Case study : Läuft sicher auch wenn es schräg wird

Regallager bei Ernst Stadelmann
© Galler

Wenn die Produktion wegen gut laufender Geschäfte erweitert werden soll, ist das für ein Unternehmen eigentlich eine gute Nachricht. Doch sie kann auch zu einer Herausforderung werden – wenn nämlich das Betriebsgelände keine Erweiterung der Produktionsflächen mehr zulässt. Genau vor diesem Problem
stand die Ernst Stadelmann: Das Unternehmen produziert Schubladenboxen und Ablagen in unterschiedlichen Formen; viele von ihnen sind mit dem „Blauen Engel“ zertifiziert, da sie aus mindestens 80 Prozent Recycling-Kunststoff hergestellt werden.

Um die hohe Nachfrage nach den Büroaccessoires eben sicher bedienen zu können und weiteres Wachstum zu ermöglichen, beschloss das zur Exacompta-Clairefontaine Gruppe gehörende Unternehmen, neue Produktionskapazitäten zu schaffen. Doch das Betriebsgelände im oberösterreichischen Eferding bot keinerlei Freiflächen mehr, um die benötigten zusätzlichen Spritzgussmaschinen aufzustellen.

Neue Etage auf vorhandene Halle

Die Lösung bot die Aufstockung einer vorhandenen, einstöckigen Produktionshalle um eine Etage: Dabei sollte das im Fertigungsbereich angesiedelte Fertigwaren-Lager aufgelöst werden und in das neue Stockwerk umziehen. Auf der damit freiwerdenden Fläche konnten dann die neuen, schweren Produktionsanlagen installiert werden. Um eine größtmögliche Lagerkapazität auf den rund 900 Quadratmetern Grundfläche der neuen Etage zu schaffen, sah der Plan die Installation einer Verfahrregalanlage vor. Denn dieses Lagersystem kombiniert die hohe Flächen- und Volumennutzung eines Blocklagers mit den direkt zugänglichen Lagerplätzen eines herkömmlichen Palettenregals.

Verfahrregalanlagen benötigen im Gegensatz zu fix mit dem Boden verschraubten Regalanlagen nur einen einzigen Arbeitsgang, um alle Lagerplätze zu erreichen. So lässt sich auf gleicher Fläche rund doppelt so viel lagern. Der Gang öffnet sich erst zwischen zwei Regalzeilen, wenn auf einen Lagerplatz zugegriffen werden soll. Das ermöglichen elektrisch angetriebene Verfahrwagen, auf welchen die Regale montiert sind und die auf Fahrschienen laufen.

Doch diese Lösung stellte eine große Herausforderung dar – für die Statik der neuen Etagendecke bzw. Zwischendecke, aber auch für die Verfahrregalanlage. Denn um die Produktion im Erdgeschoss nicht zu behindern, sollte die Decke freitragend sein. Daher kam eine Stahl-Verbunddecke zum Einsatz, deren Basis 25 Meter lange Stahlträger bilden. Sie wurden mit einer Vorspannung eingebaut, die so kalkuliert wurde, dass erst mit dem Gewicht der betonierten Decke, der Regalanlage und der eingelagerten Ware die Decke eben ausgerichtet ist. Ohne diese Lasten wölbten sich die Stahlträger in der Mitte bis zu 320 Millimeter auf.

Modifizierte Fahrgestelle

Um die ordnungsgemäße Funktion auch bei einer möglichen Durchbiegung in Schienenrichtung sicherzustellen, rüstete Galler die Fahrwagen mit überdimensionierten Antrieben aus, so dass sie mühelos auch eine mögliche Steigung hinauffahren können. Zudem sorgen automatische Bremsen dafür, dass die Regale bei einem Gefälle nicht von alleine ins Rollen kommen.

Auch eine eventuelle Neigung des Bodens im 90 Grad Winkel zum Schienenverlauf wurde von Galler berücksichtigt. Die dabei möglichen Horizontalkräfte können bei den Laufrädern der Fahrgestelle zu einem erheblichen Verschleiß führen. Daher wurden verstärkte Räder verbaut, die aus hochwertigem Stahl hergestellt sind und somit auch auf ihre „Flanken“ wirkende Kräfte ohne übermäßigen Verschleiß aufnehmen können.

Herausforderung für Verfahrregale

Diese Aufwölbung wird zwar im Endstadium deutlich abgemildert. Dennoch musste bei der Konstruktion der Verfahrregalanlage eine mögliche Verformung der Zwischendecke von +/- 12 Millimetern einkalkuliert werden. Eigentlich setzen Verfahrregale eine stabile Bodenplatte voraus, mit engen Schienentoleranzen. Denn eine Durchbiegung bzw. Aufwölbung wie bei Stadelmann führt dazu, dass die Räder der Verfahrwagen nicht mehr exakt senkrecht zur Schiene stehen und auch einem horizontalen Druck ausgesetzt sind. Zudem müssen die Verfahrwagen auch eine eventuelle Steigung in Verfahrrichtung meistern, auch bei voller Beladung der Regalanlage.

Die vorliegenden Bedingungen erforderten also eine spezielle Konstruktion der Verfahrregalanlage. Ernst Stadelmann beauftragte daher die Firma Galler mit der Realisierung der Regalanlage: Das europaweit tätige Unternehmen mit Sitz im Kulmbach liefert nicht nur Standardregale, sondern entwickelt für jeden Kunden passgenaue Lagerlösungen für Paletten und Industriegüter. Das bedeutete bei der Verfahrregalanlage für Stadelmann insbesondere eine Anpassung der Fahrwagen: Der neue Lagerbereich wurde mit insgesamt zwölf von ihnen ausgerüstet. Jeder Wagen ist 18,7 Meter lang und trägt ein 6,1 Meter hohes Palettenregal. Zusammen mit der Lagerware beträgt das Gesamtgewicht
eines einzelnen Fahrwagens 17.500 Kilogramm.