederei Maersk die Frachtkapazitäten zwischen Fernost und Europa. Diese dürften im zweiten Quartal um 15 bis 20 Prozent schrumpfen.

Wegen der Anschläge meiden Schiffe die Route durch den Suezkanal, den kürzesten Seeweg zwischen Südostasien und Europa. Der Umweg über die Südspitze Afrikas kostet Zeit - und treibt zugleich die Frachtraten in die Höhe.

Die Zone, in der es zu Angriffen der mit dem Iran verbündeten Huthi kommen könne, habe sich ausgeweitet, teilte Maersk weiter mit. Dies habe zur Folge, dass die Schiffe der Reederei länger für ihre Fahrten bräuchten. Der dänische Konzern, für den mehr als 730 Containerschiffe auf den Meeren unterwegs sind, gilt als Gradmesser des Welthandels.

Update vom 8.4.

Am vergangenen Wochenende hat die deutsche Bundeswehr mit der Fregatte "Hessen" einen Angriff gegen ein ziviles Frachtschiff im Roten Meer vereitelt. "Hessen" ist zum Schutz von Handelsschiffen im Roten Meer im Einsatz. Die Huthi-Miliz hatte am Wochenende bekannt gegeben, sie habe aus Solidarität mit dem palästinensischen Volk und als Antwort auf die US- und britischen Angriffe gegen ihr Land fünf Schiffe im Roten Meer attackiert. Davor war es einige Zeit ruhiger um den Konflikt.

Dabei hat dieser auch Auswirkungen auf die Stimmung der deutschen Autoindustrie. Diese blickt nun nach einigen düsteren Monaten wieder optimistischer in die Zukunft, denn unter anderem sei die Versorgung mit wichtigen Vorprodukten einen Lichtblick, so die Fachreferentin am Ifo-Zentrum für Industrieökonomik und neue Technologien, Anita Wölfl. Denn nur noch wenige Unternehmen meldeten Probleme in den Lieferketten - trotz der Krise auf der wichtigen Schifffahrtsroute im Roten Meer, die von vielen Reedereien wegen des Beschusses durch die jemenitische Huthi-Miliz gemieden wird. "Hier scheinen sich die Anstrengungen bezahlt zu machen, die die deutsche Automobilindustrie seit der Pandemie unternommen hat, um die Lieferketten widerstandsfähiger zu gestalten."

Update vom 26.3.: Signifikante Verlagerung der Transporte & sinkende Seefracht-Preise

Plus zwölf Tage: So lange dauert ein durchschnittlicher Transit nach Deutschland, wie eine Datenauswertung der Infor Nexus Transportation Management Plattform ergeben hat, deren Analyse Rückschlüsse auf Veränderungen der globalen Lieferketten zulässt. Dabei ist die Ostküste der USA ähnlich stark betroffen wie die europäischen Häfen (durchschnittlich plus elf Tage). In der Folge kommt es zu einer signifikanten Verlagerung der Transporte von Asien an die Westküste der USA und Kanada. Von dort aus wird die Fracht dann per Schiene und Lkw zu den Bestimmungsorten weitertransportiert.

Aufgrund der veränderten Route um das Kap der Guten Hoffnung und der verlängerten Transportzeiten verlängert sich auch die Verweildauer der Frachter in den asiatischen Umschlaghäfen. Der Grund dafür ist die verzögerte Rückkehr der Schiffe aus Europa und Nordamerika. Dies wirkt sich in der Folge auf die Fahrpläne der Verbindungsschiffe aus und erfordert weitere Routenänderungen. Damit trifft die Krise im Roten Meer nicht nur die Lebensadern vieler europäischer Lieferketten, sondern wirkt sich auch deutlich auf den weltweiten Frachtverkehr und das Zusammenspiel globaler Lieferketten aus. Das jüngste Update des Kieler Instituts für Weltwirtschaft gibt an, dass aktuell pro Tag noch etwa 40 Containerschiffe das Rote Meer passieren, im vergangenen Jahr waren es durchschnittlich mehr als 100 Schiffe täglich. Gleichzeitig hat sich ihre Anzahl rund um das Kap der Guten Hoffnung verdreifacht.

