#Lissablog : #Lissablog: Das ist die Deliver 2019
Der Lissablog – live von der Deliver 2019 in Lissabon. Dem Namen "Europäisches Rendezvous für E-Logistik" macht die Deliver auch im Jahr 2019 alle Ehre, mit über 1.200 erwarteten BesucherInnen und führenden Branchenpersönlichkeiten aus den Bereichen KI, Supply Chain, Automation, Smart Transportation und vielen mehr.
16:00 Uhr – Sag zum Abschied leise Retail
Auch das schönste und informativste Event muss einmal zu Ende gehen. Zum Abschluss geht es noch um das Thema New Retail und kassalose Geschäfte. Cyril Bourgois, Group Chief Innovation Officer beim französischen Einzelhandelsunternehmen Groupe Casino, sieht drei große Alternativen zum normalen Checkout bei der Kassa und diese im Kommen: riesige Automaten, den Just-walk-out-Einkauf und die Adapation bereits existierender Geschäfte auf Scan-and-go.
Kevin Xu, Mitbegründer und CSO bei Neolix nutzt die Gelegenheit natürlich, einen der autonomen Lieferroboter seines Unternehmens zu präsentieren. Neben all den Mini-Transportrobotern, die man in der Logistik so oft sieht, ist das Neolix-Produkt ein wahrer Riese. Wie ein kleines Auto. Das hat auch seinen Sinn, er fährt nämlich nicht eine einzige Lieferung aus, sondern besteht aus vielen kleinen Schließfächern. So sollen 100.000 Bestellungen pro Tag ausgeliefert werden können.
Nächstes Jahr, wie gerade verkündet wurde, findet die Deliver in Amsterdam statt. Ich freu‘ mich schon drauf!
15:00 Uhr – Erfüllung auf der Deliver
Eine „Fulfiment Company“, also ein Unternehmen für Erfüllung, nennt sich Cubyn. Irgendwie süß. Man merkt, dass besonders junge Unternehmen – und Cubyn wurde erst 2014 gegründet – zu solchen Selbstbeschreibungen neigen. Sie neigen auch zu großen Versprechen – etwa, dass sie die Logistikkosten eines Unternehmens um 30 Prozent senken können.
Was die Pariser Jungunternehmer machen, klingt aber auch wirklich ziemlich speziell. Sie übernehmen den gesamten Lager-, Verpackungs- und Lieferprozess für Onlinehändler. So können also auch Unternehmen Versand anbieten, die das eigentlich aus Platz- oder Organisationsgründen gar nicht anbieten können. In der Praxis funktioniert das so, dass ein Händler Cubyn mit den Produkten ausstattet, seinen Onlineshop mit Cubyn verbindet, und Cubyn dann ab Moment der Onlinebestellung automatisch übernimmt.
Das klingt nach einem ziemlichen Platzaufwand, muss ich ehrlich sagen. Grégoire Hirtz, Vizepräsident von Cubyn, nickt. „Unser aktuelles Fulfilment Center ist 6.000 Quadratmeter groß.“ Darin werden die Waren von etwa 100 Kunden gelagert. „Wir rechnen aber lieber in Sendungsvolumen, da eine Kundenanzahl noch nicht viel über unsere Leistung aussagt – schließlich sind manche sehr klein und andere sehr groß. Wir haben derzeit eine Kapazität von zwei Millionen Paketen pro Jahr.“ Cubyn hat etwa 700 weitere Kunden, aus unterschiedlichen Industrien, die aber nicht im Fulfilment Center lagern.
Es scheint gut zu laufen, denn mit nächstem Frühjahr wird um ganze 40.000 Quadratmeter erweitert. „Wir erwarten uns eine große Produktivitätssteigerung dadurch, etwa sieben bis zehn Millionen Pakete pro Jahr“, so Hirtz.
14:30 Uhr – Ein kleiner Tipp
Psst, wir haben einen Top-Tipp. Online-Händler, die ihre Produkte auch in Asien anbieten, haben ein um 18 Prozent höheres Wachstum als jene, die den asiatischen Markt auslassen. Das sagt zumindest der britische Kurierdienst P2P, der seit einem Jahr zu Fedex gehört.
Und warum tut’s dann nicht jeder? „Weil man dafür den asiatischen Markt verstehen muss“, erklärt der Experte am Stand. „Man muss wissen, was asiatische Online-Shopper wollen“ – wobei sie anscheinend eh alle auf europäische Produkte fliegen, wie ich ein paar Sätze später erfahre. „Viele Onlinehändler lassen sich auch von ihrer Wissenslücke zu Zoll und Steuern in Asien abhalten. Wir liefern ihnen das Wissen dazu und können auch den gesamten Versand nach Asien abwickeln.“ Wird der Versand durch dieses Gesamtpaket für den Händler oder den Konsumenten – je nachdem, auf wen die Kosten abgewälzt werden – billiger? Das nicht wirklich, muss der Experte zugeben.
