Logistik-Immobilien : Warum Garbe nach Österreich kommt
dispo: Herr Hempel, warum interessiert sich ein deutscher Entwickler für den relativ kleinen österreichischen Markt?
Jan Dietrich Hempel: Als klein würde ich diesen Markt nicht bezeichnen. Kleiner als Deutschland, klar, aber damit nicht uninteressant. In Österreich liegen einige logistische Knotenpunkte, die weit über das Land hinaus wirken, bis hin zu den Häfen des Mittelmeeres. Das sollte man nicht unterschätzen.
Ist Steyr für Sie eine Art Versuchsballon?
Hempel: Nein, die Garbe Industrial Real Estate ist kein Hit-and-Run-Entwickler. Einen neuen Markt zu betreten, erfordert ja auch einen erheblichen Know-how-Aufbau. Wir wollen in Österreich dauerhaften Bestand für unsere Fonds aufbauen. Steyr ist für uns ein strategischer Schritt.
Auch ein notwendiger Schritt?
Hempel: In gewissem Sinne ja. Wir arbeiten ausschließlich für institutionelle Investoren. Und die sind traditionell vergleichsweise konservativ, erwarten also solide Strategien und solide Prognosen. Staaten wie Österreich oder etwa auch die Niederlande sind unter anderem in unseren Fokus gerückt, weil unsere Kunden aus Gründen der Diversifizierung auch paneuropäische Produkte von uns sehen wollen. Wir hatten diesen Schritt ohnehin vor, wurden von unseren Kunden aber auch ein Stück weit dahin geschoben. Und wenn man ein paneuropäisches Produkt anbieten will, dann gehört Österreich einfach auf die Landkarte, vor allem aufgrund seiner Drehscheibenfunktion.
Eine Funktion, die Österreich aber etwa im Bereich der Konzernzentralen deutlich eingebüßt hat.
Hempel: Das ist für uns aber eher zweitrangig. Es gibt in Österreich ganz einfach industrielle Kerne, und die werden auch nicht über Nacht verschwinden. Steyr ist hier das beste Beispiel. Und die großen Ballungsräume werden auch weiterhin Bedarf vor allem an produktionslogistischen Einrichtungen haben. Und wie gesagt: Auch die Verbindung zu den Häfen ist stark. Wenn Sie sich die Eisenbahnknotenpunkte mit ihren ganz erheblichen logistischen Ansiedlungen ansehen – siehe Graz – dann besteht daran wohl kein Zweifel.
Wie groß sind denn in Ihren Augen die Unterschiede zu Deutschland?
Hempel: Sie sind nicht dramatisch, es gibt aber eine Vielzahl kleiner Regelungen und Abläufe, die im Detail doch anders sind. Sie wissen ja: Am gefährlichsten sind immer jene Märkte, in denen die Dinge vermeintlich ganz gleich ablaufen. Auf die muss man sich besonders gut vorbereiten.
Ein Unterschied besteht natürlich in der Größe der Objekte. Wie in Deutschland gibt es auch in Österreich einen Trend zu größeren Logistikflächen, vor allem in der industriellen und der Handelslogistik. Nur sprechen wir statt von 50.000 m2 oder sogar 100.000 m2 eher von 25.000 m2, doch diese Größenordnung ist sehr spannend, das ist ja kein Kleinkram.
Einer der interessantesten Aspekte dieses Markts ist aber, dass seine Struktur eine andere ist. Viele Unternehmen sind noch Eigentümer ihrer logistischen Anlagen, wohl auch aus ihrer Historie bedingt. Und das begreifen wir als eine Chance: In vielen anderen Ländern dominieren Asset-light-Strategien, die Unternehmen holen sich für solche Objekte einen Investor und mieten möglichst flexibel. Da sehe ich in Österreich durchaus noch Potenzial.
Ist diese Zögerlichkeit gegenüber Asset light auch ein konservatives Element?