Gleichzeitig sinken die Preise für Seefracht: Nach einem Höchststand von rund 4.000 Dollar pro Container Ende Januar rufen die Reedereien zurzeit nur noch 3.000 Dollar auf. Das ist eine signifikante Reduzierung von 25 Prozent. „Wir gehen davon aus, dass die Preise weiterhin sinken“, sagt Patrick Lepperhoff, Principal bei Inverto. „Unternehmen sollten sich jetzt mit ihren Logistikpartnern in Verbindung setzen und ihre Tarife neu verhandeln. Sinnvoll ist auch, einen Index-bezogenen Tarif oder regelmäßige Reviews zu vereinbaren, um von weiteren Preissenkungen zu profitieren,“ rät Lepperhoff.

Update vom 18.3.: Erhöhte Transitzeiten "neue Norm", Afrikas Häfen überlastet

Seit Beginn der Angriffe im Dezember wurden 606 Schiffe umgeleitet. Aufgrund dessen erreichte das Verkehrsaufkommen im Suezkanal das niedrigste Niveau in seiner Geschichte. Im März 2021 blieb das Containerschiff Evergiven im Kanal stecken und legte die Durchfahrt für 6 Tage lahm. Obwohl die Schiffe den Kanal nicht passieren konnten, wurde in diesem Monat 278 Prozent mehr Schiffsverkehr verzeichnet als im Februar 2024.

Die Transitzeiten zwischen China und Europa, Südostasien und Europa sowie zwischen Südostasien und der US-Ostküste haben sich laut Informationen von project44 im Durchschnitt um neun bis zehn Tage verlängert. Diese Transitzeiten dürften die neue Norm darstellen, da die Reedereien das Rote Meer weiterhin meiden.

Die Häfen in Rotterdam und Norfolk zeigten sich in den letzten Wochen stabil. Antwerpen, Hamburg und Savannah verzeichnen weiterhin Schwankungen. Dies ist größtenteils auf die unterschiedlichen Herkunftsländer in Asien und den Betrieb der Häfen zurückzuführen. Die Verweilzeiten sowohl für Importe als auch für Exporte sind in allen oben genannten Häfen konstant geblieben. Dies lässt darauf schließen, dass alle Verzögerungen mit den zusätzlichen Transitzeiten zusammenhängen.

Reedereien veröffentlichen allerdings weiterhin Fahrpläne, die davon ausgehen, dass ihre Schiffe den Suezkanal durchqueren. Falls sich dies nicht ändert, so Experten von project44, wird die durchschnittliche Verspätung weiterhin auf einem hohen Level bleiben.

Die Häfen in Afrika verzeichnen derweil einen Anstieg des Volumens. Grund dafür sind die umgeleiteten Schiffe. Insgesamt 32 afrikanische Häfen wurden von Umleitungsschiffen angelaufen. Die Häfen mit dem höchsten Verkehrsaufkommen sind Tanger, Durban, Lome, Damietta und El Dhekelia, wobei Tanger am stärksten frequentiert wird.

>> Das sind die größten Häfen der Welt <<

Mit 60 auf ihre Abfertigung wartenden Schiffe im Hafen war Durban der erste Hafen, der im Zusammenhang mit der Zunahme des Frachtaufkommens auf die Probleme aufmerksam machte. Der Konflikt im Roten Meer ist aber nicht die einzige Ursache für den Rückstau. Zu den Hauptursachen gehören veraltete Ausrüstung und fehlende Investitionen in die Infrastruktur. Auch der Hafen von Tanger, der als der leistungsstärkste Hafen Afrikas gilt, ist gegen die Auswirkungen des gestiegenen Frachtaufkommens nicht gerüstet. Während die Verweildauer bei den Einfuhren stabiler zu werden scheint, beträgt die durchschnittliche Verweildauer bei den Ausfuhren seit letzter Woche eine Woche.

Wie der Konflikt die internationalen Handelsrouten auf See verändert

Erstmals gibt es nun Todesopfer durch die Angriffe von Huthi-Rebellen auf Frachtschiffe, außerdem ist kürzlich ein mit Dünger beladener Frachter gesunken. Das verändert weiterhin die internationalen Handelsrouten auf See: Von Jänner auf Februar fuhren erneut weniger Containerschiffe durch das Rote Meer und den Suezkanal, wie das Kieler Institut für Weltwirtschaft (IfW) mitteilte. Gleichzeitig habe sich die Menge an Schiffen rund ums Kap der Guten Hoffnung vor Afrika verdreifacht.

