Digitalisierung : Was hat der Chatbot in der Logistik zu suchen?

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Chatbots werden von Unternehmen mehr und mehr eingesetzt. Besonders im E-Commerce kommen sie häufig zur Anwendung – doch auch für Logistikbetriebe bergen sie großes Potential auf mehreren Ebenen. Mit dem vermehrten Einsatz und durch die sich immer weiter entwickelnden Fähigkeiten der Bots steigt auch die Akzeptanz ihnen gegenüber. Sicherlich wissen viele Menschen, die Alexa und Siri benutzen, gar nicht, dass auch diese freundlichen Helfer im Grunde Chatbots sind.

Eine kürzlich veröffentlichte Studie der Hochschule für Technik und Wirtschaft in Berlin untersuchte den Einsatz von Chatbots unter börsennotierten deutschen Unternehmen. Demnach setzen von den insgesamt 80 Konzernen im DAX und MDAX 15 Prozent auf Chatbots in der Kundenkommunikation. Obwohl die Studienautoren keinen direkten Zusammenhang zwischen dem Einsatz und der jeweiligen Branche sehen, wird doch ersichtlich, dass in der Branche Maschinenbau, Verkehr und Logistik die meisten Chatbots eingesetzt werden.

Die bei großen deutschen Unternehmen eingesetzten Software-Lösungen wurden auch hinsichtlich ihrer Qualität unter die Lupe genommen. Kunden erwarten sich demnach von ihrer Kommunikation mit den Bots Flexibilität, Schnelligkeit, permanente Verfügbarkeit und Personalisierung. Die ersten drei Punkte werden von allen eingesetzten Dialogsystemen relativ gut erfüllt – die Telekom führt hier das Ranking mit 69,4 Prozent an, der Onlinehändler Zalando liegt mit 66,7 Prozent nicht weit dahinter; doch mit der Personalisierung scheint es noch nicht so gut zu klappen. Die Dialoge werden bis auf die Begrüßung als sehr standardisiert eingestuft. Dialogsteuernde Vorschlagselemente helfen, doch trotzdem geben Bots manchmal noch falsche Antworten. Wenn dann der Nutzer nicht einmal auf einen Neustart des Chats zurückgreifen kann, ist die Customer Experience wirklich nicht mehr die beste.

Bei Zalando kreischt es noch textbasiert

Solche negativen Kundenerfahrungen können für ein Unternehmen sehr gefährlich sein, denn sieht der Kunde keinen unmittelbaren Mehrwert für sich selbst in seiner Interaktion mit einer Maschine anstelle eines Menschen, sinkt die Akzeptanz erheblich. Dass der Betrieb sich durch den Einsatz vielleicht einiges an Geld spart, muss den Kunden natürlich nicht interessieren. Und kehren die verärgerten Kunden nicht wieder, kann der schlecht programmierte Chatbot mehr Geld kosten denn einsparen. Um genau das zu verhindern, empfiehlt die Berliner Studie unter anderem die Implementierung von Personalisierungsoptionen.

Beleuchtet man Chatbots speziell bei Logistikunternehmen, ist auch hier eines der beiden großen Einsatzfelder die Interaktion mit Kunden. Hier unterscheidet sich der Einsatz nicht wirklich von anderen Industrien, meint das amerikanische Softwareunternehmen Jasoren, das auch Chatbots entwickelt. Die Bots übernehmen den Kundenkontakt hinsichtlich Buchungen, Tracking und mit der Lieferung verbundenen Fragen.

Chatbots bei UPS und im Supply Chain Management

Ein praktisches Beispiel ist der stimmbasierte Chatbot von UPS, der über die Lautsprecher von Google Home mit den Kunden sprechen kann. Sie können den Bot etwa fragen, wann eine Lieferung ankommen wird. Dafür müssen sie nicht einmal die Sendungsnummer angeben, der Bot hat die Kundeninformationen gespeichert.

Wenn es um den Kundenkontakt geht, übernehmen die Dialogsysteme, ob text- oder sprachbasiert, ob in der Logistik, im E-Commerce oder anderen Industrien, also vor allem die eher anspruchslosen Aufgaben, für die traditionell das Service Center, die erste Anlaufstelle bei einem Dienstleister, zuständig ist.

Doch es muss nicht unbedingt der Kunde sein, der mit dem Chatbot interagiert – immer mehr Logistiker nutzen die Technologie für ihr Supply Chain Management, etwa im Lager oder Flottenmanagement. „Supply Chain Chatbots können eine ganze Bandbreite an Aufgaben übernehmen“, heißt es vom indischen Softwareentwickler Botcore.