14:00 Uhr – Zukunftsthemen
„Sind wir schon in der Zukunft?“ fragt der Vortragende und klingt dabei etwas unsicher. Er meint nämlich eigentlich nur die Power Point Präsentation, die um ein paar Slides vorgesprungen zu sein scheint. Dann kommt der Schweizer E-Commerce-Riese Digitec Galaxus aber doch zu einem Zukunftsthema: Automatisierung. Die braucht Platz und Fachkräfte. Beides ist klar, kann sich aber als schwierig erweisen.
Digitec hält eine Partnerschaft mit CMC, einem italienischen Unternehmen für Papierverpackungsmaschinen. Digitec hat lobende Worte für die CMC-Maschine „Carton Wrap“, die die Waage zwischen Leistung und Platzverbrauch gut hält. Die One-fits-all-Lösung soll auch schnell zu implementieren sein und den täglichen Betrieb nicht wirklich stören.
13:00 Uhr – Kein Ausruhen auf den Lorbeeren der Transparenz
Ein paar Fischküchlein später geht es auf der Deliver genauso geschäftig weiter wie am Vormittag. Wir berichten live – können Sie die frische Meeresluft riechen? Wir sind hier nämlich nicht mehr ganz in Lissabon, sondern im Küstenort Estoril.
Dementsprechend gut gelaunt ist Zoe Schouten, Pre Sales Managerin bei Meta Pack, einem Londoner Softwareunternehmen für Lieferintelligenz, wie sie es selbst formulieren. „Aber eigentlich haben wir auf der ganzen Welt unsere Headquarters“, sagt sie schnell, als sie sieht, dass ich London aufschreibe. Nun gut, aber irgendwo beginnt schließlich jede Unternehmensgeschichte.
Diese bezieht sich auf eine wichtige Zahl – dass 90 Prozent der Online-Shopper ihre Bestellungen tracken. Die Meta Pack Delivery Intelligence ist eine Software, mit der Verkäufer, Marken und Lieferunternehmen ihren Endkunden genau diese Transparenz bieten können. Der Kunde will Kontrolle über seine Bestellung? – Dann soll er sie auch bekommen, durch und durch, und akkurat. „Wir sind der einzige Anbieter dieser Art, der das Tracking wirklich von Anfang bis Ende bietet, also vom Moment der Bestellung bis zur Auslieferung, sogar bis zur beendeten Rücksendung“, meint Schouten. „Wir sind auch das einzige Unternehmen, dass diese Art der Transparenz weltweit anbietet, ob in Slowenien, Neuseeland oder Mexiko.“ Geht es also nur darum, den Kunden das bestmögliche Liefererlebnis zu bieten? Nein, die Unternehmen, die die Software nutzen, sollen damit ihre eigene Performance permanent überwachen und analysieren können.
Und wer sind diese Nutzer? Zu denen zählen Marks and Spencer, Sports Direct, Lloyds Pharmacy und Superdry. „Wir haben 470 Transportunternehmen auf unserer Plattform, die ihren Kunden insgesamt 5.000 Services anbieten.“
Klingt alles gut und Transparenz macht alle happy – aber ich glaube nicht, dass Meta Pack sich nicht trotzdem noch irgendwie verbessern will. „In der nahen Zukunft wollen wir uns mehr auf Capacity Management fokussieren“, spricht Schouten ein aktuell immer größer werdendes Problem an. „Die Lieferunternehmen ringen mit Platzproblemen. Unsere Software soll ihnen dabei helfen, ihre Verfügbarkeiten besser im Blick zu behalten und zu optimieren.“ Das wird auch Auswirkungen für die Endkunden haben. „Denn eine bessere Transparenz, ein besseres Platzmanagement bedeutet auch, dass man dem Kunden akkurater mitteilen kann, wann seine Sendung ankommen wird.“
11:40 Uhr – Paketwanderung
In den meisten französischen Großstädten verwenden 60 Prozent der Bevölkerung die öffentlichen Verkehrsmittel. Es scheint daher Sinn zu machen, Pickup Points – wir nennen sie hier ADP, alternative delivery points – in der Stadt zu verteilen, von denen Kunden am Heimweg etwa ihre Pakete abholen können. Aber wie weit sind sie bereit, sich von ihrer Route zu einem solchen Punkt wegzubewegen? Etwa 400 Meter, glaubt die Mehrheit im Publikum und unterschätzt die Gehfreudigkeit damit sogar noch. 75 Prozent der französischen Bevölkerung muss einen Weg von etwa 600 Meter zu einem ADP zurücklegen.