"Gesamtwirtschaftlich und speziell für die deutsche Wirtschaft sind aber keine negativen Folgen zu erwarten", erklärten die deutschen Regierungsberater vom IfW. "Sowohl die Frachtraten nach Europa als auch die ankommende Warenmenge in der Nordsee stabilisieren sich." Das zeigen Zahlen des jüngsten Kiel Trade Indicator, der die weltweiten Positionsdaten von Containerschiffen in Echtzeit auswertet.

Demnach fahren noch etwa 40 Containerschiffe täglich durch das Rote Meer, im vergangenen Jahr waren es durchschnittlich deutlich über 100 Schiffe. Die aktuelle Schiffsmenge liegt nahe am Tiefpunkt von Mitte Jänner, zwischenzeitlich hatte sie sich auf rund 50 Schiffe erholt. "Damit ist der Einbruch des Schiffsverkehrs im Roten Meer seit den Angriffen der Huthi-Rebellen offenbar noch nicht gestoppt."

Statt durch das Rote Meer fahren deshalb viele Schiffe nun um Afrika und das Kap der Guten Hoffnung herum. Die Folgen für die Häfen der Nordsee hätten sich aber abgemildert. Im Dezember und Jänner legten dem IfW zufolge rund 25 Prozent weniger Schiffe in Hamburg, Bremerhaven, aber auch in den für Deutschland wichtigen Häfen Rotterdam und Antwerpen an. Im Februar habe sich die Lücke auf rund 15 Prozent geschlossen, Bremerhaven liege sogar zwei Prozent im Plus.

Zudem stabilisieren sich die Frachtraten für den Transport eines Standardcontainers von China nach Nordeuropa, dessen Weg bisher üblicherweise durch den Suezkanal führte. Sie hätten ihren Höhepunkt von knapp 6.000 Dollar pro Standardcontainer von Mitte Jänner hinter sich gelassen, hieß es. Seitdem sinke der Spotpreis stetig und liege aktuell bei rund 4.500 Dollar (rund 4.100 Euro).

"Auch wenn die gesamtwirtschaftlichen Folgen überschaubar sind: Die abermalige Unterbrechung gewohnter Handelsrouten im Nadelöhr des Roten Meeres trifft auf eine sensibilisierte Stimmung für geoökonomische Risiken und Abhängigkeiten", sagte Julian Hinz, Forschungsdirektor und Leiter des Kiel Trade Indicators am IfW Kiel. Deutschland und Europa seien wirtschaftlich so wohlhabend, gerade weil sie als offene Volkswirtschaften vom Handel lebten. "Es muss also um Diversifizierung gehen, nicht um ein Abkapseln." Deshalb müsse man sich breiter aufstellen bei Lieferketten und Handelspartnern, um Abhängigkeiten von einzelnen Zulieferern, Ländern, aber auch Handelsrouten zu reduzieren.

Update: So lange dauert es von Asien bis in europäische Häfen

Die Umleitung von Containern hat zu einer durchschnittlichen Verlängerung der Gesamttransitzeit von Asien zu den wichtigsten Häfen um etwa zehn Tage geführt, rechnet Project44 vor. Demnach können sich die Transitzeiten weiter erhöhen, insbesondere aufgrund möglicher Anpassungen der Schiffsfahrpläne. Auf einigen Routen sind Verzögerungen von bis zu zwei Wochen anzunehmen. Die Lieferzeiten für Container, die in europäischen Häfen und an der Ostküste der USA ankommen, haben sich ebenfalls erhöht. In Rotterdam, Norfolk und Hamburg haben sich die durchschnittlichen Transitzeiten um etwa zehn Tage verlängert, während sie in Savannah und Antwerpen um etwa eine Woche gestiegen sind.

Die zusätzlichen Transitzeiten werden sich weltweit auf die Lagerbestände auswirken, da Unternehmen aufgrund der Unvorhersehbarkeit nicht proaktiv gegensteuern konnten. Somit ist mit ersten Unterbrechungen der Bestände zu rechnen. Vor allem Branchen wie die Automobilindustrie, die nach dem Just-in-Time (JIT)-Bestellmodell arbeiten, werden stärkere Auswirkungen spüren, da fehlende Bestände die Produktionslinien zum Stillstand bringen können.

Wie berichtet haben sowohl Tesla als auch Volvo angekündigt, dass sie ihre Montagelinien in Europa, insbesondere für ihre Elektrofahrzeuge, aufgrund der Lieferunterbrechungen aussetzen müssen. Auch Whirlpool hat angekündigt, dass es aufgrund der Verzögerungen zu Unterbrechungen auf dem europäischen Markt kommen könnte. Da über das Rote Meer und den Suezkanal ein so großer Teil des weltweiten Frachtverkehrs abgewickelt wird, sind alle Branchen anfällig für Lagerausfälle und Engpässe im Produktionsprozess.

