Automatisierung : Robotik in der Logistik: Wachstum und Wandel in einer dynamischen Branche

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Laut dem Jahresreport „World Robotics – Service Robots“ der International Federation of Robotics (IFR) verzeichneten professionelle Service-Roboter im Jahr 2023 einen globalen Absatzanstieg von 30 Prozent, was 205.000 verkauften Einheiten entspricht. Dieser Trend zeigt, wie schnell sich die Robotik im täglichen Wirtschaftsleben etabliert. Besonders auffällig ist dabei, dass der asiatisch-pazifische Raum mit 162.284 verkauften Einheiten, also rund 80 Prozent des gesamten Marktvolumens, führend ist. Europa folgt mit 33.918 Einheiten, während auf den amerikanischen Kontinent 8.927 Verkäufe entfallen.
„Die Service-Robotik ist auf Wachstumskurs“, bestätigt Marina Bill, die Präsidentin der IFR, und betont die Vielseitigkeit der Roboter in unterschiedlichen Bereichen. Ob in der Fabrik, im Einzelhandel oder bei Lieferdiensten – Roboter unterstützen zunehmend in vielen Bereichen und entlasten das menschliche Personal. Besonders hervorzuheben ist jedoch die Rolle der Roboter im Bereich Transport und Logistik.
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Roboter in der Logistik: Ein Blick auf den Hauptanwendungsbereich
Die Logistikbranche profitiert enorm vom Einsatz professioneller Service-Roboter. Über 113.000 Roboter wurden im Jahr 2023 allein für diese Branche verkauft, was einem Anstieg von 35 Prozent gegenüber dem Vorjahr entspricht. Dies unterstreicht die zunehmende Bedeutung technologischer Unterstützung in der Logistik, wo der Fachkräftemangel eine zentrale Herausforderung darstellt. Besonders zeitintensive Aufgaben wie das Be- und Entladen von Lkws werden durch die Automatisierung deutlich effizienter gestaltet. Service-Roboter übernehmen dabei spezifische Automationsaufgaben und ermöglichen es, diese Prozesse schneller und mit weniger personellem Aufwand durchzuführen.
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Wichtig ist hierbei, dass die Akzeptanz solcher Roboterlösungen nicht nur von der Technik selbst abhängt, sondern auch davon, dass das Personal in der Lage ist, die Geräte einfach und intuitiv zu bedienen. Eine nutzerfreundliche Gestaltung der Schnittstellen ist daher essenziell, um den Einsatz von Robotern in der Logistik erfolgreich zu integrieren.
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Auch in Außenbereichen ohne Publikumsverkehr, wie in Lagerhäusern oder bei großflächigen Transportaufgaben, nehmen Roboter eine immer wichtigere Rolle ein. Hier reicht das Spektrum von automatisierten konventionellen Fahrzeugen wie Gabelstaplern oder Traktoren bis hin zu spezialisierten, wetterfesten Lösungen für den Transport von Gütern.
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Amazon betritt eine "neue Dimension" im Bereich Robotik und Künstliche Intelligenz
Amazon hat nach eigenen Angaben im amerikanischen Louisiana ein Fulfillment Center der nächsten Generation aufgebaut, es vereine jahrelange Innovationen unter einem Dach, heißt es aus dem Unternehmen. Die Anlage erstreckt sich über fünf Stockwerke und mehr als drei Millionen Quadratmeter - das entspricht 55 Fußballfeldern - und ist damit einer der größten Standorte von Amazon.
Zum ersten Mal habe das Unternehmen in "allen wichtigen Produktionsbereichen des Standorts" Technologielösungen eingeführt. Damit arbeiten die Mitarbeiter nahtlos mit der wachsenden Flotte von Robotersystemen zusammen, was bisher nicht möglich gewesen sei. "Im Zentrum der Anlage steht Sequoia, ein hochmodernes, mehrstufiges, containerisiertes Inventarsystem, das es den Mitarbeitern ermöglicht, Waren schneller und sicherer zu lagern und zu entnehmen. In unserer Anlage der nächsten Generation kann Sequoia mehr als 30 Millionen Artikel aufnehmen. Damit ist es fünfmal so groß wie unser erstes System in Houston, Texas, und hilft uns, Produkte näher am Kunden zu lagern, damit wir schneller liefern können", schreibt Amazon in seinem Blog.
