Automatisierung im Transport : So verlief der erste Test mit teilautonomen Lkw in Deutschland

teilautonomer Truck von Iveco
© Iveco

Gemeinsam mit Plus, einem Unternehmen für KI-gestützte autonome Lkw-Software, dem Logistikunternehmen DSV und DM Drogeriemarkt hat sich der Fahrzeughersteller Iveco an die Kür in der Transportlogistik gewagt: dem autonomen Fahren. Vor kurzem haben die Unternehmen die  Erprobung einer Iveco Sattelzugmaschine mit der teilautonomen Fahrerassistenzlösung von Plus im deutschen Krefeld nun beendet.

Es war der erste Test dieser Technologie auf öffentlichen Straßen in Deutschland. Nach einem mehrmonatigen Prüf- und Validierungsverfahren der Technologie sowie der Schulung der Fahrenden war die teilautonome Lösung bereit für den Einsatz auf öffentlichen Straßen. Auf der Strecke zwischen zwei Lagerhäusern in Krefeld und Hennef wurden Waren unter realen Bedingungen ausgeliefert.

„Diese Demonstration ist ein weiterer wichtiger Schritt auf unserem Weg zur Kommerzialisierung hochautomatisierter Fahrtechnologien in der Logistikbranche. Durch dieses gemeinschaftliche Pilotprojekt konnten wir die Fähigkeiten unseres Fahrerassistenzsystems im realen Betrieb validieren und Verbesserungen bei der Sicherheit, der Kraftstoffeffizienz und der Gesamtfahrleistung bestätigen. Diese Ergebnisse bestärken uns in unserer Überzeugung, dass die Automatisierung den Fahrenden nicht ersetzen, sondern seine Rolle aufwerten wird, indem sie Ermüdungserscheinungen reduziert, bei komplexen Manövern unterstützt und eine sicherere, produktivere Arbeitsumgebung schafft“, resümiert Marco Liccardo, Chief Technology & Digital Officer bei Iveco Group.

Man freue sich darauf, "selbstfahrende in Serie gefertigte Lkw mit der Selbstfahrtechnologie von Plus auf den Markt zu bringen, zunächst in den USA und dann in Europa" kommentiert COO und Mitbegründer von Plus, Shawn Kerrigan. Plus ist ein im Silicon Valley ansässiges Unternehmen für selbstfahrende Software. Nach dem Pilotprojekt gehen die Partner davon aus, dass in Serie gefertigte selbstfahrende Lkw bis 2027 in den USA und anschließend in Europa kommerziell verfügbar sind.

Der Fokus liege auf der " Depot-zu-Depot-Logistik", ergänzt Peter Matthiesen, Senior Director, Group Innovation, Mobility & Truck Technology bei DSV. Denn die Technologie eigne sich "hervorragend für wiederkehrende Prozesse, bei denen ausreichend Daten vorhanden sind“.

In den USA ist das Unternehmen Kodiak bereits mit autonomen LKW im realen Betrieb unterwegs. So transportiert Atlas Energy Solutions 100 Ladungen Proppant mit den RoboTrucks von Kodiak. "Wir haben offiziell einen kommerziellen RoboTruck an einen Kunden ausgeliefert und den kommerziellen Betrieb aufgenommen", sagte Don Burnette, Gründer und CEO von Kodiak. "Die Kommerzialisierung von autonomen Lastkraftwagen ist seit vielen Jahren ein Ziel der Branche, das nun Wirklichkeit geworden ist. Autonome Lkw sind nicht nun mehr nur ein Konzept, sondern Teil des realen Betriebs." 

Lesen Sie dazu auch: Kodiak bringt den ersten fahrerlosen LKW auf den Markt

So ist der teilautonome Sattelzug ausgestattet

Die teilautonome Lösung für das Pilotprojekt wurde gemeinsam von Iveco und Plus entwickelt. Ausgestattet mit der KI-basierten, hochautomatisierten Fahrlösung von Plus und Sensoren wie Lidar, Radar und Kameras bietet diese die S-Way Sattelzugmaschine dem Fahrer eine 360-Grad-Sicht rund um das Fahrzeug und neue Möglichkeiten, den Verkehr und die Straße zu überwachen, was Sicherheit und Komfort erhöht. Die autonome Fahrtechnologie von Plus kann normale Fahrmanöver auf der Autobahn sicher und automatisch durchführen wie das Zentrieren der Fahrspur, vom Fahrer initiierte oder vom System vorgeschlagene Spurwechsel, Stauassistenz und Ausweichmanöver, wobei der Fahrer das System überwacht. Außerdem kann das System den Kraftstoffverbrauch um etwa zehn Prozent senken und damit die Emissionen verringern.

Fahrer bleiben auf absehbare Zeit aus Sicherheitsgründen im Fahrerhaus, bis eine neue zu entwickelnde Infrastruktur zum Beispiel das Laden oder Tanken regelt. Matthiesen sieht in der Technologie ein großes Potenzial, aber keine Gefahr für die Zukunft: „Die neue Technologie wird keine Arbeitsplätze vernichten – ganz im Gegenteil: Sie wird neue Möglichkeiten und Arbeitsplätze schaffen. Die Fahrenden werden so qualifiziert, dass sie ihr Know-how in anderen Bereichen einbringen können. Das ist zum Beispiel in Kontrolltürmen denkbar, die den täglichen Betrieb engmaschig überwachen und unterstützen werden. Es entstehen auch neue Arbeitsplätze für die Durchführung von Kontrollen vor und nach dem Eintreffen der Fahrzeuge oder für viele andere Aufgaben, die weiterhin menschliches Eingreifen erfordern.“

Technologie könnte Fachkräftemangel im Transportsektor lindern

„Der dm-drogerie markt arbeitet seit Jahrzehnten gemeinsam mit DSV an nachhaltigen und innovativen Lieferketten. Daher haben wir dieses Pilotprojekt sehr gerne unterstützt. Wir freuen uns darauf, auch in Zukunft gemeinsam an zukunftsweisenden Technologien wie dieser zu arbeiten", erläutert Ursula Paepcke, Leiterin TKM im Bereich Logistik bei dm-drogerie markt, die Gründe für die Teilnahme an dem Projekt. Das Pilotprojekt bestätigte die erwarteten Ergebnisse und Annahmen, insbesondere hinsichtlich der verbesserten Sicherheit und Zuverlässigkeit. „Das autonome Fahrsystem zeigte durchgängig ein sicheres Fahrverhalten, insbesondere beim Spurhalten, beim Spurwechsel, beim adaptiven Fahren und beim Umgang mit vorhersehbaren Verkehrssituationen.“

„Es ist unglaublich wertvoll für dm und die Projektbeteiligten, zu verstehen und durch praktische Erfahrung zu sehen, wie hochautomatisierte Lkw Sicherheit, Effizienz und Kraftstoffverbrauch verbessern können. Wir freuen uns auf die kommerzielle Verfügbarkeit dieser hoch innovativen Fahrzeuge. Wir wollen Fahrer für die gehobene Rolle gewinnen, da in Europa fast 200.000 Fahrer fehlen, bis 2028 soll die Zahl auf 700.000 ansteigen. Die Technologie des autonomen Fahrens wird das Arbeitsumfeld deutlich verbessern, die geistige und körperliche Ermüdung verringern, die Sicherheit erhöhen und einen wesentlich vielfältigeren Fahrerpool ermöglichen“, ergänzt Matthiesen.