Update: So wirkt sich das chinesische Neujahrsfest auf die aktuelle Situation aus

Erschwerend zu den Bestandsproblemen kommt hinzu, dass viele der Produktionsgiganten in Asien in weniger als zwei Wochen zur Feier des Neujahrsfestes die Produktion einstellen werden. Dies bedeutet eine Unterbrechung der Produktion und des Versands aus den Ländern, einschließlich China.

In China beginnen die Feierlichkeiten mit dem Frühlingsfest am 10. Februar und enden mit dem Laternenfest am 24. Februar. Nicht alle Länder feiern so lange, aber auf China entfallen fast 30 Prozent der weltweiten Produktion. Da diese Betriebsstilllegungen alljährlich stattfinden, werden sie von den Unternehmen in der Regel bei der Planung der Lagerbestände berücksichtigt, aber die ungeplanten Unterbrechungen der Schifffahrt aufgrund der Konflikte im Roten Meer werden zu erheblichen Störungen führen. Wenn die Verlader nicht in der Lage sind, ihre Waren vor dem chinesischen Neujahrsfest auszuliefern, wird diese Fracht erst gegen März verschifft, und die Lagerbestände werden noch weiter anwachsen.

Zusätzlich zu den Lieferengpässen wird der Anstieg der Containernachfrage vor dem Mondneujahrsfest zu Preissteigerungen führen.

© Project44

Um 68 Prozent weniger Schiffe im Suezkanal

In den Wochen vor Beginn der Angriffe auf Handelsschiffe nutzten durchschnittlich 15 Schiffe pro Tag den Kanal, in letzter Zeit ist diese Zahl um 68 Prozent auf durchschnittlich 4,7 Schiffe pro Tag gesunken. Obwohl das Volumen nach wie vor gering ist, verzeichneten die 33 Schiffe in der vergangenen Woche einen Anstieg des Verkehrs um 37,5 % im Vergleich zur Vorwoche.

Die Reedereien haben nicht angekündigt, dass sie die Lieferungen durch den Kanal wieder aufnehmen werden, sodass es scheint, dass dieser Anstieg eher mit einem höheren Volumen an Schiffen zusammenhängt, die in der letzten Woche nicht ins Visier genommen wurden, wahrscheinlich auf dem Weg nach Osten.

Mit Stand vom 23. Januar 2024 schätzt project44 die Zahl der Schiffe, die Afrika umfahren, auf insgesamt 343. Zwei weitere Schiffe verweilen an ihrem aktuellen Standort und warten die Entwicklung des Konflikts ab. Einige der umgeleiteten Schiffe haben ihre Geschwindigkeit erhöht, um die dadurch entstehenden Verzögerungen zu minimieren. Dies wiederum führt zu einem erhöhten Treibstoffverbrauch, was zu steigenden Preisen im Seetransportsektor führt.

Update vom 29.1.: Tesla muss wegen Blockade im Roten Meer Produktion zurückfahren

Der US-Elektroautohersteller Tesla hat am Montag seine Produktion im Werk Grünheide bei Berlin für rund zwei Wochen weitgehend gestoppt. Das bestätigte das Unternehmen. Grund ist nach Tesla-Angaben eine Lücke in der Lieferkette von Bauteilen als Folge der Angriffe von jemenitischen Huthi-Rebellen im Roten Meer auf Schiffe. Dadurch hätten sich die Transportwege verschoben.

"Aufgrund fehlender Bauteile sind wir daher im Zeitraum zwischen dem 29. Jänner und 11. Februar dazu gezwungen, die Fahrzeugfertigung in der Gigafactory Berlin-Brandenburg mit Ausnahme einiger weniger Teilbereiche ruhen zu lassen", hatte das Unternehmen mitgeteilt. Vom 12. Februar an werde die Produktion wieder voll aufgenommen.

Seit dem Ausbruch des Gaza-Kriegs zwischen Israel und der islamistischen Hamas greifen die Huthi-Rebellen im Jemen immer wieder Schiffe mit angeblich israelischer Verbindung im Roten Meer an. Der Suezkanal verbindet das Mittelmeer mit dem Roten Meer und bietet die kürzeste Verbindung auf dem Seeweg zwischen Asien und Europa. Große Reedereien meiden die wichtige Handelsroute wegen der Angriffe zunehmend.

