Logistik-Software : Software als "Game Changer" für das Lager von morgen

Modern high tech innovative warehouse logistics displayed through automation, robotics and artificial intelligence, defining the future of industry.
© MVProductions - stock.adobe.com

Was müssen Logistik-Verantwortliche beachten, wenn sie Software in ihrem Lager einsetzen möchten?

Michael Buchholz
Bei der Fragestellung würde ich zunächst den Fokus vielmehr auf die Prozesse und deren Bedienung legen. Anstatt zuerst über die Softwarearchitektur zu sprechen, sollten wir uns darauf konzentrieren, wie einfach die Software zu bedienen ist. In einem zweiten Ansatz sollten wir darüber nachdenken, welche Ziele der Kunde und der Dienstleister mit der Software verfolgen und welche Softwarestrategie sie haben möchten. Sobald diese Fragen beantwortet sind, können wir uns darauf konzentrieren, welche Märkte der Kunde bedienen möchte und ob es um eine Anlage oder mehrere Anlagen geht. Ein weiterer wichtiger Aspekt bei der Entscheidung für die richtige Software ist die Sicherheit. In der Vergangenheit lag der Fokus oft auf der Performance der Software-Prozesse, doch heute ist das Thema Sicherheit genauso relevant.

Oliver Wilke Für eine zukunftsorientierte Lösung ist es von großer Bedeutung, einen verlässlichen Partner für die Software an seiner Seite zu haben. Es ist entscheidend, dass man jederzeit notwendige Änderungen vornehmen kann und dabei flexibel bleibt.

Michael Buchholz Absolut, das ist eine wichtige Ergänzung. Wenn wir über Software im Zusammenhang mit Neuanlagen sprechen, ist es auch relevant, wie sich die Software über die Jahre entwickelt hat. Dabei sollten wir auch das Thema Migration in Betracht ziehen. Wie kommen wir von älteren Softwarelösungen mit veralteten Technologiestacks auf moderne Softwarelösungen, ohne dabei unnötige Ausfallzeiten zu riskieren?

Was wird sich in den nächsten Jahren in Bezug auf Softwareentwicklung verändern oder weiterentwickeln?

Michael Buchholz
Wir beobachten eine Verschiebung von einer hauptsächlich lokal installierten Softwarearchitektur hin zu einer Cloud-Native-Architektur. Ein weiteres bedeutendes Thema im Zusammenhang mit der Intralogistik bei Dematic sind die Services und die damit verbundenen API-Schnittstellen. Und auch Daten werden eine entscheidende Rolle spielen. Als Teil der Kion Group, die viele Gabelstapler betreibt, wird der Begriff "vom Gabelstapler zum Datenstapler" immer relevanter. Es ist von entscheidender Bedeutung, das Thema Daten und Datenanalyse in die Planung zukünftiger Modelle zu integrieren und zu verstehen, welche Auswirkungen sie auf das Unternehmen haben.
In Bezug auf die Intralogistik sehen wir bereits den Einsatz von Datenbrillen, die beim Kommissionieren eine immer wichtigere Rolle spielen. Der Digital Twin ist ebenfalls ein relevantes Thema. Die Einführung standardisierter und stabiler Schnittstellen sowie die effektive Nutzung von Daten ermöglichen die Integration neuer Technologien. AMR und Roboter werden vermehrt in der Intralogistik eingesetzt, und die Herausforderung besteht darin, sie nahtlos in die Software zu integrieren.

Oliver Wilke
In unserem Unternehmen steht der modulare Aufbau im Fokus. Unsere Industrial-Edge-Devices ermöglichen die Analyse in unmittelbarer Nähe der Maschinen. Diese Geräte bieten kompakte Apps, die von Ferne gewartet werden können und somit die Verfügbarkeit der Maschinen erheblich gewährleisten. Die Software, die auf diesen Geräten läuft, spielt dabei eine entscheidende Rolle. Ein weiteres Anliegen betrifft den steigenden Bedarf an Software, während die Anzahl der Programmierer nicht im gleichen Maße wächst. Daher haben wir bei uns die Low-Code-Plattform Mendix eingeführt. In Bezug auf das Cloud-Geschäft verlagern wir kontinuierlich Daten, Dienste und Services in die Cloud.

Was macht eine Software zu einer akzeptablen oder guten Software, bzw. was zu einer sehr guten oder hervorragenden Software?

Michael Buchholz
Eine gute Software zeichnet sich dadurch aus, dass sie mit den Kundenbedürfnissen mitwächst. Sie kann entweder über Automatisierung oder durch Integration neuer manueller Prozesse wachsen. Eine gute Software bietet Möglichkeiten, sich flexibel anzupassen und relativ leicht neue Technologien zu integrieren.

