Grampetcargo Austria : Interview mit Friedrich Macher, Geschäftsführer und Miteigentümer

Die Fragen stellte Ludwig Fliesser.

dispo: Man kann eine Eisenbahnunternehmung nicht aus heiterem Himmel gründen. Aus welcher Substanz heraus ist denn die Grampet Group ursprünglich entstanden?

Friedrich Macher: Die Grampet-Gruppe hat, wie in so vielen anderen Ländern auch, die Möglichkeiten, die sich nach der Öffnung des Eisernen Vorhangs und dem Zusammenbruch des COMECON ergeben haben, genutzt.

Damals haben die beiden jetzigen Eigentümer (Gruia Stoica und Vasile Didila, Anm.) die Gelegenheit gefunden, einen größeren Pool von Waggons und Loks zu privatisieren. Aus dieser Gründungsgeschichte haben sie in nicht einmal zwei Jahrzehnten eine Erfolgsgeschichte gemacht. Inzwischen ist die Grampet-Tochter GFR (Grup Feroviar Român) Marktführer in der Schienengüterlogistik in Rumänien.

Sie sind im österreichischen Markt relativ neu mit der Grampetcargo Austria aktiv. Zu Beginn hatten Sie einige innovative Ideen, wie zum Beispiel die Idee eines Kombi-Modells mit der Binnenschifffahrt, um deren Gütertransporte bei Nicht-Schiffbarkeit der Wasserstraße abzuwickeln. Wie entwickelt sich dieses Projekt?

Ich habe einen Slogan entwickelt: „Resilienz durch Kooperation!" Wir haben eine Reihe von Gesprächen mit Verladern und Binnenschiffsredereien geführt. Bisher haben wir noch keine Abschlüsse gemacht, aber wir sind zuversichtlich. Spätestens nach dem nächsten längeren Ausfall der Donau – sei es nun durch zu viel oder zu wenig Wasser, Eis oder Schleusenreparaturen – wird man sich an unsere Angebote erinnern.

Und wie sieht es mit anderen Geschäftsfeldern aus?

Unser Kerngeschäft sind intermodale Verkehre zwischen dem Schwarzmeerraum und der Nordsee. Dort sind wir mit bis zu fünf Zugpaaren pro Woche unterwegs in einem recht anspruchsvollen Logistikkonzept gemeinsam mit Partnern unseres Produktionsverbunds, ECCO-Rail und safety4you. Friedrich Macher, Geschäftsführender Gesellschafter der Grampetcargo Austria GmbH Bild: Grampetcargo Austria Wenn wir die Lizenz und die Sicherheitsbescheinigung für unser Unternehmen erhalten haben, werden wir die Geschäfte teilweise mit unseren eigenen Lokomotiven betreiben. Trotzdem wollen wir bewusst in diesem Produktionsverbund verbleiben, weil das Abfedern von Beschäftigungs- und Auslastungsschwankungen in dieser Konstellation wirtschaftlicher und besser für den Servicegrad der Kunden möglich ist.

Wer sind ihre wichtigsten Kunden in Österreich?

Es sind Kunden aus der Papierindustrie und aus der Chemiebranche, das sind unsere Kernkunden und natürlich die Auftraggeber für die intermodalen Züge. Die kommen vor allem aus der Automobilindustrie.

Wie sieht es in Richtung der Südhäfen aus? Ist der adriatische Raum für Sie ein Thema?

Wir sind dabei die Häfen Koper und Rijeka zu analysieren. Da haben wir auch einiges in der Pipeline aus der Automobilindustrie im Neuwagengeschäft. Wir haben bisher noch keine wirklich wirtschaftliche Lösung gefunden, wie wir auf den kurzen Strecken sowohl den Servicegrad liefern als auch kompetitive Preise erreichen, mit denen man auch in der Lage ist, positive Ergebnisse zu erwirtschaften. Aber wir sind zuversichtlich, dass früher oder später größere Beauftragungen kommen werden.

Sie plädieren immer für die Kooperation verschiedener Marktteilnehmer. Auf der anderen Seite beschwören Sie den Wettbewerb als Mittel zum Erfolg für den Schienengüterverkehr. Ist das nicht widersprüchlich?

Der Wettbewerb muss um die Idee und das Logistikkonzept, um die bessere Lösung für den Kunden stattfinden. Wenn es aber darum geht zu produzieren ist es ein Gebot der Stunde, sowohl horizontal als auch vertikal zu kooperieren. Jeder Eisenbahnverkehrsunternehmer ob groß, klein, privat oder staatlich, der sich freut, wenn ein Leerzug eines anderen Marktteilnehmers an ihm vorbei rollt und nicht bemerkt, dass er selbst gerade in die Gegenrichtung unterausgelastet oder leer unterwegs ist, hat nicht begriffen, dass die Auslastung des Systems Schiene als Ganzes die Voraussetzung zur Wettbewerbsfähigkeit mit anderen Modi, vor allem dem Lkw, darstellt.

