Case Study : Regalbediengeräte: Aus drei mach sechs
Im Hauptwerk eines süddeutschen LKW- und Busherstellers werden schwere LKW, Fahrerhäuser, Achsen und Getriebe für den gesamten Werksverbund produziert. Die Zahl der Produkte und Varianten hatte sich kontinuierlich erhöht und damit auch die Anforderungen an die Produktionslogistik. Eine wachsende Zahl an Artikeln wie zum Beispiel Schrauben, Kugellager oder Elektrobauteile musste in immer kürzeren Abständen bereitgestellt werden können.
Die Intralogistik stand vor einer großen Herausforderung: Das Herzstück bildet ein 24 Meter hohes automatisches Kleinteilelager (AKL) mit einer Kapazität von über 55.000 Stellplätzen für Kleinladungsträger (KLT). In den drei Gängen fuhren bislang je ein Einsäulen-Regalbediengerät (RBG).
Zu den Besonderheiten zählen die montierten Drehtisch-Teleskopgabeln, mit denen die RBGs jeweils zwei doppelt tief positionierte Ladungsträger greifen, auslagern und drehen können. Falls sich der gewünschte Behälter an der hinteren Position befindet, kann dieser durch die Drehung nach vorne verlagert werden, während der nicht benötigte KLT umgehend im Regal abgestellt wird. „Dadurch können an jedem Lagerplatz zwei unterschiedliche Artikel hintereinander gelagert werden, wodurch das AKL wesentlich flexibler wird“, erklärt Projektleiter Jens Kuppelhuber.
Das Einbringen zusätzlicher RBGs in eine bestehende Regalgasse ist eine nicht alltägliche Aufgabe, bei der einige Sicherheitsregeln zu beachten sind. Zum Beispiel muss zu jeder Zeit ein Abstand von mindestens 7,4 Metern zwischen den Geräten gewährleistet werden. Die bestehenden RBGs mussten deshalb mit Reflektoren und Laser-Distanzmessgeräten ausgerüstet werden. Außerdem wurde eine zusätzliche Kippsicherung sowie eine neue Schleifleitung und neue Stromabnehmer installiert.
Jedes RBG verfügt über eine eigene Steuerung und wird an der jeweiligen Kopfstation vom überlagerten System über eine Datenlichtschranke beauftragt. Dadurch können die Geräte „füreinander einspringen“ und die Versorgung sicherstellen, wenn zum Beispiel eines der RBGs für Wartungszwecke abgeschaltet wird.
Für den Fall, dass die programmierten Sicherheitsmechanismen ausfallen, verfügen die Einmaster außerdem über einen mitfahrenden überwachten mechanischen Puffer, der im Notfall wie ein Stoßdämpfer wirkt und die kinetische Energie des anderen Geräts absorbiert. Als weitere Herausforderung sollten die neuen RBGs dem Entwicklungsstand der rund zehn Jahre alten Geräte entsprechen, um kundenseitig den Vorrat an Ersatzteilen möglichst gering zu halten.
„Beim Konzipieren der erweiterten Anlage stand vor allem die Fluchtsicherung der Mitarbeiter im Vordergrund“, sagt Kuppelhuber. In diesem Zusammenhang entwickelte Kardex Mlog eine neue platzsparende Lösung für die seitlich am RBG montierten Schaltschränke. Die darunter montierten Wartungspodeste können platzsparend hochgeklappt werden. Dank dieser Maßnahmen besteht jetzt genügend Raum zwischen RBG und Regalzeile, um im Notfall daran vorbeigehen zu können.
Um den Betrieb des Lagers während der Einbring-, Installations- und Testphase nicht zu gefährden, wurden nach intensiven Abstimmungsgesprächen in allen drei Gängen provisorische Zwischentüren installiert. Diese unterteilten jede Gasse in einen vorderen und einen hinteren Bereich. „Zum damaligen Zeitpunkt war das Lager nur zur Hälfte belegt, so dass sich sämtliche Artikel im vorderen Bereich der Gassen konzentrieren ließen“, berichtet Kuppelhuber. Auf diese Weise konnten die neuen RBGs vom Typ MSingle A ungestört im hinteren Teil der Gassen montiert werden. „An den Wochenenden konnten wir die Zwischentüren kurzzeitig entfernen und das Zusammenspiel der beiden RBGs testen“, erklärt der Projektleiter.
Seitdem leistet das AKL 64 statt 32 Doppelspiele pro Stunde, was einer Steigerung von (fast) 100 Prozent entspricht. Der Spitzenwert wird erreicht, wenn die beiden RBGs beim Ein- und Auslagern nicht in den gegenseitigen Sicherheitsbereich eindringen müssen und es somit nicht zu sogenannten Verdrängungsfahrten kommt. Dank einer intelligenten Steuerung der Fahraufträge gelingt das in den meisten Fällen.