Oliver Wilke
Testbarkeit und Wartbarkeit sind entscheidend und stehen an erster Stelle. Diese Eigenschaften müssen auf allen Ebenen der Software stabil sein.

"Als Teil der Kion Group, die viele Gabelstapler betreibt, wird der Begriff "vom Gabelstapler zum Datenstapler" immer relevanter. Es ist von entscheidender Bedeutung, das Thema Daten und Datenanalyse in die Planung zukünftiger Modelle zu integrieren und zu verstehen, welche Auswirkungen sie auf das Unternehmen haben."
Michael Buchholz
© Dematic

Gibt es einen Trend hin zu Echtzeit-Transparenz der Supply Chain und sollten die Schnittstellen zwischen den einzelnen Prozessschritten vereinfacht werden?

Michael Buchholz Ganz eindeutig geht der Trend in diese Richtung. Allerdings liegt der Teufel im Detail. Wir sprechen über den digitalen Zwilling - aber was genau bedeutet das? Wie setzen wir eine Predictive Analysis ein, um tatsächlich vorausschauen zu können? Es gibt unterschiedliche Daten-Schnittstellen, die nicht alle zum aktuellen Zeitpunkt standardisiert sind. Doch wenn wir uns die Themen anschauen, die bei Dematic und der KION Group präsentiert werden, wird deutlich, dass der Trend eindeutig darauf abzielt, die Schnittstellen in den Griff zu bekommen und effektiv mit den vorhandenen Daten zu arbeiten.

Oliver Wilke Die Menge an Daten nimmt in allen Bereichen extrem zu. Insbesondere durch die Diskussionen über den CO2-Fußabdruck erhalten wir zusätzliche Daten, die berücksichtigt werden müssen. Um dies zu bewältigen, setzen wir die Teamcenter PLM-Software und einen entsprechenden Kalkulator ein. Es ist von großer Bedeutung, diese Daten in Produkte, Lieferketten und die Logistik einzubeziehen, um den CO2-Fußabdruck angemessen zu berücksichtigen. Der digitale Zwilling wird in Zukunft die Leistung sowohl von einzelnen Maschinen als auch von ganzen Anlagen immer weiter steigern. Dadurch wird eine virtuelle Repräsentation ermöglicht, die im Wesentlichen aus Software besteht. Dies zeigt, dass die Zukunft stark von dieser virtuellen Darstellung geprägt sein wird.

Ist es derzeit schon möglich, beliebig viele Variablen in den Digitalen Zwilling einzuspielen?

Oliver Wilke
Zum ersten Mal präsentieren wir den Ansatz, wie man in Kombination mit einem Materialflusssystem und der Mendix Low-Code-Plattform als Frontend eine einfache Nutzung ermöglichen kann. Mit dieser Lösung können Daten für den nächsten Tag simuliert werden, indem Aufträge in die Simulation eingespielt werden. Dadurch erhält man eine Vorhersage für die Fulfillment-Rate am nächsten Tag. Die zentrale Frage ist, ob man es schaffen wird, die benötigten Produkte bis 18 Uhr des nächsten Tages am LKW bereitzustellen. Dieser Ansatz ist letztendlich nichts anderes als der Digitale Zwilling der Maschine, jedoch bezogen auf das Gesamtsystem.
Die Zukunft wird es ermöglichen, die Performance weiter zu steigern, über das hinaus, was Logistikplaner oder Schichtleiter derzeit einstellen können. Der Digitale Zwilling ist nicht nur für Maschinen relevant, sondern auch in der Logistik und hinsichtlich der Abwicklung von Aufträgen.

Michael Buchholz
Wir sind auf dem Weg in diese Richtung - es sind viele Möglichkeiten möglich... In den hochkomplexen Intralogistik-Anlagen sehen wir jedoch auch eine enorme Menge an Daten, die gezogen und aufbereitet werden müssen. Es erfordert viel Zeit, nicht nur aus einem Lagerverwaltungssystem, sondern auch aus dem ERP-System, um solche Daten aufzubereiten und die Realität wirklich abzubilden. Doch wie Oliver bereits erwähnte, ist die klare Richtung vorgegeben und mit zunehmender Daten-Speicherung und Datenverarbeitungsleistung wird die Entwicklung voranschreiten. Die Frage ist, wie lange es dauern wird - ob fünf Jahre oder zehn Jahre - bis wir einen echten digitalen Zwilling für alle Anwendungen haben werden. Die ersten Anwendungen sind bereits vorhanden und quartalsweise kommen neue Möglichkeiten und Technologien hinzu, um schließlich eine solche Rechenleistung zur Verfügung zu stellen.