Hat der Chatbot in einem Unternehmen etwa Zugriff auf alle gespeicherten Informationen, kann er schnell und zuverlässig Verbindungen herstellen und Mitarbeitern rasche Antworten liefern, ohne dass diese erst aufwändige Recherche für eine einfach Frage aufwenden müssen. Ein Logistikbetrieb hat in der Regel mit großen Datenmengen verschiedener Quellen zu tun, wie Kundenbestellungen, Lager-, Flotten- und Mitarbeiterinformationen. Ein richtig programmierter Chatbot kann hier schnell beantworten, wie viele Bestellungen noch offen, wie viele Transporter gerade unterwegs, oder wie viele Arbeiter heute eingeteilt sind. Das alles sind Fragen, die für den optimalen Fluss im Betrieb von hoher Bedeutung und mit dem richtigen Management auch nicht schwer zu beantworten sind – nur dass mit der Hilfe eines Chatbots die Antwort noch schneller gefunden wird, ohne überhaupt im System etwas anklicken zu müssen.

Reden wir über Sicherheit

Ist der Bot sprachbasiert, wird der Frage-Antwort-Prozess sogar noch einmal leichter. Diese Möglichkeit hat nichts mit Faulheit zu tun, sondern kann in einigen Bereichen in der Logistik von großer Wichtigkeit sein und sogar zur Sicherheit beitragen.

https://youtu.be/TL1XjHTBLKI

Wenn beispielsweise ein Gabelstaplerfahrer ein bestimmtes Paket sucht und den Chatbot nach dem genauen Regal im Lager fragt, kann er das bei einem System mit Voice Recognition auch, ohne die Hände vom Lenkrad und die Augen von der Fahrbahn zu nehmen. Das gleiche gilt für Lkw-Fahrer, die Updates zu ihrer Route erhalten wollen. Der Unterschied zu einem herkömmlichen GPS-System ist, dass der Bot nicht nur hörbar antwortet, sondern auch sprachbasiert angesprochen werden kann.

Bei all diesen Möglichkeiten scheint es unmöglich, dass ein Unternehmen nicht vom Einsatz eines Chatbots profitieren kann. Tatsächlich ist die Geldersparnis laut Jasoren das erste, was sich Menschen von der Technologie erwarten. Und einer Studie des Marktforschungsunternehmens Juniper Research zufolge werden bis spätestens 2022 weltweit über acht Milliarden Dollar an Betriebskosten durch Chatbots eingespart werden. Das ist in erster Linie darauf zurückzuführen, dass viele Mitarbeiter ersetzt und in anderen Bereichen eingesetzt werden können. Aber auch die permanente Erreichbarkeit für Kunden kann sich – sofern die Kunden mit der Kommunikationsart zufrieden sind – positiv auf die Finanzen auswirken.

„Groß denken, aber klein anfangen“

Doch nicht immer geht der Umstieg auf die nicht-menschliche Kommunikationsschiene gut aus. Das Projekt Tay von Microsoft etwa musste bereits nach wenigen Stunden von Twitter genommen werden, da die künstliche Intelligenz des Bots sehr schnell sehr angriffige Aussagen machte. Die Schweizer Digitalisierungs-Organisation More Than Digital erklärt, dass es bei KI-basierten Chatbots einerseits wichtig ist, dass die Software den Kontext des Users richtig interpretiert, also intelligent versteht; andererseits aber auch, dass sie mit jeder Konversation dazu lernt. Außerdem solle anfangs nicht versucht werden, möglichst viele Prozesse dem Bot anzuvertrauen.

https://youtu.be/X6DCx4XWQYA

Jedoch ist gerade die Möglichkeit, den Chatbot im Sinne des IoT mit anderen Geräten im Betrieb zu vernetzen, mehr als vielversprechend. Ist alles miteinander vernetzt, kann der Bot etwa Mitarbeiter informieren, wenn eine Lieferung eingetroffen ist oder auch warnen, wenn im Lager ein Sensor ein Problem entdeckt hat.

„Groß denken, aber klein anfangen“, sagt auch ein Experte vom Softwareentwickler Assono auf Nachfrage. „Zum Beispiel kann der Chatbot anfangs in eine bestimmte Landingpage eingegliedert werden.“ So wird er erst einmal in einem bestimmten Bereich eingesetzt und muss noch nicht alles von Anfang an können. Viele Lösungen sind frei skalierbar und können nach erfolgreichem Anfang erweitert werden.

Die Spezial-Woche auf dispo ist noch nicht vorbei! Morgen geht es hier weiter mit dem größten Transportroboter der Welt!

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