Hempel: Das mag sein, aber irgendwann fängt jeder an nachzurechnen. In einer Welt, in der sich Warenströme, Handelswege und industrielle Fertigung immer schneller verändern, ist es ganz einfach sinnvoll, die Infrastruktur flexibler zu gestalten. Eigentum ist ja kein Wert an sich. Wichtig ist nur, sich Zugriff auf Ressourcen zu sichern.
An der Einstellung zur Miete von Logistikimmobilien scheint sich ja einiges zu verändern …
Hempel: Das hoffen wir zumindest.
… aber ebenso an Struktur, Standorten und Preisen. Wie sehen Sie diese Entwicklungen?
Hempel: Die stärksten Veränderungen stehen natürlich im Bereich der Konsumgüterdistribution an. Die immer aggressiveren Lieferversprechen der E-Commercer führen offensichtlich zur Entwicklung, dass in den Agglomerationen mehr Umschlag, aber vermehrt auch Lagerung geschieht. Das ist schon zu spüren, die Nachfrage nach City-nahen und innerstädtischen Lagen steigt. Ich bin beispielsweise wirklich gespannt, wie Ihr Landsmann René Benko im Zuge der Fusion von Karstadt und Galeria Kaufhof vorgehen wird. Meine Fantasie lässt ja zu, dass nicht alle Standorte in der gleichen Intensität weitergeführt werden. Sollten hier Flächen frei werden, sind die sicherlich in ihrer Struktur und Ausstattung für Pick & Pack und Zustelloperationen geeignet.
Parallel zu diesem Trend in Richtung Metropollogistik steht die Logistik unter dem Druck immer schwieriger werdender Flächenwidmung. Zudem werden die verfügbaren Grundstücke teurer, zum Teil massiv teurer. Und manchmal wird Logistik einfach nicht mehr genehmigt. Daher weicht sie an Standorte aus, die in der Vergangenheit nicht als Top-Logistikstandorte galten.
Können Sie die steigenden Preise weitergeben?
Hempel: Es gibt Verzögerungseffekte. Lange Jahre sind Logistik-Mieten nicht gestiegen, doch jetzt beobachten wir zum ersten Mal einen Anstieg infolge der Flächenknappheit. Vor allem in den Großstädten werden nun auch höhere Mieten bezahlt. Die Logistik war ja generell nie sehr gut darin, sich zu den Auftraggebern umzudrehen und zu sagen: „Ihr seht ja, was los ist, wir brauchen mehr Geld.“ Logistik war oft die Mitte vom Sandwich, deren Marge immer dünner wurde. Da sehe ich nun durchaus Schritte in die richtige Richtung.
Das Problem der Widmungen wird aber wohl eher bestehen bleiben?
Hempel: Ja, hier wird es zu weiterer Verknappung kommen. Das ist auch einer der Gründe, warum wir bei Garbe Industrial Real Estate den Bereich der Produktions- und der Gewerbeimmobilien stärker in den Fokus rücken und auch spezielle Fonds aufgelegt haben.
Immer interessanter wird in meinen Augen daher das Entwickeln von kombinierten Standorten, also Logistik plus Gewerbe. Wenn man einfach nur Logistik stapelt, steigt ja auch die Frequenz auf dem Grundstück proportional. Das passiert bei kombinierten Standorten nicht, da Gewerbe meist keine so hohe Frequenz an Zu- und Ablieferung benötigt. Zumindest in den innerstädtischen Bereichen werden jedenfalls immer weniger Flächen nur für logistische Zwecke zur Verfügung stehen. Ich halte die Kombination von Logistik und Gewerbe für äußerst zukunftsträchtig, ebenso – bis zu einer gewissen Grenze – das Stapeln von Logistik. Ich gebe aber zu, dass man die optimale Form dafür noch nicht gefunden hat. Es gibt natürlich einige Beispiele aus asiatischen Staaten – aber die führen teilweise zu Arbeitsbedingungen, die man in Europa sicherlich nicht haben möchte.