Innovation : Wie junge Mitarbeiter Innovationen in Speditionen bringen

BILD zu OTS - Jungspediteur:innen-Wettbewerb
© Zentralverband Spedition & Logistik

Pilzwurzeln als Grundmaterial für nachhaltige Transportverpackungen und Lademittel, eine App für effizientere Bearbeitung zolltechnischer Anfragen und ein Konzept für prozessoptimierte Container-Terminals: In diesem Jahr wurden wieder junge Spediteure und Spediteurinnen beim Jungspediteur:innen-Wettbewerb des Zentralverbands Spedition & Logistik ausgezeichnet.

Doch wie und wo entsteht Innovation in Speditionen – und lassen sich die ausgezeichneten Projekte auch in die Praxis bringen? Dispo hat nachgefragt.

Digitales Konzept für effizienteres Container-Handling

Mit aktuell 80.450 Stellplätzen für Seefrachtcontainer in Österreich erschweren nicht absehbare Störungen in der globalen Seefracht die Planbarkeit zunehmend. Es herrscht ein ständiger Wechsel zwischen zu vielen und zu wenigen Leercontainern, die durchschnittliche Lagerzeit steigt täglich. Eine Kombination aus Online-Plattform und kompletter Terminal-Digitalisierung könnte Abhilfe schaffen.

Manuel Pertl von Kühne+Nagel hat sich diesem Problem angenommen und mit einem Konzept zur Prozessoptimierung an österreichischen Containerterminals den dritten Platz erreicht.

Denn damit würden Reeder, Speditionen und Frächter geplante Anlieferungen und Abholungen der Leer- und Vollcontainer vorab angeben. Planbarkeit und Lagerlogistik würden sich verbessern und mehr, einfachere und standardisierte Abfertigungen könnten erfolgen. Auch könnte die Verteilung von Transmittern an die Fahrer – ähnlich wie in der Gastronomie – die Abwicklung effektiver machen und die Wartezeit pro LKW verkürzen.

iApp spart Zeit bei zolltechnischen Fragen

Das zweitplatzierte Team mit Mevlide Vishi (26) und Lisa Hrovat (19) von Gebrüder Weiss konnte die Jury mit der App „iZoll“ zum effizienteren Handling der täglich bei Speditionen einlangenden zolltechnischen Fragen überzeugen. Laut vorgeschlagenem Konzept bringt die Digitalisierung des Anfragemanagements Spediteuren, Zolldienstleistern und Kunden zahlreiche Vorteile, darunter die Reduktion von Mailverkehr und Telefonaten, die Option von Abgabenvorberechnungen, schnellere Auftragsverarbeitung und 24/7-Verfügbarkeit. Kunden könnten außerdem eine Zusammenfassung der Anfrage und Antworten im PDF-Format mit dem Auftrag an Spedition und Zolldienstleister mitsenden.

Die App existiere zwar noch nicht, solle aber verwirklicht – und bei Gebrüder Weiss eingesetzt werden. Der Aufbau der App erfolgt dabei in zwei Kategorien: Erstens soll eine Art Zoll-Wiki wie eine Google-Suche zu Zoll-Fachbegriffen funktionieren. Außerdem soll der Nutzer seine kompletten Angaben zur Ware in der Zollanfrage angeben und am Ende der Befragung ein PDF mit der Gesamtaufstellung inkl. Preise und zusätzlichen Kosten wie z.B Zoll und Einfuhrumsatzsteuer erhalten.

Pilze für sicheren und nachhaltigen Transport

Den ersten Platz erreichte Robin Speckbacher (23) von Wildenhofer Spedition und Transport GmbH mit seiner Idee, Myzel anstelle von Plastik für die Produktion von Lademitteln zu verwenden. Das unterirdische Wurzelwerk von Pilzen wird bereits in der Baubranche und vereinzelt für Verpackungen eingesetzt. Als preiswerte Alternative zu herkömmlichen Werkstoffen hätte Myzel aber insbesondere als Lademittel und Verpackungsmaterial große Potenziale für eine weitere Ökologisierung in der KEP-Branche. Myzel ist unter anderem feuerresistent, wasserabweisend, dehnbar, leicht, stabil und wärmeisolierend. Zudem sind die binnen sieben Tagen wachsenden Pilze bzw. das daraus hergestellte Material biologisch abbaubar.

„Die Idee stammt aus dem allgemeinen Megathema Nachhaltigkeit in der Logistik. Anlass war aber der kuriose Umstand, dass dieses Jahr eine Palettenknappheit entstanden ist, aufgrund fehlender Nägel in der Produktion (Stahl aus Russland, Verarbeitung in der Ukraine). So kam die Frage nach alternativen Möglichkeiten für die Herstellung von Ladungsträgern bzw. Verpackungen auf“, erklärt Wildenhofer-Chef Andreas Mayer-Wildenhofer. „Wir verfolgen dieses Thema mit Interesse. Für einen Pilotversuch müssen wir uns aber scheinbar noch ein wenig gedulden. In der Kunst und in der Baustoffindustrie gibt es bereits aber erste Versuche und Erfahrungen“, so der Geschäftsführer weiter.

Robin Speckbacher leistet derzeit Zivildienst ab und hat die Speditionsausbildung mit Auszeichnung im Frühjahr 2022 bestanden. Er habe auf Eigeninitiative seine Teilnahme am Bewerb ergriffen, heißt es von Wildenhofer. Wie er konkret auf das Thema gekommen ist, erzählt der junge Spediteur so: „Tatsächlich habe ich mir die Schlümpfe im Fernsehen angesehen und habe mich von den Pilzhäusern inspirieren lassen. Mycelium hat viele Einsatzmöglichkeiten und nach kurzer Recherche ob Pilzhäuser auch im echten Leben möglich sind, bin ich über einen Ziegelstein aus Mycelium gestoßen. Das Material aus dem Ziegelstein hat jene Vorteile die man sich als Lademittel und Verpackungsmaterial wünscht. Dadurch bin ich schlussendlich auf meine Idee gekommen. Eine zukünftige Verwendung bei Wildenhofer halte ich für möglich.“