Kommentar : Wenn sich der Landeshauptmann eine Bahn kauft...

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© vadim_petrakov - stock.adobe.com

Man mag es eine Ironie nennen, dass Burgenlands Landeshauptmann Hans Niessl staubedingt just zur Vorstellung eines Projektes zu spät kam, bei dem es um die Zukunft des Bahnverkehrs geht. Jedenfalls präsentierte Niessl heute Vormittag gemeinsam mit Infrastrukturminister Jörg Leichtfried "Europas erste Teststrecke für selbstfahrende Züge". Genauer gesagt präsentierten die beiden eine Absichtserklärung. Denn die rund 25 Kilometer lange Strecke gibt es zwar bereits (und dort fahren auch Züge). Darüber hinaus ließen sich die beiden Politiker aber keine substaziellen Informationen entlocken.

Fragen...

Welche Unternehmen und Forschungseinrichtungen werden dort forschen dürfen? Wer verwaltet und bewertet ihre Anträge? Wird es Kooperationen mit den bestehenden Förderagenturen geben? Welche technologische Infrastruktur wird zur Verfügung stehen? Welche inhaltlichen Schwerpunktsetzungen sind vorgesehen?

...ohne Antworten

Diese Fragen blieben unbeantwortet. Immerhin verriet Leichtfried, dass Bund, Land und Industrie etwa elf Millionen Euro in das Projekt investieren wollen. Zusätzlich will das Burgenland Forschungsprojekte mit jährlich fünf Millionen Euro finanzieren. Was werden Erhaltung und Betrieb kosten? "Es ist noch zu früh, um das zu quantifizieren", so Niessl.

Ungeliebte Strecke

Die Zugstrecke, um die es geht, verbindet Freiberg in der Steiermark mit Oberwart im Burgenland. Sie hat acht Stationen, zwölf Kreuzungen und führt durch einen Tunnel (Ja, diese zentralen Infos wurden freigiebig geteilt). Und sie stand bereits kurz vor dem Aus. Bereits 2011 hatte die ÖBB den Personenverkehr eingestellt. 2012 wurde der Güterverkehr zum Verkauf ausgeschrieben, doch es fand sich kein Käufer.

Vor zwei Wochen unterzeichnete Landeshauptmann Niessl und ÖBB-Chef Andreas Matthä einen Kaufvertrag. Damit ist das Burgenland, in Form der neu dafür gegründeten Verkehrsinfrastrukturbetriebe Burgenland (VIB), nun Eigentümer der Bahnstrecke. Über den Kaufpreis wurde - Sie raten richtig, liebe Leser - Stillschweigen vereinbart.

Wozu der Kauf?

Der Personenverkehr soll nicht wieder aufgenommen werden, soviel steht fest. Doch es gibt eine Handvoll Unternehmen im Südburgenland, die die Strecke für ihren Warentransport nutzen. Zum Beispiel Unger Steel, die in Oberwart einen Produktionsstandort betreiben. Unger macht sich seit Jahren stark für den Erhalt der Strecke. Wäre der Standort und mit ihm die Arbeitsplätze ohne die Bahn gefährdet?

Unger Steel wollte auf Nachfrage nichts dazu sagen. Aber man kann sich vorstellen, dass alleine das Aufkommen eines solchen Verdachts für einen Landeshauptmann im Wahlkampf Horror der üblen Sorte bedeutet.

"Der Güterverkehr in der Region ist gerettet!" lautete folgerichtig die den Kauf begleitende fanfarenhafte Botschaft. Die zusätzliche Nutzung als Teststrecke wird jetzt als Sahnhäubchen nachgereicht.

Mount Everest oder Bisamberg?

Ist "Europas erste Teststrecke für selbstfahrende Züge" eine mediale Blendgranate, um kurz vor der Nationalratswahl Innovationsgeist zu demonstrieren? Oder ist sie der hektische Versuch, einen Kauf zu rechtfertigen, der mit Steuergeldern lediglich ein paar Unternehmen zufriedenstellen will?

Fahrerlose Züge sind sozusagen der Mount Everest der Eisenbahnforschung. Im Juni 2018 soll die Teststrecke in Betrieb gehen. Das ist schon sehr, sehr bald für ein derart ambitioniertes Projekt . Dass es derzeit noch nicht genug nennenswerte Informationen dazu gibt, um wenigstens eine Pressekonferenz damit zu füllen, ist ein ganz schlechtes Zeichen.

Ich hoffe, dass ich mich irre.