Interview : Warum entwickeln Sie eine Logistikimmobilie im Osten des Flughafens, Herr Vogt?
dispo: Herr Vogt, Sie entwickeln in Enzersdorf an der Fischa den Industrial Campus Vienna East. Warum gerade dort?
Christian Vogt: Weil wir davon überzeugt sind, dass man hier, im Osten des Flughafens Schwechat, drei Länder wunderbar miteinander verbinden kann: Österreich, die Slowakei und Ungarn. Auch die Tschechische Republik ist gut erreichbar, es ist fast ein Vierländereck. Für Unternehmen, die in Österreich umschlagen oder lagern und dabei auch den Osten Europas im Blick haben, ist der Standort ideal.
Warum gibt es in dieser Gegend noch vergleichsweise wenige Logistikzentren?
Vogt: Vielleicht, weil der Fall der Grenzen im Grunde noch nicht so lange her ist – in manchen Köpfen existieren sie ja immer noch. Und damit hat sich hier auch das hochrangige Straßennetz später entwickelt. Die Autobahnen in Richtung Süden und Westen gibt es sehr lange, und vor allem im Süden von Wien entstanden mächtige Logistikzentren. Den Osten hatte man dagegen ein bisschen vergessen.
Natürlich hatten wir auch das Glück, dass das Gebiet, das wir in Enzersdorf gekauft haben, als Industrie- und Betriebsbaugrund gewidmet war. Vor 25 Jahren hatte ein japanisches Unternehmen die Idee, dort eine Spinnerei zu errichten. Die wurde zwar nur ein Jahr lang betrieben, aber damit gab es die Widmung. Und wir machen daraus nun einen modernen Logistik-Campus.
Das grüne Licht für die dritte Piste des Flughafens bestätigt diesen Kurs?
Vogt: Natürlich, der Flughafen ist ja der Motor dieser Region. Und im Gefolge dieser Entscheidung wird sich hier demnächst sehr viel tun, davon bin ich überzeugt. Mit dem Bau selbst wird es vielleicht noch zehn Jahre dauern, aber schon jetzt werden sich Unternehmen Gedanken machen und in der Umgebung nach Grund suchen.
Gibt es den noch?
Vogt: Ja, vor allem im Osten Österreichs gibt es noch eine ganze Menge an Flächen, von denen aus man sich auch in Richtung Wien orientieren kann. Die notwendigen Umgehungsstraßen werden ja vor der dritten Piste selbst gebaut, und dann ist man noch schneller in Wien.
Die DLH entwickelt große Projekte wie das aktuelle. Wenn man sich die Entwicklung der Citylogistik ansieht: Wie interessant sind denn kleinere Einheiten für Sie?
Vogt: Gerade Wien ist ja ein schönes Modell für uns: Außerhalb seiner Außengrenzen gibt es Einrichtungen wie unseren Campus, von denen aus die Region und auch die Stadt versorgt werden können. Und innerhalb davon ein Gebiet, in dem man sich mittelgroße Hubs vorstellen kann, die aus den größeren versorgt werden und von wo aus in die Stadt distribuiert wird. Den innersten Kreis bildet die Citylogistik. Deren Weiterentwicklung ist für uns angesichts der Kosten allerdings kein Thema. Dort können Entwickler wie wir nicht wirtschaftlich arbeiten.
Und wer soll es dann tun?
Vogt: Ich habe den Eindruck, dass sich vor allem die KEP-Dienste hier neu organisieren werden. In Berlin zum Beispiel haben verschiedene Dienstleister eine gemeinsame Fläche angemietet, auf der ihre Container stehen – natürlich mit den jeweils eigenen Brands. Ich denke, es wird immer stärker in Richtung eines Sharing-Modells gehen.
Was aber an den Kosten für Logistikflächen noch nichts ändert.
Vogt: Als Marktteilnehmer kann man Märkte ja auch immer mitbeeinflussen. Es ist doch so: Sowohl Unternehmen als auch Kommunen können die Preise selbst bestimmen. Die Kommunen müssen sich aber zuerst die Frage stellen: Wie wichtig ist uns, dass auf einer Fläche zukunftsorientiert im Sinne der Kommune entwickelt wird? Und dann müssen sie wettbewerbsfähige Grundpreise anbieten. Geschieht das nicht, ist es für die Entwickler uninteressant.
Ich denke übrigens, dass die Stadt Wien insofern richtig handelt, als sie bestimmte Grundflächen vor allem im Norden für Gewerbe- und Logistikimmobilien widmet. Wien hat in den letzten Jahrzehnten schließlich schon genug Industrie verloren. Der Preis wird sich schon einpendeln. Ich halte jedenfalls nichts von Regelungen, ich bin ein Freund der freien Marktwirtschaft.
Sind Sie als Immobilien-Entwickler eigentlich vom angeblich so schlechten Image der Logistik betroffen?
Vogt: Ich denke, darüber wird mehr geredet als es wirklich der Fall ist. Mir fällt eigentlich nicht auf, dass man besonders angefeindet wird. Ich glaube, gerade die Jungen wissen heute sehr genau, was Logistik wert ist. Sie wissen, dass eine bestimmte „Hardware“ notwendig ist, damit sie das, was ihr Leben ausmacht, leben können.
Wie war das beim Industrial Campus?
Vogt: Wir haben intensiv informiert und kommuniziert. Gegenüber den Bürgern und den Behörden von Enzersdorf und allen umliegenden Gemeinden. Wir haben auch Gutachten in Auftrag gegeben, etwa hinsichtlich Verkehrsbelastung oder Straßenbelastbarkeit. Und wenn der Wunsch nach Gesprächen entstanden ist, habe ich sie geführt. Das ist nicht immer angenehm, aber da muss man eben durch. Übrigens waren oft genau jene Gespräche am spannendsten und konstruktivsten, die mir als besonders unangenehm avisiert wurden.