Automatisierung : Humanoide Roboter halten Einzug in die Logistik

Die Automobil- und Logistikbranche waren bereits in der Vergangenheit führend beim Einsatz von Automatisierung und Robotik, angefangen bei mobilen Robotern und Industriearmen bis hin zu kollaborativen Robotern. Jetzt übernehmen Automobilhersteller und Lagerbetreiber erneut die Führung, diesmal mit humanoiden Robotern, schreibt Yulin Wang, leitende Technologieanalystin bei IDTechEx, in ihrer Analyse zum Thema.
Mehrere Branchenriesen, darunter BYD und Tesla, hätten bereits Pläne angekündigt, den Einsatz humanoider Roboter im nächsten Jahr zu verzehnfachen. Dabei handle es sich um ernsthaftes Engagement, schreibt Wang, das "sehr wahrscheinlich" eintreten wird. Es wird erwartet, dass diese schnelle Ausweitung die Kosten erheblich senkt und die Akzeptanz in den Fabriken beschleunigt.

Humanoide Roboter in der Automobilbranche
Laut IDTechEx wird diese Dynamik dazu führen, dass bis zum Jahr 2035 etwa 1,6 Millionen humanoide Roboter in der Automobilbranche eingesetzt werden. Ihr neuer Bericht „Humanoid Robots 2025-2035: Technologies, Markets and Opportunities“ zeigt detailliert auf, wie führende Unternehmen diesen Wandel strategisch angehen und welche technischen, kommerziellen und regulatorischen Herausforderungen zu bewältigen sind.
2025 ist ein Jahr, in dem sich viele Automobilhersteller auf eine gemeinsame Überzeugung einigen werden, heißt es in dem Bericht: Humanoide Roboter werden die physische Verkörperung von KI in der realen Welt werden. Branchenführer wie Tesla, BMW, Mercedes-Benz, Hyundai und Xiaomi investieren aktiv in die humanoide Robotik, entweder durch Start-ups oder durch interne Entwicklung.
Für IDTechEx gibt es dabei mehrere strategische Gründe für diesen Aufschwung in der Automobilindustrie:
Synergieeffekte in der Lieferkette: Die Automobilhersteller verfügen bereits über robuste Lieferketten, die sich mit den Komponenten humanoider Roboter, wie Motoren, Sensoren (z. B. LiDAR und Kameras) und Batterien, erheblich überschneiden. Diese Überschneidungen ermöglichen es den OEMs, die Produktion effizient zu skalieren und gleichzeitig ihre Verhandlungsmacht zu nutzen, um die Komponentenkosten zu senken, wodurch humanoide Roboter branchenübergreifend rentabler werden.
Rentabilität und neue Einnahmequellen: Obwohl sich humanoide Roboter noch in einem frühen Entwicklungsstadium befinden, eignen sie sich aufgrund ihrer menschenähnlichen Form gut für den Einsatz in Automobilwerken und ermöglichen eine nahtlose Integration, ohne dass bestehende Layouts umgestaltet werden müssen. Langfristig können sich die OEMs vorstellen, mit humanoiden Robotern die Arbeitskosten zu senken und durch den Verkauf von Robotern an andere Branchen neue Einnahmequellen zu erschließen, die zur Verbesserung der geringen Gewinnspannen in der Automobilindustrie beitragen.
Derzeit sind die Einsatzmöglichkeiten in Fabriken auf Aufgaben wie Handling, Etikettierung und Inspektion beschränkt. Die technischen Herausforderungen bleiben jedoch bestehen, vor allem die begrenzte Batterielebensdauer (was zu Ausfallzeiten von über 50 Prozent führt), die geringe Nutzlastkapazität und die hohen Kosten (mit Preisen von oft über 100.000 US-Dollar pro Einheit), obwohl IDTechEx einen stetigen Kostenrückgang bis auf 20.000 US-Dollar pro Einheit prognostiziert.
Humanoide Roboter in Logistik und Lagerhaltung
IDTechEx prognostiziert, dass die Logistik- und Lagerhaltungsbranche der zweitgrößte Anwender von humanoiden Robotern sein wird, dicht gefolgt von der Industrie. Angesichts des akuten Arbeitskräftemangels und der zunehmenden Komplexität der Abläufe setzen Lagerbetreiber auf Humanoide als vielversprechende Lösung. Diese Roboter würden für Präzision und Konsistenz bei sich wiederholenden Aufgaben sorgen, erhöhen die Geschwindigkeit und minimieren gleichzeitig menschliche Fehler.
Die Vorteile seien vielfältig, so der Bericht: Humanoide Roboter tragen dazu bei, die Arbeitskosten zu senken, Betriebsunterbrechungen zu reduzieren und bieten eine unübertroffene Flexibilität, da sie sich im Laufe des Tages an unterschiedliche Aufgaben anpassen können. Ihre fortschrittliche Sensorik und künstliche Intelligenz ermöglichen auch eine bessere Raumnutzung, wodurch die Lagerdichte in bereits überfüllten Einrichtungen erhöht werden kann. Darüber hinaus maximiert ihre Fähigkeit, kontinuierlich und ohne Pausen zu arbeiten, die Produktivität und verlängert die Betriebszeiten.
Dennoch steckt die breite Einführung noch in den Kinderschuhen. Im Jahr 2025 liegt der Einsatz von Humanoiden in Lagern bei unter fünf Prozent, was sowohl auf technologische als auch kommerzielle Hindernisse zurückzuführen ist. Je nach Arbeitsbelastung ist jedes Gerät in der Regel zwei bis drei Stunden in Betrieb, bevor es ebenso lange wieder aufgeladen werden muss, was zu erheblichen Ausfallzeiten führt. Zwar gibt es mittlerweile Schnellladelösungen, doch sind diese oft mit höheren Kosten und kürzeren Batterielebensdauern verbunden.
Ein weiterer Knackpunkt ist die wirtschaftliche Rentabilität. Angesichts der begrenzten Felddaten zur Rentabilität und der langen Testzyklen - Amazon berichtet von einer 18-monatigen Pilotphase, bevor eine Entscheidung zur Skalierung getroffen wird - bleiben die Lagerbetreiber vorsichtig. Wie bei den autonomen fahrerlosen Transportsystemen (AGVs) in ihren Anfängen werden auch die Humanoiden einer umfassenden Bewertung unterzogen, bevor sie auf breiter Front eingesetzt werden.