Fachkräftemangel : "Unternehmen sollten sich mehr in den Kopf der Zielgruppe denken"

Lucas Fischer, Chef von Media Recruiting beim Telefonieren
© Media Recruiting

Was müssen Unternehmen ändern, um erfolgreich Logistik-Fachkräfte in ihr Unternehmen zu holen?

Lucas Fischer
Zuallererst müssen sie sichtbarer werden und umdenken. Die Zielgruppe befindet sich genau wie alle anderen im Internet, beispielsweise auf den sozialen Medien. Dort kann man heutzutage also effektiv sichtbar werden. Zusätzlich scheuen sich viele kleine und mittelständige Unternehmen vor dem Investment in die eigene Marketingstrategie: 'Marketing können sich nur die großen Firmen und Konzerne leisten, wie DB Schenker, Dachser und Co.'. Das stimmt allerdings nicht, denn schon mit den einfachsten Mitteln und Prozessen können kleine und mittelständige Unternehmen sich von den Konzernen abgrenzen und punkten.
Vor allem mit der familiären Atmosphäre und individuellen Goodies für die Mitarbeiter können sie sich abheben. Es geht den Kraftfahrern nicht immer um den höchsten Lohn – der Job muss auch Spaß machen. Kein Mensch will nur eine Nummer sein.

Wie können Arbeitgeber das Arbeitsklima bewerben?


Fischer
Das kann man medial maximal sichtbar machen. Und das sogar so effektiv, dass affine Nachwuchskräfte zum ersten Mal ein Jobangebot von Transport- und Logistikunternehmen wahrnehmen und sich somit das erste Mal mit der Branche beschäftigen. Durch gezielte Social-Media-Kampagnen ist das ein extrem positiver Effekt, den wir vor allem im letzten Jahr feststellen durften.
Unsere Kampagnen sind etwa meistens auf ausgebildetes Fachpersonal ausgerichtet. Dennoch bewerben sich auch viele Nachwuchskräfte oder Quereinsteiger. Mit gezielten Marketingkampagnen kann man nicht nur die eigenen Stellen durch ausgebildetes Personal besetzen, auch geht man gleichzeitig das größte Problem der Branche an – den Nachwuchsmangel.

Wie weit sind Unternehmen hier schon?


Fischer
Im Zuge einer Projektarbeit haben wir 500 Transport- und Logistikwebseiten auf optimierte digitale Recruiting Prozesse gecheckt. Ganze zwei Prozent, also nur 10 Seiten, waren auf das heutige Niveau optimiert. Selbst große Speditionen haben da enormen Aufholbedarf. Da sind andere Branchen bereits einige Jahre voraus. Viele Speditionen arbeiten mit sehr alten Integrationen wie zum Beispiel dem Hochladen von PDF Bewerbungsunterlagen oder Kontaktformularen. Die Unternehmen sollten sich aber mehr in den Kopf der Zielgruppe denken: Keiner hat Lust über das Smartphone seine Bewerbungsunterlagen per PDF hochzuladen. Das sind jedoch Sachen, die Unternehmen sehr schnell optimieren können und die einen großen Effekt auf die eigene Mitarbeitergewinnung haben kann.

Gibt es Best Practices?


Fischer
Ja, und es gibt viele Beispiele. Letztens rief mich ein Kunde an, den wir seit mehreren Monaten betreuen. Er sagte mir, dass ein Bewerber heute eingestellt wurde, der bereits seit Monaten die Stellenanzeige sieht und sich dadurch immer mehr mit dem Unternehmen beschäftigt hat. Nach sechs Monaten hat er sich dann endgültig entschieden, sich zu bewerben und kam mit weiteren acht LKW-Fahrern ins Team. Mein Kunde, der seit Jahren eine sichere Möglichkeit gesucht hat, planbar offene Stellen zu besetzen und vor Kurzem einen Großauftrag angenommen hat, war einfach komplett aus dem Häuschen und begeistert. Er hat nun in unserer Zusammenarbeit in einem Zeitraum von acht Monaten insgesamt 27 neue Fahrer eingestellt – darunter auch Quereinsteiger und Nachwuchskräfte ausgebildet. Man sieht also, dass es sich auszahlt, in digitale Recruiting-Prozesse zu investieren.

Lucas Fischer ist Gründer und Geschäftsführer von MediaRecruiting. Er hilft Speditionen dabei, mithilfe von digitalen Strategien neue Kraftfahrer einzustellen.