Handelsschiffe : Chinas Schiffbau-Offensive stellt globale Logistikbranche auf die Probe

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© chakarin - stock.adobe.com

2001, nach dem Beitritt zur Welthandelsorganisation, hat China massiv in den Schiffbau investiert. Nirgendwo sonst werden Schiffe schneller und billiger gebaut als in Chinas Werften. Chinas Produktionskapazität im Schiffbau sei mittlerweile 200 Mal so groß wie die der USA, heißt es im Ö1 Morgenjournal. Selbst wenn Chinas Schiffbauindustrie zehn Jahre lang stagnieren würde, könnten die USA nicht aufholen. 

Neue Hafengebühren, die die USA auf alle chinesischen Schiffe einheben will, würden Chinas Schiffbauindustrie zwar beeinflussen, aber nicht sehr, heißt es dort. Diese Hafengebühren stellen eine Art zusätzlicher Strafzoll für Chinas Seehandel dar, mit dem man Reeder weltweit zwingen will, keine Schiffe mehr in China herstellen zu lassen. 70 Prozent der Handelsschiffe werden mittlerweile in China gebaut, nur Südkorea und Japan haben noch nennenswerte Werften. 

Die nackten Zahlen sprechen dabei für sich: Allein das größte staatliche Schiffbauunternehmen Chinas hat im Jahr 2024 mehr Handelsschiffe nach Tonnage produziert als die gesamte US-Schiffbauindustrie seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs. Diese Bilanz unterstreicht nicht nur die schiere Größe der chinesischen Werften, sondern auch die strategisch durchdachte Industriepolitik, die hinter diesem Wachstum steht.

Während sich westliche Industrienationen mit Fachkräftemangel, Investitionsstaus und geopolitischer Unsicherheit konfrontiert sehen, setzt China auf langfristige Planung, umfassende staatliche Subventionen und die Integration ziviler und militärischer Interessen.

Dual-Use als Grundpfeiler

Ein zentrales Element der chinesischen Schiffbau-Strategie ist die sogenannte „militärisch-zivile Fusion“ (Military-Civil Fusion, MCF). In der Praxis bedeutet das: Werften, die zivile Handelsschiffe bauen, sind häufig auch an der Produktion von Kriegsschiffen beteiligt. Diese Infrastruktur wird durch Investitionen und Technologiezugänge gestützt, die ursprünglich über zivile Verträge zustande kamen.

Dabei werden rund 75 Prozent der in China produzierten Dual-Use-Schiffe von ausländischen Kunden geordert  – darunter auch Unternehmen aus Ländern, die enge militärische Partnerschaften mit den USA pflegen. Auf diesem Weg fließen Milliardenbeträge und technisches Know-how in Chinas maritimes Ökosystem.

Handelsflotten als geopolitisches Werkzeug

Parallel zum Ausbau der Werftkapazitäten treibt China den Ausbau seiner eigenen Marine voran. Bereits heute zählt die chinesische Marine zur größten Flotte der Welt. Bis 2030 könnte sie laut CSIS 425 Schiffe umfassen. Zum Vergleich: Die US-Flotte wird zu diesem Zeitpunkt voraussichtlich bei rund 300 Schiffen stagnieren.

Für die Handels- und Logistikbranche bedeutet diese Entwicklung vor allem eines: eine neue Realität, in der globale Lieferketten zunehmend von politischen Spannungen und militärischer Machtprojektion beeinflusst werden. Wer heute auf chinesische Werften setzt, könnte morgen in geopolitische Konflikte verstrickt sein – sei es durch Sanktionsrisiken, Exportrestriktionen oder politischen Druck seitens der USA und ihrer Verbündeten.

US-Reaktion: SHIPS-Gesetz und strategische Neuausrichtung

In Washington beginnt man, auf die Entwicklungen zu reagieren. Im Dezember 2024 wurde der parteiübergreifende SHIPS for America Act in den Kongress eingebracht – ein ambitioniertes Gesetzespaket zur Wiederbelebung der amerikanischen Schiffbauindustrie. Es setzt auf Investitionen in Werftinfrastruktur, Anreize für Reeder zur Bestellung in den USA und Maßnahmen zur Behebung des akuten Arbeitskräftemangels – der aktuell auf über 100.000 qualifizierte Fachkräfte geschätzt wird.

Unterstützt wird das Gesetz von führenden maritimen Verbänden, sicherheitspolitischen Beratern und Persönlichkeiten der Trump-Administration. Es markiert den bislang umfassendsten Versuch, eine Antwort auf Chinas maritime Übermacht zu formulieren – und könnte langfristig auch für die Logistikbranche in Europa und Asien Modellcharakter haben.

Doch trotz dieser Initiativen bleibt eine zentrale Lücke: Das Gesetz zielt nicht direkt auf Schiffe ab, die in chinesischen Werften gebaut wurden – auch wenn diese gleichzeitig militärische Aufträge bedienen. Eine Erweiterung des SHIPS-Gesetzes um diese Komponente könnte laut CSIS nicht nur gezielt das chinesische Ökosystem schwächen, sondern auch neue Einnahmen für den Aufbau einer alternativen industriellen Basis schaffen.

Risiken für die globale Logistik

Die Herausforderungen sind gewaltig: Die Dominanz Chinas gefährdet nicht nur die wirtschaftliche Wettbewerbsfähigkeit westlicher Schiffbauer – sie birgt auch sicherheitspolitische Risiken für den globalen Handel. In Szenarien wachsender Spannungen, etwa um Taiwan oder im Südchinesischen Meer, könnte die Verfügbarkeit sicherer Handelsrouten und neutraler Flottenkapazitäten dramatisch eingeschränkt werden.