Digitalisierung im Schienengüterverkehr : Die Digitale Automatische Kupplung am Weg zur Serienreife

Barbara Lunzer (RCG), Philipp Wagenknecht (RCG), Wolfgang Reissner (ÖBB Technische Services) und Manuel Rapold (RCG) bei der Betriebserprobung der DAK in Deutschland.
© Rail Cargo Group

Die Digitale Automatische Kupplung (DAK) wird seit 2020 im Pilotprojekt „DAC4EU“ (Digital Automatic Coupling for Europe) getestet. Durch die Automatisierung des Kuppelvorgangs von Güterwagen soll die Effizienz gesteigert, die Kapazität erhöht und die Sicherheit im Betrieb verbessert werden. Mit dabei sind neben der Rail Cargo Group die Deutsche Bahn, DB Cargo, SBB Cargo und auch die privaten Unternehmen Ermewa SA, GATX Rail Europe und VTG AG.

Beim Start im Juni 2020 hat das deutsche Bundesministerium für Digitales und Verkehr (BMDV) das Projekt mit 13 Millionen Euro gefördert, der Projektzeitraum war bis Dezember 2022 geplant. Aufgrund von Optimierungsbedarf während der Testphase wurde das Projekt bis Juni 2024 verlängert und mit zusätzlichen sieben Millionen Euro unterstützt.

Nun hat das deutsche Ministerium erneut einen Betrag von über acht Millionen Euro bewilligt, um die Entwicklung der DAK weiter voranzutreiben und die Serienreife zu beschleunigen.

Das ist das Ziel des Projekts "DAC4EU"

Ziel des Projekts ist es, die DAK im europäischen Schienengüterverkehr zu testen und in den Regelbetrieb zu überführen. Die Digitale Automatische Kupplung ersetzt die manuelle Schraubenkupplung, die seit über 100 Jahren im Einsatz ist, durch ein automatisiertes System, das mechanische, pneumatische und elektrische Verbindungen herstellt. Dies soll nicht nur die Effizienz steigern, sondern auch die Digitalisierung und Automatisierung im Schienengüterverkehr fördern.

In der ersten Projektphase wurden verschiedene Kupplungstypen getestet, um die am besten geeignete Technologie auszuwählen. Im September 2021 entschied das European DAC Delivery Programme (EDDP), das Scharfenberg-Design als Standard für die weitere Entwicklung zu verwenden. In der zweiten Phase ab 2022 wurde ein Demonstratorzug mit Scharfenberg-Kupplungen ausgestattet. Dieser Zug wurde unter realen Betriebsbedingungen in Deutschland, Österreich und der Schweiz getestet.

Der Demonstratorzug bestand aus unterschiedlichen Wagentypen, darunter Kessel- und Containerwagen, um die Vielseitigkeit der Kupplung zu prüfen. Insgesamt wurden Tests in neun europäischen Ländern durchgeführt, bei denen der Demonstratorzug in knapp 30 Rangierbahnhöfen gekuppelt wurde. Die Kupplung funktionierte unter extremen Witterungsbedingungen von minus 25 bis plus 40 Grad und bewies ihre Zuverlässigkeit sowohl im Flachland als auch in den Alpenregionen.

Wie funktioniert die Digitale Automatische Kupplung?

Die Digitale Automatische Kupplung (DAK) nutzt automatische Kupplungshaken, die bei Annäherung der Waggons selbstständig ineinandergreifen. Integrierte Stoßdämpfer sorgen für eine stabile und sichere Verbindung der Waggons, selbst bei hohen Geschwindigkeiten und starkem Bremsen. Das sind die Hauptmerkmale und Funktionsweisen der DAK:

Automatische Verbindung: Die DAK ermöglicht eine automatische Kupplung der Waggons. Dies bedeutet, dass keine manuelle Arbeit erforderlich ist, was die Arbeitsbedingungen verbessert und die Sicherheit erhöht.

Elektrische und Datenverbindungen: Neben der mechanischen Verbindung stellt die DAK auch elektrische und Datenverbindungen zwischen den Waggons her. Dies ermöglicht die Übertragung von Energie und Daten, was für moderne Betriebsprozesse und digitale Anwendungen entscheidend ist.

Effizienz: Die Automatisierung des Kupplungsvorgangs reduziert den Zeitaufwand erheblich. Züge können schneller zusammengestellt und in Betrieb genommen werden, was die Gesamteffizienz des Schienengüterverkehrs steigert.

Erhöhte Kapazität und Produktivität: Durch die schnellere und zuverlässigere Kupplung können mehr Züge auf derselben Strecke verkehren. Dies erhöht die Trassenkapazität und verbessert die Produktivität des Schienengüterverkehrs.

Klimafreundlichkeit: Die DAK unterstützt die Verlagerung des Güterverkehrs von der Straße auf die Schiene, was signifikante Umweltvorteile bietet. Der Schienengüterverkehr ist deutlich emissionsärmer als der Straßenverkehr, und die DAK trägt zur Erreichung der Klimaziele bei.

Technologische Vorteile der DAK

Die DAK automatisiert nicht nur die mechanische Verbindung der Wagen, sondern integriert auch Energie- und Datenleitungen. Diese ermöglichen die Einführung von Technologien wie elektropneumatischen Bremsen, die im Personenverkehr längst Standard sind. Bei diesen Bremsen wird die Bremskraft elektronisch und somit nahezu verzögerungsfrei über den gesamten Zug verteilt, was die Bremswege verkürzt und höhere Geschwindigkeiten im Güterverkehr erlaubt.

Ein weiterer Vorteil der Digitalen Automatischen Kupplung ist die Möglichkeit der digitalen Zugvollständigkeitsüberwachung. Aktuell erfolgt die Überprüfung der Vollständigkeit eines Zuges durch ortsfeste Achszähler an den Gleisen. Mit der DAK kann die Vollständigkeit eines Zuges erstmals digital und direkt im Zug selbst kontrolliert werden. Dies könnte in Zukunft ortsfeste Achszähler und starre Gleisabschnitte überflüssig machen, wodurch zusätzliche Kapazitäten auf den Schienen geschaffen würden. Güter- und Personenzüge könnten dann mit dynamischen Abständen verkehren, was den Verkehrsfluss verbessert und Störungen minimiert.

Wann kommt die Digitale Automatische Kupplung in Serienreife?

Die bisherigen Tests verliefen erfolgreich, jedoch ist weiterer Entwicklungsbedarf erforderlich, bevor die DAK vollständig in den Betrieb integriert werden kann. Die zusätzliche Förderung des BMDV soll dazu beitragen, offene Fragen zur Standardisierung und Integration in bestehende Systeme zu klären.

Nach aktuellen Plänen sollen bis 2026 bis zu 100 Pionierzüge mit serienreifen DAKs im europäischen Schienengüterverkehr eingesetzt werden. Diese Züge werden eine wichtige Rolle bei der weiteren Erprobung und Markteinführung der Technologie spielen.