Update vom 25.1.: Ökonomen rechnen mit geringem Inflationseffekt durch Spannungen im Roten Meer

Die angespannte Lage im Roten Meer wird laut Wirtschaftsforschern nur geringe Auswirkungen auf die Verbraucherpreise in Österreich haben. So seien zwar moderate Preisanstiege bei Gütern wie Elektronikzubehör oder Textilwaren, die über das Rote Meer nach Europa gelangen, zu erwarten. Insgesamt dürften sich die Konsequenzen für die Konsumentinnen und Konsumenten aber in Grenzen halten, so die Einschätzung von Ökonomen des Wifo und des IHS.

Beim Suezkanal im Roten Meer handelt es sich um die Hauptroute für den europäischen Güterimport aus asiatischen Ländern wie China oder Bangladesch. Für Frächter führen die regelmäßigen Angriffe der Huthi-Rebellen auf Transportschiffe aktuell zu Transportverzögerungen und höheren Kosten durch die notwendige Umfahrung der Seestrecke. Betroffen sind aus österreichischer bzw. europäischer Sicht vor allem elektronische Waren wie Monitore oder Bauteile für Handys sowie Konsumgüter wie Bekleidung.

Aus Sicht von Harald Oberhofer, Ökonom am Wirtschaftsforschungsinstitut Wifo, könnte es vor allem bei diesen Produktgruppen zu leichten Preissteigerungen kommen. "Jeder Kostenschock erzeugt potenziell inflationären Druck. Das werden wir jetzt auch sehen", erklärte der Wifo-Experte im Gespräch mit der APA. Denn die Frächter würden aufgrund der steigenden Kosten die Preise für ihre Vorleistungen erhöhen, was sich letztlich auf die Preise der Produkte umwälzen werde. Die Anstiege beim Warenwert vermutet Oberhofer allerdings nur im niedrigen einstelligen Prozentbereich.

Dämpfend wirkt laut dem Experten die gebremste Konjunkturstimmung. "Eine Sache, die dem (den Preissteigerungen, Anm.) entgegenwirkt, ist der Umstand, dass in Europa die aktuelle Konjunkturlage alles andere als rosig ist. Das bedeutet, dass die Nachfrage nach diesen Produkten relativ niedrig ist und daher der Preisanstieg geringer ausfällt." Leichte Transportverzögerungen seien daher für die Industrie großteils verkraftbar.

Entwarnung gibt auch der Inflationsexperte Sebastian Koch vom Institut für Höhere Studien (IHS). "Man muss erwarten, dass punktuell Preise nach oben gehen. (...) Es hat einen Effekt, der ist aber sehr klein", so Koch. Zu bedenken gab er, dass sich die aktuelle Lage im Gegensatz zur Situation während der Coronapandemie, als neben Lieferketten die Produktion beeinträchtigt war, anders gestalte. Hier handle es sich um eine "reines Transportproblem", mit dem die Wirtschaft aufgrund der Erfahrungen in der Coronakrise besser zurechtkomme.

Einen Halbleiterengpass wie während der Pandemie erwartet Koch nicht, da diese mittlerweile vor allem per Luftfracht transportiert würden. Ebenso rechne er mit kaum Auswirkungen auf den Ölmarkt, denn die Effekte der geopolitischen Spannungen seien "mittlerweile längst eingepreist". Förderkürzungen des Ölkartells OPEC hätten da beispielsweise einen wesentlich größeren Einfluss, zog er einen Vergleich.

Update vom 22.1.: Das ist die aktuelle Situation im Roten Meer

Letzte Woche traf eine Huthi-Rakete einen Frachter unter maltesischer Flagge im Toten Meer. Es sei Sachschaden entstanden, aber niemand verletzt worden. Zuvor haben US-Streitkräfte erneut eine Stellung der vom Iran unterstützten Huthi-Miliz im Jemen angegriffen.

Der Kommunikationsdirektor des Nationalen Sicherheitsrates, John Kirby beschwichtigt während dessen die Auswirkungen auf Frachtschiffe: Er betont, dass viele der Huthi-Raketen bisher abgefangen worden seien oder ihre Ziele verfehlt hätten. Und selbst wenn ein Containerschiff getroffen werde, hielten sich die Schäden angesichts der immensen Größe dieser Frachter und angesichts der kleinen Crews an Bord meist in Grenzen.