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Das System koordiniere die Arbeit von Tausenden von mobilen Robotern und einer Reihe von Roboterarmen, um die Artikel zu den Mitarbeitern an ergonomischen Arbeitsplätzen zu bringen. Sobald die Kundenbestellungen kommissioniert sind, helfen eine Reihe von neuen Systemen dabei, sie schneller durch den Standort zu bewegen, damit sie für die Auslieferung verpackt werden können. Die Verpackungsautomatisierung optimiere den Verpackungsprozess und ersetze gleichzeitig Kunststoffmaterialien durch Papierlösungen, die recycelt werden können.

AMR & AGV: Diskussion um Bezeichnung und Warnung vor dem "Hype"
Die kontinuierliche Entwicklung der Robotertechnologie zeigt sich auch bei Unternehmen wie Safelog. Das Unternehmen, das mobile Robotik bietet, hat kürzlich angekündigt, seine Produktnamen zu überarbeiten, um eine bessere Orientierung im wachsenden Portfolio zu ermöglichen. Die bisherige Bezeichnung „AGV“ (Automated Guided Vehicle) wird dabei aufgegeben, da sie dem erweiterten Einsatzspektrum der modernen Roboter nicht mehr gerecht wird. Stattdessen werden neue, klar strukturierte Bezeichnungen eingeführt, die es den Kunden erleichtern sollen, das passende Gerät für ihre spezifischen Anforderungen zu identifizieren.
Die neuen Produktnamen von Safelog basieren auf den Kerneigenschaften der Roboter. Modelle mit Zugfunktion werden mit „tow“ gekennzeichnet, solche, die Lasten heben können, erhalten den Zusatz „lift“. Roboter mit Dreh- oder Hubeinheit werden als „spin“ bezeichnet, und das Basisfahrzeug wird unter dem Namen „core“ geführt. Diese neue Namensstruktur soll Kunden eine klare Orientierung bieten und verdeutlichen, welche Roboter für welche Aufgaben am besten geeignet sind.
Mathias Behounek, Geschäftsführer von Safelog, betont, dass die starre Einteilung in Kategorien wie „AGV“ oder „AMR“ (Autonomous Mobile Robot) überholt sei. Die neuen Roboter seien flexibel und vielseitig, um den sich ständig wandelnden Anforderungen in der Logistik gerecht zu werden. Gegenüber Dispo hat Behounek kürzlich ausgeführt, warum seiner Ansicht nach der Einsatz autonomer mobiler Roboter oft scheitert.
Auch Veit Kohnhauser, Studiengangsleiter für Logistik Engineering und Management am Logistikum an der FH Oberösterreich, Vorstandsmitglied des Supply Chain Intelligence Institut Austria ASCII und Geschäftsführer des VNL Österreich,hat kürzlich vor dem "AMR-Hype" gewarnt: "Die Vision von autonomen, mobilen Robotern (AMR), die Waren durch Lagerhallen navigieren und Mitarbeiter entlasten, beflügelte seit langem die Fantasie vieler LogistikerInnen. AMR befinden sich derzeit in einer entscheidenden Phase ihrer Entwicklung. Nachdem sie in den vergangenen Jahren auf dem Gipfel der Erwartungen im Gartner Hype Cycle standen, sind sie nun im "Tal der Enttäuschungen" angekommen. Die anfängliche Euphorie ist verflogen und die Technologie muss sich im harten Logistikalltag bewähren", schreibt er in einem Kommentar für Dispo.
Demnach sollten AMR nicht als Selbstzweck betrachtet werden, sondern als Mittel, um konkrete logistische Herausforderungen zu lösen und Effizienzgewinne zu erzielen. AMR hätten nach wie vor das Potenzial, die Logistik nachhaltig zu verändern.