Kooperation ist auch gefragt, wenn es um Reparaturleistungen beispielsweise in Waggonwerkstätten geht. Ich verhandle gerade mit zwei großen Staatsbahnen über ein Projekt, damit wir mit unseren Zügen deren Möglichkeiten vor Ort in Anspruch nehmen können, wenn Waggons zu reparieren sind. Im Gegenzug können wir in Ungarn und vor allem in Rumänien diese Lösungen anbieten. Das verstehe ich unter vertikaler Kooperation.

Horizontale Kooperation wäre, wenn irgendwo eine Lok steht, die eine Leerfahrt über einige hundert Kilometer machen müsste, um zum nächsten beladenen Transport zu kommen, dass man diese Lok an den Zug eines Partners anhängt. Das funktioniert sehr gut, aber nur zwischen den Privaten. Oder man disponiert zusammen und kann so die Lokomotive gemeinsam nutzen.

Das ist intelligentes Kooperieren in der Produktion, um Leerkosten zu vermeiden und Kapazitäten besser zu nutzen, um auf diese Weise wettbewerbsfähiger gegenüber der Straße zu sein. Wenn ein Lkw einen One-Way-Transport hat, dann findet er irgendwo im Radius von 100 bis 300 Kilometern eine Retourladung. Mit dem Zug kann ich aber nicht von der Schiene runter, um irgendwo anders eine Ladung aufzunehmen. Daher müssen wir gemeinsam soviel Verbesserung der Flexibilität, der Wirtschaftlichkeit und der Auslastung zustande bringen, dass wir die ökologisch wünschenswerte und aufgrund der Verkehrsüberlastung auf der Straße sinnvolle Erhöhung des Modal-Splits unterstützen können.

Sie vermarkten derzeit nur Ganzzüge. Wo liegen denn hier ihre Absatzmöglichkeiten?

Es gibt Züge zwischen Logistikzentren und es gibt Züge für große Logistikdienstleister, wie Spediteure. Vor allem die türkischen Großspediteure tun alles, um von der Abhängigkeit der Straße wegzukommen. Die Achse Türkei-Österreich-Deutschland-Benelux ist der wichtigste Zukunftsmarkt für alle Schienenlogistikteilnehmer. Gerade im Intermodalbereich sind hier Wachstumsraten im deutlich zweistelligen Bereich für die nächsten Jahre und Jahrzehnte zu erwarten.

Welche Reibungspunkte existieren noch im grenzüberschreitenden Schienengüterverkehr und inwieweit kann man überhaupt von EINEM europäischen Schienennetz sprechen?

Da gibt es ein wunderschönes Beispiel: Mit viel EU-Geld ist eine zweite Brücke über die untere Donau zwischen Vidin und Calafat errichtet worden. Diese Brücke funktioniert für den Straßenverkehr vierspurig. Für die Eisenbahn führt sowohl auf der bulgarischen Seite zwischen der Brücke und der Hauptbahnstrecke in Vidin, als auch auf der rumänischen Seite zwischen der Brücke und Calafat über mehrere dutzende Kilometer eine einspurige, nicht-elektrifizierte Gleisstrecke. Die Brücke ist für den Bahnverkehr noch immer nicht geöffnet, und wenn sie geöffnet wird, kann sie nicht so funktionieren, wie sie sollte.

Meine Anregung, die ich aus diesem Beispiel ableite: Man sollte die Entscheidungsbefugnis über die Schieneninfrastruktur von den Nationalstaaten nach Brüssel übertragen. Es gibt zwar die TEN-Korridore, aber Entscheidungen für Investitionen wie die Tunnelprojekte in Österreich werden vorwiegend aus nationalen Gesichtspunkten getroffen.

Die Investition in die Ertüchtigung der Strecke zwischen der Türkei, Rumänien und damit weiter nach Ungarn, Österreich, Deutschland und Benelux, wäre für das gesamte europäische Bahnnetz und für den gesamten Modal-Split in Europa im paarweisen Vergleich vermutlich von größerer Bedeutung und Hebelwirkung, als es zum Beispiel Tunnels sind, auch wenn diese nach nationalen Gesichtspunkten eine Rechtfertigung fänden. Die Entscheidungsfindung in Brüssel müsste sich nach dem Kriterium richten: Was nützt dem Modus Schiene und dem Modal-Split aus europäischer Perspektive am meisten!

Sie stehen ja als Privatunternehmen, nicht nur in Österreich, in unmittelbarer Konkurrenz zu großen ehemaligen Monopolbetrieben staatlicher und halbstaatlicher Natur. Wie gelingt es ihnen gegen diese zu bestehen?

Durch Kreativität beim Erkennen der kundenspezifischen Problemlösungen. Zudem haben wir so gut wie keine Overhead-Kosten. Und wir sind oft flexibler und schneller mit unseren Entscheidungen.

Vielen Dank für das Interview!