Drei große japanische Reedereien sind die Fahrten durch das Rote Meer allerdings zu heikel und setzen sie aus. Damit solle die Sicherheit der Besatzungen gewährleistet werden, sagte ein Sprecher des Unternehmens Nippon Yusen, auch bekannt als NYK Line. Eine Sprecherin von Mitsui OSK Lines sagte, vom Unternehmen betriebene Schiffe, die demnächst ins Rote Meer fahren sollten, würden angehalten, nicht in den Golf von Aden südlich des Roten Meeres einzufahren. Auch das Unternehmen Kawasaki Kisen Kaisha hat nach Angaben eines Sprechers die Einfahrt ins Rote Meer ausgesetzt, derzeit sei jedoch kein Schiff in der Nähe des Gewässers.

Update: Maersk fährt "unter Radar"

Die dänische Reederei Maersk schickt unterdessen zwei Containerschiffe mit Waren unter anderem für das US-Militär durch das Rote Meer. Die unter US-Flagge fahrende Maersk Sentosa und Maersk Kensington fuhren vom Oman aus durch die Meeresenge Bab al-Mandab und von dort aus weiter nach Norden durch das Rote Meer, wie aus Schiffsdaten von LSEG hervorgeht. Ihr Ortungssystem AIS war demnach abgeschaltet, um unerkannt zu bleiben. Die Container-Frachter gehören laut dem dänischen Konzern der US-Tochter Maersk Line Limited, die Güter für US-Regierungseinrichtungen verschifft.

Maersk und andere Reeder vermeiden die Meeresenge Bab al-Mandab überwiegend, nachdem Huthi-Rebellen aus dem Jemen wiederholt Schiffe in dem Seegebiet angegriffen haben. Maersk erklärt, das Risiko für die wenigen Schiffe der US-Tochter, die auf der Route fahren, werde durch die Präsenz der US-Marine verringert.

Gleichzeitig warnte Maersk-Chef Vincent Clerc am Weltwirtschaftsforum in Davos vor monatelangen Behinderungen des Schiffsverkehrs. Die nötigen Umwege würden zu einer Unterbrechung der Lieferketten führen, die einige Monate andauern könnte. "Hoffentlich kürzer, aber es könnte auch länger dauern, weil es so unvorhersehbar ist, wie sich diese Situation tatsächlich entwickelt."

Fast 20 Prozent des Welthandels würden über die Meerenge von Bab al-Mandab abgewickelt. "Sie ist eine der wichtigsten Verkehrsadern des Welthandels und der globalen Lieferketten und derzeit verstopft", sagte Clerc. Bankmanager befürchten, dass die Krise einen Inflationsdruck erzeugen könnte, der letztendlich Zinssenkungen verzögern oder rückgängig machen könnte.

"Die wirtschaftlichen Auswirkungen werden sichtbar"

"Erste Lager laufen leer, Produktionsbeeinträchtigungen deutscher Unternehmen werden sichtbar", warnt der Außenwirtschaftschef der Deutschen Industrie- und Handelskammer (DIHK), Volker Treier. Das deutsche Wirtschaftsministerium hält die Folgen noch für begrenzt, beobachtet die Entwicklung aber mit großer Sorge. "Es gibt Einzelfälle, aber es kommt nach unseren Beobachtungen nicht zu gravierenden Auswirkungen", sagt ein Sprecher. Wegen der Verlagerung von Routen der Handelsschiffe verlängerten sich zwar Lieferzeiten. Die Auswirkungen auf den Welthandel seien aktuell überschaubar. "Wir beobachten die Lage aber weiter sehr genau und nehmen das Thema sehr ernst", fügte er hinzu. Der Chef der Bank of England, Andrew Bailey, stimmt dem zu. Die Anschläge hätten "nicht die Auswirkungen gehabt, die ich befürchtet hatte", sagt der Zentralbankchef. Allerdings bleibe die Unsicherheit bestehen.

Der Seeweg von Asien nach Europa verlängert sich durch das Meiden des Suezkanals und das Ausweichen auf die Strecke um das Kap der guten Hoffnung um etwa zehn Tage. Die Frachtraten für diese Route sind bereits auf das Vierfache gestiegen. Die Versicherungsprämien für Schiffe, die weiterhin das Rote Meer durchfahren, zogen noch kräftiger an. "Es droht allerdings kaum ein neuerlicher Inflationsschub, da die Transportkosten nur einen sehr geringen Teil der Produktkosten ausmachen", betonen die Commerzbank-Analysten Bernd Weidensteiner und Christoph Balz in einer Analyse. "Schließlich würden sie sonst nicht um den halben Erdball bewegt."

