Spezialtransporte : Wenn das Auto per Schiff reist – die Logistik der Neuwagen

Er hat bereits über 10.000 Kilometer hinter sich, aber nur sechs Kilometer auf dem Zähler. Er kommt von einem deutschen Unternehmen, wurde in den USA gefertigt und steht nun in Südamerika. Er ist für die Straße gemacht und hat bisher nur Wasser gesehen. Nein, es ist kein Rätsel – es ist der Neuwagen.

Wenn der Neuwagen glänzend und praktisch ungefahren beim Händler steht, ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass er bereits eine Reise zu Wasser hinter sich hat. Die Neuwagen-Logistik setzt zu großen Teil auf den Schiffstransport, gilt er doch als praktisch und effizient. Das Werk von Ford in Köln beispielsweise liegt direkt am Rheinufer. Von 400.000 jährlich gefertigten Exemplaren werden 140.000 Wagen gleich auf Schiffe verladen und nach Antwerpen in Belgien oder Vlissingen in den Niederlanden transportiert. Von dort geht es größtenteils weiter mit Hochseeschiffen nach Skandinavien oder Großbritannien. Erst die letzte Meile wird per Lastwagen absolviert, wenn die Autos von den Verteilzentren zu den Händlern gebracht werden.

Ford hat eigens zu diesem Zweck – dem Schiffstransport zu größeren Seehäfen – eine Flotte von fünf Schiffen, mit denen insgesamt etwa 51.000 Wagen transportiert werden können.

Ford ist mit dieser Methode nicht alleine. Dacia, die Tochter von Renault in Rumänien, wählt als ersten Transportweg die Donau. Toyota, Kia und die US-Produktion von BMW setzen ebenfalls auf Hochseefrachter, die ihre Autos von Japan, Korea und South Carolina nach Europa bringen. Bei BMW in Spartanburg, South Carolina, beginnt die Reise allerdings per Güterzug nach Charleston, bevor die zweiwöchige Überfahrt beginnt.

Die Schiene ist der zweitbeliebteste Transportweg. Porsche zum Beispiel hat in seinem Werk in Kornwestheim bei Stuttgart einen eigenen Verladebahnhof und bei seinem Werk in Leipzig den Güterbahnhof direkt neben der Produktion – „weil uns die Straße am Herzen liegt“, sagt Porsche-Sprecher Heiner von der Laden. Auch einzelne Komponenten werden mit dem Zug angeliefert. Wenn die Porsche-Neuwagen in der Welt verteilt werden wollen, müssen aber auch sie irgendwann zu Wasser gelassen werden. Porsche nützt für den Überseetransport die deutschen Häfen Bremerhaven und Emden. Bremerhaven gilt als besonders wichtige Drehscheibe und ist vermutlich der weltgrößte Umschlagplatz für Neuwagen. 95.000 Stellplätze gibt es hier im Terminal, betrieben von BLG Automobile Logistics. Laut den vom Hafen selbst veröffentlichten Zahlen beträgt der Automobil-Umschlag in Bremerhaven 2,3 Millionen Stück, davon 80 Prozent im Export (Stand 2017). 1.400 Autoschiffe kommen zudem jährlich an.

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Bei so langen Transportwegen die Wege dennoch so kurz wie möglich zu halten, ist ein wichtiger Teil der anspruchsvollen Logistik. Durchlaufzeiten müssen so weit als möglich reduziert, daher die Transportmittel – ob es nun das Schiff oder Güterzug ist – bestens ausgelastet werden. Um trotz einer Reise um die halbe Welt eine pünktliche Auslieferung bewerkstelligen zu können, braucht es zudem Transparenz. Echtzeit-Tracking der Neuwagen ist dafür unabdingbar. Und Zeit gespart werden muss auch beim Ein- und Ausladen. Das belgische Transportunternehmen International Car Operators etwa setzt beim Roll-on und Roll-off im Hafen Seebrügge intelligente Steuerung ein. Keiner der zigtausenden Wagen soll auf dem Parkplatz auch nur einen Meter zu viel fahren oder einmal unnötig umgesetzt werden müssen. Und so passiert es, dass bei der Übernahme durch den Käufer am Ende nur sechs Kilometer auf dem Zählerstand zu lesen sind. Die beste Logistik ist eben die, die keiner bemerkt.

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