Case Studies : Wenn Mitarbeiter zu Transformationsmanagern werden

Hand zeigt auf Prozesse am Bildschirm
© Philip Loeper

Durch sich wandelnde Zielmärkte und neue Anforderungen, getrieben durch die digitale Transformation, will der internationale Logistik-Dienstleister Rhenus auch die konzerninterne Digitalisierung vorantreiben. So hat sich der Innovation Hub der Rhenus SN Digital zur Aufgabe gemacht, für diese Herausforderungen der Rhenus Home Delivery sowie der Rhenus High Tech stetig neue, innovative Lösungen zu finden. Vor allem die Prozessoptimierung im operativen Bereich liegt im Fokus des Konzerns.

Denn Papierformulare, Datenerfassung mit Medienbrüchen, aufwendige Ablagesysteme sowie eine nachträgliche manuelle Datenaufbereitung und -weitergabe gehören auf Team- und Arbeitsgruppenebene meist zum Alltag. Hier ist der Bedarf an schnellen, digitalen Arbeitserleichterungen am größten. Übersprungene Punkte in Checklisten, unleserliche Schrift und Fehler in der Übertragung, zeitverzögertes Einreichen von Berichten, die dann in Ordnern verschwinden und eine Wetterunbeständigkeit der Protokolle forderten das Ablösen von Zettel und Stift.

Auch im Qualitätsmanagement wird grundsätzlich sehr viel Papier für einzelne Checklisten und Audits verwendet, die aber im Nachgang meist keine weitere Beachtung fanden. Erfasste Daten wurden übertragen und abgeheftet. Es fanden selten Auswertungen statt, um beispielsweise Fragen zu beantworten oder Muster zu erkennen, wie: Wo sind Fehlerhäufigkeiten? Wurden alle Prüftermine eingehalten?

Schnelle Umsetzungsmöglichkeiten

Um diese Prozessdigitalisierung mitarbeiterorientiert zu gestalten, suchte Rhenus nach schnellen Umsetzungsmöglichkeiten für Ideen – und wurde bei smapOne fündig: smapOne bot mit einem App-Baukasten für Nicht-IT-ler ein Tool für die schnelle Prototypen-Entwicklung.

Ideen der Mitarbeiter, den einen oder anderen manuellen Prozess zu digitalisieren, ließen sich schnell und einfach austesten. Die entstandenen Prototypen-Apps waren nah an einer möglichen Endanwendung, sodass die Fachabteilung schon im Entstehungsprozess für die Optimierung und Entscheidung einbezogen werden konnte.

Daraufhin ging Carsten Schleinig, Projektmanager im Innovation Hub, mit den Managern für Qualitätsmanagement und Arbeitssicherheit in den engeren Austausch.

Ein Prozess wurde dabei als besonders geeignet herausgefiltert: Die Fahrzeugprüfung. Mit etwa 500 Fahrzeugen im Fuhrpark aus eigenem Bestand wie auch von Subunternehmern und einem turnusmäßigen Prüftermin pro Monat pro Fahrzeug wurde hier ein häufig wiederkehrender Routineprozess transformiert.

Ursprünglich wurden dabei im Büro der Fahrzeugprüfer die notwendigen Zettel ausgedruckt. Ein Kollege aus der Disposition ging damit raus auf den Hof und führte die Fahrzeugprüfung durch. Mittels einer Digitalkamera wurden Fotos von Beschädigungen aufgenommen und in einen zentralen Sammelordner übertragen. Der handschriftliche Prüfbogen verschwand abgeheftet in einem anderen. Sieben Tage haben Subunternehmen bei der Feststellung eines Schadens Zeit, um erneut vorstellig zu werden. Wird der Schaden nur manuell dokumentiert, stellt dies durch die hohe Fehleranfälligkeit eine Gefahr dar – für den eigenen Fahrer aber auch für das Umfeld. Diese Nachprüfungen mussten manuell zum Vorgang zugeordnet werden. Kennzahlen für das Fuhrparkmanagement konnten nur mühsam händisch ermittelt werden.

Digitales Formular statt abgeheftetem Papier

Schleinig transformierte den analogen Prüfbogen im App Designer von smapOne in ein digitales Formular. Anschließend wurde der Prototyp dieser "Fahrzeugprüf-App" an Fuhrparkmanager verteilt. Nach der inhaltlichen Kontrolle testeten die Prüfer den Prototypen im Alltag. Der Kollege ruft nun auf seinem Smartphone oder Tablet die kreierte App auf, befüllt alle Pflichtfelder und fotografiert über das Kamera-Symbol im Protokoll alle Schäden. Mit dem Absenden des Datensatzes gelangt dieser in digitaler Form in die Dokumentenablage. Sofern Schäden festgestellt wurden, bekommt der Subunternehmer automatisch einen PDF-Bericht mit dem Prüfprotokoll zugesendet. Bestimmte Kennzahlen, die sich nun ebenso automatisiert aus den strukturierten Datensätzen ablesen lassen, liegen dem Niederlassungsleiter dank der Verbindung zu Power BI in grafischer Form vor.

Das verbesserte mit einem Schlag die Datenqualität durch Pflichtfelder und ermöglichte eine durchgängige Datentransparenz und Kennzahlen-Ermittlung sowie eine erhebliche Zeitersparnis bei der Aufbereitung der Daten.

Vom Prototyp zur fertigen, individuellen Lösung

Von der ersten Version des Prototyps bis hin zur finalen wurden schnell Anpassungen durchgeführt. Beschreibungen wurden verfeinert, einzelne Bausteine herausgenommen, andere kamen hinzu. Bei der digitalen Transformation war es Projektmanager Schleinig von vornherein wichtig, analoge Prozesse nicht 1:1 abzubilden. Alle Prüfpunkte und Abfragen wurden hinterfragt, angereichert, neu strukturiert und vereinfacht – nach dem so genannten Minimum-Viable-Product-Ansatz (MVP).

Der finale Prototyp des Fahrzeugchecks konnte nach nur kurzer Zeit vom Innovationsteam an das zentrale Qualitätsmanagement übergeben werden. Hier übernahm ein Mitarbeiter die weitere Verwaltung der „smap“, der mit smapOne erstellten App. Er passte diese an die individuellen Gegebenheiten der verschiedenen Niederlassungen an, verteilte die fertigen smaps an Nutzer im Fuhrpark und pflegte die Stammdatenlisten, auf die in den smaps zugegriffen wird.

Mit der Digitalisierung des Prüfprozesses wurden nun die Nachteile der manuellen Kontrolle und Auswertung aufgelöst. Schleinig bestätigt, es gäbe noch viele weitere Prozesse gerade im Qualitätsmanagement, die von der schnellen Prototyp-Entwicklung mit smapOne profitieren können – wie etwa die Prüfung der Feuerlöscher bei Hallenbegehungen.

Nun bauen etwa elf Kollegen eigene smaps mit smapOne. Aus den Ideen für Einsatzszenarien im Lager, auf dem Hof sowie im QM und im Büro sind bis jetzt ca. 74 kleine Prototypen-smaps entstanden – Tendenz steigend. Für den Innovation Hub stellt das Baukastenprinzip von smapOne ein Innovations-Tool dar, um kleine Prozesse schnell selbst im Team zu digitalisieren, auszutesten, zu verbessern und an Kollegen zu verteilen.