Die Huthi-Rebellen im Jemen haben eine Reihe von Angriffen auf Containerschiffe in der Straße von Bab al-Mandeb durchgeführt, wobei Raketen und Drohnen zum Einsatz kamen. Zu den betroffenen Schiffen zählen das Hapag-Lloyd-Schiff Al-Jasrah, das MSC-Schiff MSC Palatium III, die M/V Swan Atlantic, die MSC United VIII und die Maersk Hangzhou von Inventor Chemical Tankers. Der jüngste dieser Angriffe ereignete sich am 31. Dezember 2023. Zuvor, am 14. Dezember, entging das Maersk-Schiff Gibraltar nur knapp einem Raketenangriff. Als Reaktion auf diese Vorfälle haben bedeutende Reedereien wie Hapag-Lloyd, MSC, Evergreen und CMA CGM ihren Betrieb im Roten Meer vorübergehend eingestellt. Maersk hatte den Schiffsverkehr durch das Rote Meer zwar wieder aufgenommen, kündigte aber nach dem jüngsten Angriff eine erneute Betriebsunterbrechung an. Auch das Mineralöl- und Energieunternehmen BP hat seine Aktivitäten im Roten Meer gestoppt.

Am 18. Dezember wurde von einer Koalition, bestehend aus den Vereinigten Staaten, dem Vereinigten Königreich, Bahrain, Kanada, Frankreich, Italien, den Niederlanden, Norwegen, Spanien und den Seychellen, die Operation "Prosperity Guardian" ins Leben gerufen. Diese Initiative zielt darauf ab, die Sicherheit für Handelsschiffe in der Region zu erhöhen, Angriffe zu verhindern und den Welthandel zu schützen. Nach einem Hilferuf der Maersk Hangzhou wurden drei Schiffe der Huthi von US-Streitkräften versenkt. Daraufhin entsandte der Iran, ein Verbündeter der Huthi, ein Kriegsschiff in die Region, was die Spannungen weiter verschärft.

Eine Karte der vom Konflikt im Roten Meer betroffenen Containerschiffe von project44 gibt eine Übersicht über alle 207 betroffenen Schiffe.

- © project44

Das sind die Alternativen für Reedereien

Die andauernden Konflikte haben weitreichende Auswirkungen auf den Schiffsverkehr. Reedereien stehen vor der Wahl, das erhöhte Risiko zu akzeptieren, Afrika zu umfahren oder auf eine sichere Passage zu warten. Laut project44 haben bis zum 3. Januar 2024 insgesamt 181 Schiffe Afrika umfahren, was die Transitzeiten um 7 bis 20 Tage verlängert. Einige Schiffe haben ihre Geschwindigkeit erhöht, um die Verzögerungen zu minimieren, was jedoch zu einem gesteigerten Treibstoffverbrauch und folglich zu höheren Preisen im Seetransportsektor führt.

26 Schiffe verweilen derzeit in ihren aktuellen Positionen und beobachten die Entwicklung des Konflikts. Obwohl die Operation Prosperity Guardian initiiert wurde, meiden diese Schiffe weiterhin die Durchfahrt durch das Rote Meer. Dies deutet darauf hin, dass die Verlader die Sicherheit der Region weiterhin in Frage stellen. project44 berichtet, dass einige Schiffe, die zunächst umgeleitet wurden, in die Meerenge zurückkehren, darunter vor allem Schiffe der Reederei Maersk. Es wird jedoch erwartet, dass diese Schiffe nach den jüngsten Angriffen erneut umkehren werden.

Die Gesamtauswirkungen des Konflikts haben sich seit dem 21. Dezember vergrößert. Das Kap der Guten Hoffnung verzeichnet einen stärkeren und konstanteren Schiffsverkehr. Viele Schiffe, die zunächst auf eine Verbesserung der Situation warteten, umfahren nun das Kap, während einige weiterhin an Ort und Stelle bleiben.

Trotz der erhöhten Risiken fahren einige Schiffe weiterhin nach Plan. In der Woche vom 17. bis 24. Dezember passierten insgesamt 66 Schiffe den Kanal, während in der darauffolgenden Woche nur 33 Schiffe den Kanal durchquerten, was einem Rückgang des täglichen Schiffsverkehrs um 55 Prozent entspricht.

