Automotive Logistik : Wie OEM resilientere Lieferketten gestalten wollen

Im Zentrum der Veranstaltung standen digitale Tools, Datenaustausch, KI und nachhaltige Verpackungslösungen – alles mit dem Ziel, agilere und resilientere Lieferketten zu schaffen. "In einer Zeit des schnellen Wandels ist das wichtigste Kapital nicht nur Technologie – es sind die Menschen", betonte Christopher Ludwig, Chief Content Officer von Automotive Logistics, zur Eröffnung. Diese Botschaft zog sich wie ein roter Faden durch die Konferenz.
Datengestützte Agilität: Vom Silo zur skalierbaren Supply Chain
Digitalisierung war eines der dominierenden Themen. OEMs wie BMW, Renault, JLR und Aston Martin berichteten über Investitionen in KI-gestützte Kontrolltürme, vorausschauende Analysen und End-to-End-Transparenz. Das Ziel: reaktive Prozesse durch vorausschauende Logistik ersetzen und Risiken schneller erkennen.
Thomas Bartsch (Kinaxis) warnte jedoch: "Wir sind fantastisch darin, neue Technologien zu testen – aber wir haben Schwierigkeiten, sie global zu skalieren." Das Aufbrechen von Datensilos und die durchgängige Integration digitaler Tools seien entscheidend.
Diese Haltung teilten auch andere Branchenvertreter wie Jean-Marc Carlicchi (Renault) und Levent Yuksel (JLR). Der Wandel hin zu Echtzeitplanung und S&OP-Integration mit Hilfe von KI wurde als fundamentaler Schritt gewertet – ebenso wie die Fähigkeit, bei sich ändernden Tarifen oder Unterbrechungen innerhalb von Stunden fundierte Entscheidungen treffen zu können.
Dekarbonisierung & Verpackung: Nachhaltigkeit als logistischer Hebel
Mit der Elektrifizierung steigt auch die Komplexität in der Logistik – vor allem bei Batterien, Ersatzteilen und Verpackung. Dabei wird Nachhaltigkeit zunehmend zum strategischen Faktor. Nadine Philipp (BMW Group) betonte, wie wichtig gemeinsame Anstrengungen für klimafreundlichere Lieferketten sind, trotz nach wie vor hoher Kosten: "Logistikmaßnahmen sind heute noch teuer, aber wir müssen zusammenarbeiten, um diesen Wandel voranzutreiben."
Im neuen Themenschwerpunkt Verpackung wurden Herausforderungen und Innovationen diskutiert – von Mehrwegbehältern über nachhaltige Materialien bis hin zu Packdichteoptimierung. Die sichere und effiziente Batterie-Verpackung rückte dabei besonders in den Fokus. Defekte und ausgediente Batterien stellen eine logistische Herausforderung dar – Sicherheitsrisiken, fehlende Standardisierung und hohe Transportkosten inklusive. Julian Brandt vom Fraunhofer-Institut forderte daher eine frühzeitige Einbindung intelligenter Verpackungslösungen in die Supply-Chain-Planun
Strategische Partnerschaften: Vom Lieferanten zur Team-Erweiterung
Neben der Technologie wurde auch die zwischenmenschliche Ebene in der Logistik neu gedacht: OEMs wie Toyota, Renault und BMW fordern ein Umdenken – weg von transaktionalen hin zu strategischen Partnerschaften. Chris Payne (GKN Automotive) forderte echten Datenaustausch und Transparenz mit LSPs. Joost Dirkse (Harman Automotive) ging noch weiter: "Unser 4PL ist nicht nur ein Lieferant – wir sehen ihn als Erweiterung unseres Teams."
Diese Haltung verdeutlicht einen grundlegenden Kulturwandel. Nur durch Echtzeitkommunikation und gemeinsame Zielsetzung kann Logistik als strategisches Element entlang der Wertschöpfungskette wirken.
Vielfalt & Talente: Grundlage für digitale Transformation
Die Konferenz zeigte auch, dass der technologische Wandel ohne qualifizierte Fachkräfte nicht funktioniert. In einem eigenen Forum diskutierten Führungskräfte wie Saba Azizi (CATL), Martin Corner (Aston Martin) und Harry Kwakye Davies über die Notwendigkeit einer vielfältigen, inklusiven und talentierten Belegschaft.
In einer Paneldiskussion zur Rolle von Frauen in der Supply Chain verwiesen Expertinnen wie Gisela Linge (Autoliv), Jennifer Coulter-Lissman (NTG) und Melissa Atienza (JLR) auf strukturelle Hürden, betonten aber auch den Wert von Vielfalt für komplexe logistische Aufgaben. „Es geht nicht nur ums Geschlecht, sondern um die Vielfalt der Gedanken“, so Linge.
Die europäische Automobilbranche ist gegenüber China und Nordamerika im Rückstand. Die Konferenz machte allerdings deutlich, dass Digitalisierung, Nachhaltigkeit und Partnerschaftsmodelle dabei helfen können, sich strategisch neu aufzustellen. Darüber hinaus müsste Logistik nicht nur als Kostenfaktor, sondern als strategisches Rückgrat verstanden - und mit flexiblen Planungsmodellen, Szenarienplanung und Investitionen kombiniert werden.