Pharma-Lieferengpässe : Lieferprobleme bei Arzneien: Studie zeigt überraschende Zusammenhänge

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© Sven Hoppe - stock.adobe.com

Seit Monaten schlagen Apotheken, Mediziner*innen und Betroffene Alarm: Diverse Kinderarzneimittel wie Fiebersäfte sind knapp, die Versorgungslage ist angespannt. Die Kühne Logistics University (KLU) hat sich seit in den letzten zwei Jahren mit den Hintergründen der Arzneimittelknappheit beschäftigt.

Kai Hoberg, Professor für Supply Chain und Operations Strategy an der Kühne Logistics University (KLU) und seine Co-Autoren haben dafür Deutschland ausgewählt - den viertgrößten Pharmamarkt nach den USA, China und Japan.

Warum Arzneien von Liefer-Engpässen betroffen sind

Patentierte Produkte, die nur von einem Hersteller angefertigt werden, sind demnach seltener von Engpässen betroffen als Arzneimittel, die den Patentschutz verloren haben und als Generika von vielen Anbietern hergestellt werden. „Sobald eine Konkurrenzsituation herrscht, sind einzelne Unternehmen zu stärkerer Effizienz gezwungen. Bereits kleine Störungen führen dann schneller zu Engpässen, weil weniger Kapazitäten und Bestände als Reserve existieren“, ordnet Hoberg dieses Ergebnis ein.

Eine weitere Erkenntnis der Autoren: Die Anfälligkeit für Lieferschwierigkeiten korreliert mit der Darreichungsform der jeweiligen Arzneimittel, da einzelne Applikationsmethoden aufwändiger und damit anfälliger sind. Konkret erwies sich der Produktionsprozess von gespritzten Medikamenten am komplexesten. Entsprechend ist hier die Gefahr für Verunreinigungen oder andere Störungen, die zu Engpässen führen können, höher. Ebenfalls sind Arzneimittel anfällig, deren Nachfrage variabel ist.

Weiterhin wurde analysiert, wann Pharmaunternehmen, die hierzulande verpflichtet sind, Engpässe bei kritischen Medikamenten zu melden, tatsächlich ihrer Pflicht nachgehen. Überraschenderweise wurden Engpässe oft erst sechs bis acht Wochen gemeldet, nachdem der Markt den Engpass bereits erreicht hat. „Von dieser Information waren alle Beteiligten überrascht“, berichtet Hoberg, der eine striktere Meldefristpolitik für nötig hält.

Nicht mehr Geld, sondern mehr Transparenz schafft Abhilfe

Häufig wird in diesem Zusammenhang die Frage diskutiert, ob höhere Preise Engpässe bei Arzneimitteln vermeiden könnten – eine Frage, die Hoberg klar verneint: „Diese Strategie bedeutet nur eine Umverteilung des Problems: Man erhöht damit die Prioritäten der Unternehmen auf den deutschen Markt, aber dann fehlt das Arzneimittel in einem anderen europäischen Land.“ Vielmehr sieht Hoberg einen erfolgversprechenden Ansatz in einer differenzierteren Incentivierung, die mit Resilienz-Maßnahmen als Auflage verknüpft ist, die die Produktion wiederum langfristig garantieren und Risiken reduzieren.

Als nächste nötige, ganz praktische Schritte sehen die Wissenschaftler die Etablierung eines Frühwarnsystems sowie die Erhöhung der Transparenz entlang der gesamten Lieferkette, die bislang lediglich bei den Herstellern liegt. „Transparenz alleine löst das Problem der Engpässe zwar noch nicht, aber sie ist nötig, um auf dieser Basis adäquate Resilienz-Maßnahmen für Unternehmen zu entwickeln“, resümiert Hoberg.