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Historischer Handel durch den Suezkanal

Der Suezkanal, der im Jahr 1869 eröffnet wurde, spielt eine wichtige Rolle im globalen Handel, indem er eine schnellere Verbindung zwischen dem Nordatlantik, dem Mittelmeer, dem Roten Meer und dem Indischen Ozean bietet. Unterbrechungen des Schiffsverkehrs im Suezkanal können daher weitreichende Auswirkungen auf den internationalen Handel haben. Reedereien, die den Kanal nutzen, müssen sich auf erhebliche Verzögerungen einstellen. Der Handel zwischen Asien und Europa/dem Mittelmeer ist am stärksten betroffen und macht vier von fünf der wichtigsten Verkehrswege aus, gefolgt vom Handel zwischen Nordamerika und Asien.

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Der Handel zwischen Nordamerika (insbesondere der Ostküste) und Asien könnte angesichts der anhaltenden Trockenheitsprobleme am Panamakanal stärker betroffen sein, da dies die effizienteste Umleitungsmöglichkeit ist. Auch wenn die aufgelisteten Fahrtrouten das größte Volumen an Fahrten durch den Kanal ausmachen, gibt es mehr als 33 weitere Handelsrouten, die den Kanal regelmäßig nutzen und ebenfalls von dem Konflikt betroffen sind.

Dabei erwartet project44 drei konkrete Auswirkungen der Anschläge: Verlängerte Transitzeiten, Unterbrechungen der globalen Ölversorgung und Probleme mit Lagerbeständen.

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Erhöhte Transitzeiten

Bisher habe es laut project44 noch keine Verlängerung der Transitzeiten gegeben. Dies lässt vermuten, dass die umgeleiteten Container, welche die Transitzeit um voraussichtlich sieben bis 20 Tage verlängern könnten, noch nicht ihren Bestimmungsort erreicht haben. Sobald diese betroffenen Container in den kommenden Wochen in den Zielhäfen eintreffen und dort abgefertigt werden, wird diese Zahl deutlich ansteigen.

Auch wenn die Auswirkungen auf die Transitzeiten noch nicht sichtbar sind, zeigen die Fahrplanänderungen der Spediteure die erwarteten Verzögerungen. Besonders stark von Verzögerungen betroffen ist bislang die Route von Südostasien nach Europa. Die Verspätungen sind zwischen der Woche vom 17. bis 23. Dezember und der Woche vom 24. bis 31. Dezember um 105 Prozent angestiegen. Es wird erwartet, dass Schiffe auf dieser Strecke im Durchschnitt beinahe 8 Tage später als geplant ankommen. Für die Route von China nach Europa wird eine Verzögerung von 4 Tagen prognostiziert, während auf der Strecke von Südostasien zur US-Ostküste mit einer Verspätung von 2,5 Tagen gerechnet wird. Es besteht die Möglichkeit, dass diese Zahlen weiter zunehmen, da die Reedereien fortlaufend ihre Schiffsfahrpläne aktualisieren.

Unterbrechungen der Ölversorgung

Durch den Suezkanal erfolgt der Transport verschiedenster Güter. Daher werden sich die Auswirkungen nicht auf einen spezifischen Sektor beschränken. Das bedeutendste Gut aus dieser Region ist jedoch Öl. Im Jahr 2022 belief sich der tägliche Export von Öl aus dem Nahen Osten auf 15,4 Millionen Fässer. Bei fortgesetzten Konflikten ist mit erheblichen Beeinträchtigungen in der Ölversorgung zu rechnen. Das Unternehmen BP etwa hat einen Stopp aller Öltransporte im Roten Meer angekündigt. Dies führt zu einem starken Anstieg der Öl- und Gaspreise.

Nachgelagerte Bestandsprobleme

Eine weitere potenzielle Folge könnte ein Mangel an verfügbaren Artikeln sein. Die zusätzliche Vorlaufzeit, die diese Lieferungen aufgrund der unvorhersehbaren Ereignisse benötigen werden, war bei der Planung der Bestände durch Einzelhändler nicht berücksichtigt. Nach der Hochsaison über die Feiertage besteht die Möglichkeit, dass die Lagerbestände erschöpft sind. Dies werde laut project44 wohl ab Februar spürbar werden.