>>> Der Einsatz von autonomen mobilen Robotern braucht umfassende Sicherheitsstrategien
Logistics Hall of Fame mit Robotik-Gründern
Den Stellenwert von Robotik in der Logistik erkennt man unter anderem auch daran, dass die Logistics Hall of Fame in diesem Jahr die Kiva-Systems-Gründer für ihr Mobile Robotic Fulfillment Systems aufgenommen hat. Die Begründung: Sie hätten das Ware-zur-Person-Kommissionierkonzept zum globalen Standard gemacht und damit Arbeitsbedingungen im Lager vereinfacht.
Mit ihrem System hätten sie zahlreichen E-Commerce-Unternehmen taggleiche, effiziente und fehlerfreie Warenlieferungen ermöglicht. Denn dadurch laufen Logistikmitarbeitende nicht mehr an Regalen entlang und suchen nach Bestellungen, sondern Autonome Mobile Roboter (AMR) bewegen ein Regal mit Ware zu den Kommissionierplätzen.
Weitere Anwendungsbereiche von Service-Robotern
Obwohl die Logistik den Hauptanwendungsbereich für Service-Roboter darstellt, gibt es auch in anderen Branchen ein starkes Wachstum. Im Hotel- und Gastgewerbe stieg der Absatz um 31 % auf über 54.000 verkaufte Einheiten. Diese Roboter werden häufig als mobile Assistenten für Informationen oder als Telepräsenzlösungen eingesetzt. Mit der zunehmenden Automatisierung von Prozessen wie der Zubereitung von Speisen und Getränken sowie der Bereitstellung von Leit- und Informationsstellen im öffentlichen Raum ist auch in dieser Branche ein deutlicher Anstieg der Nachfrage nach Robotern zu beobachten.
In der Landwirtschaft, einem weiteren Wachstumsmarkt, wurden mehr als 20.000 Einheiten verkauft, was einem Anstieg von 21 Prozent entspricht. Der demografische Wandel und die wachsende Nachfrage nach präziser und nachhaltiger Landwirtschaft treiben hier die Nachfrage nach Robotiklösungen. Roboter übernehmen immer häufiger Aufgaben wie die Ernte, die Aussaat oder die Überwachung von Feldern, wodurch die Effizienz landwirtschaftlicher Betriebe gesteigert wird.
Auch Reinigungsroboter verzeichnen einen Anstieg der Nachfrage. Knapp 12.000 Einheiten wurden 2023 verkauft, ein Wachstum von vier Prozent. Besonders im Bereich der Bodenreinigung - auch und vor allem für große Logistikhallen - kommen diese Roboter zum Einsatz, was etwa 70 Prozent des Marktanteils in dieser Kategorie ausmacht.
Neben den Service-Robotern hebt der World Robotics Report 2024 auch die Bedeutung von Medizinrobotern hervor. Der Absatz stieg 2023 um 36 Prozent auf rund 6.100 Einheiten. Besonders stark war das Wachstum bei Rehabilitations- und nicht-invasiven Therapierobotern, deren Verkauf um 128 Prozent zunahm. Auch die Nachfrage nach Operationsrobotern und Robotern für die Diagnostik steigt kontinuierlich, was zeigt, dass die Automatisierung auch im Gesundheitswesen an Bedeutung gewinnt.
Führende Hersteller und Regionen von Robotik
Interessant ist zudem der Blick auf die Herkunft der Roboterhersteller. Die meisten Unternehmen, die Service- und Medizinroboter herstellen, haben ihren Sitz in den USA, wo 199 entsprechende Firmen ansässig sind. Davon produzieren 66 Prozent professionelle Service-Roboter, während 27 Prozent auf Roboter für den privaten Gebrauch spezialisiert sind. China belegt mit 107 Herstellern den zweiten Platz, gefolgt von Deutschland mit 83 Unternehmen.
Europa ist mit einem Weltmarktanteil von 44 Prozent der größte Produktionsstandort für Service- und Medizinroboter, gefolgt von Asien mit 29 Prozent und Amerika mit 25 Prozent.