Akash Gupta ist Mitbegründer und CTO von Grey Orange, einem indischen Unternehmen für Lagerrobotik und Lagerautomatisierung. Bekannt ist das Unternehmen etwa für seinen „Butler“, ein tiefliegendes intelligentes Vehikel für Material Handling. dispo hat Akash Gupta auf dem Logistik-Event Deliver zum Gespräch getroffen.
Sprechen wir über Last Mile Disruption. Disruption, also Störung, hat ja durchaus auch einen negativen Klang. Was macht sie so notwendig?
Akash Gupta: Hier geht es vor allem um die Auftragsabwicklung auf der Letzten Meile. Veränderungen im Ökosystem machen die Disruption notwendig. Das beginnt schon, wenn wir uns anschauen, wie sich heute der Konsument verhält und wie Produzenten darauf regiert haben. Die Veränderungen auf diesem Gebiet sind riesig. Die Supply Chain-Industrie hat das aber nicht ganz so schnell realisiert. Jetzt, da es die Industrie auch verstanden hat, ist es wichtig, größere Schritte zu machen. Nur so können die Erwartungen der Kunden erfüllt werden. Die große Veränderung, die dafür notwendig ist, wird aber gerne als Disruption bezeichnet.
Was hängt alles mit dieser großen Veränderung zusammen?
Akash Gupta: Zuallererst sind sich in den letzten zehn bis fünfzehn Jahren Konsumenten und Produzenten sehr viel näher gekommen. Das hat zu viel Personalisierung geführt. Früher hatten wir vier Saisonen in der Modewelt, heute sind es zwölf. Früher gab es etwa sieben verschiedene Handymodelle am Markt, heute bietet jedes Unternehmen allein so viele an. Und auch die Frequenz hat sich geändert. Früher kam ein neues Handymodell alle zwei Jahre heraus, heute ist es einmal pro Jahr. Die Lieferkette hat sich dementsprechend so verändert, dass heute die Waren vom Lager zum Laden in Eaches und nicht mehr in Cases ausgesendet werden [ein Each bezeichnet die niedrigste Einheit eines Produkts, die als solche verpackt und verkauft werden kann, während ein Case mehrere Eaches enthält]. Sogar bei großen Läden lässt sich das beobachten, einfach weil die Bestandseinheiten so viele sind.
Weil die Produktvielfalt größer ist.
Akash Gupta: Genau. Früher gab es zum Beispiel zehn Bestandseinheiten und ein Laden hat einfach ein Case von jedem bestellt. Aber wenn es heute 100 Bestandseinheiten gibt, kann ein Laden nicht mehr ein Case von jedem bestellen. Er bestellt drei von einem, fünf vom anderen, bestimmt von der Nachfrage. Die Transaktionen zwischen Lager und Laden, und dann zwischen Laden und Konsument, sind alle in der Größenordnung von Eaches. Also müssen Lieferketten verstehen, wie man Eaches handhabt.
Es haben sich aber auch die Erwartungen der Kunden an den Service verändert.
Akash Gupta: Das macht auch einen Teil der Disruption aus. Eine Lieferung innerhalb von drei Tagen hat heute keinen Wow-Effekt mehr, die Kunden erwarten durchaus auch Same-Day oder Next-Day Delivery. Fulfillment Centers müssen dadurch sehr flexibel sein – neue Kategorien werden gelauncht, es gibt Höhen und Tiefen in der Nachfrage, an all das müssen sie sich anpassen.
Mithilfe der Lagerautomatisierung etwa?
Akash Gupta: Ich denke, Lagerautomatisierung war lange sehr unflexibel, bei den Fördermitteln etwa. Es hat immer zehn bis zwölf Monate gedauert, das System zu implementieren, und es musste alles vorgeplant werden. Wer ein großes Lager will, muss also fünf Jahre vorausplanen, weil es so ein großes Investment ist. Bei Grey Orange geht es daher um flexible Automatisierung, die mit dem Lager mitwachsen kann. Das System kann außerdem dazulernen und darauf achten, dass Bestellungen rechtzeitig verschickt werden und alles nach Plan läuft.