Aber es geht ja nicht nur ums Abholen, sondern (leider) auch um die Rücksendungen. 34 Prozent der Kunden wollen ein Paket von daheim aus retournieren, 31 Prozent in einem Geschäft, und nur 17 Prozent wollen dafür auf die Post gehen.
11:20 Uhr – Die Millennials sind schuld
Die Fragerunde geht weiter: Was werden Kunden wohl wählen – die schnellste Lieferung, ein bestimmtes Zeitfenster für ihre Lieferung, oder ein besseres Produkt und dafür eine Lieferzeit von zwei bis drei Tagen? Die Antwort: Die Konsumenten – immer basierend auf Frankreich natürlich – wollen die Wahl haben, wann ihre Lieferung kommt.
Aber was wollen die Lieferunternehmen, was sind sie bereit, ihren Kunden zu bieten? PUDO (Pickup Dropoff)? Schließfächer? Hauslieferungen ohne Unterschrift? Niemand im Publikum fühlt sich zu ersterer Möglichkeit hingezogen. La Poste hat aber bereits ein Netzwerk von 18.000 PUDO-Stationen. 95 Prozent der französischen Bevölkerung lebt weniger als 15 Minuten von einem solchen Punkt entfernt. „Und es funktioniert“, betont Colissimo – arbeitende Menschen und Millennials würden sich das erwarten.
11:00 Uhr – Wer braucht schon Sicherheit?
So viele interessante Aussteller, aber jetzt gibt es erst einmal einen Workshop von Colissimo. Das Unternehmen wickelt den Paketversand von La Poste in Frankreich ab. 2018 ist der französische E-Commerce-Markt um 13,4 Prozent gegenüber dem Vorjahr gestiegen. Damit enden die steigenden Herausforderungen aber noch nicht – denn 56 Prozent der französischen Online-Einkäufe in Frankreich wurden international getätigt. Der Modehandel macht 40 Prozent davon aus. „Ja, wir Franzosen lieben Fashion. Es ist ein Klischee, aber es stimmt wohl“, schmunzelt der Vortragende. Und gut die Hälfte der Online-Shopper sind junge Erwachsene.
Colissimo fragt die Workshop-Teilnehmer, was ihrer Meinung nach das wichtigste für die Konsumenten während des Kaufvorganges ist – eine ergonomische Website, das Produkt selbst, der Preis, die Lieferung oder die Sicherheit? (Antworten und Meinungen können geäußert werden, indem einem ein grüner Filz-Würfel zugeworfen wird, in dem ein Mikrofon integriert ist – ich bin eine schlechte Fängerin, aber ich bin ja auch nur zur Beobachtung hier.) Die ersten paar Antworten im Publikum glauben nicht, dass die Lieferung das wichtigste ist – eher das Produkt oder die Sicherheit. Colissimo zeigt aber ein Studienergebnis, wonach für 72 Prozent der Konsumenten die Liefererfahrung die wichtigste Erfahrung beim Kontakt mit einem Onlinehändler ist. Sollte das Lieferversprechen nicht eingehalten werden, sind 85 Prozent bereit, ihren Einkauf auf einer anderen Seite zu tätigen.
10:00 Uhr – „Die Automatisierung hinkt hinterher“
Interview mit Akash Gupta, CTO und Mitbegründer von Grey Orange, einem Unternehmen für Robotik und Lagerautomatisierung
Das irische Verpackungsunternehmen Smurfit Kappa beweist hier auf der Deliver, dass seine Kartons so stabil sind, dass sie auch als Tische und Stühle genutzt werden können – Akash Gupta von Grey Orange und ich folgen der Einladung gerne und nehmen hier zum Interview Platz.
Grey Orange wurde 2011 gegründet und will ganz vorne als Provider mit dabei sein, wenn die Lagerhäuser dieser Welt zu 90 bis 95 Prozent automatisiert werden – und das bereits in den nächsten zwei bis drei Jahren. Ob er optimistisch ist, dass das auch klappen wird, frage ich Gupta und kann die Antwort natürlich schon in seinem Grinsen ablesen. Warum sollte er auch nicht optimistisch sein? „Unsere Kunden lassen sich bereits gut auf unsere Lösungen ein“, sagt er. Müssen sie wohl auch, denn – wie Gupta selbst zugibt – der Fortschritt der Lagerautomatisierung hinkt noch einige Schritte hinter den Anforderungen hinterher. Anforderungen, die ein unfassbar schnell wachsender E-Commerce mit sich bringt, „auf die heutige Supply Chains einfach noch nicht eingestellt sind“, so Gupta. Aber hört man dem sympathischen CTO zu, könnte man tatsächlich glauben, er hat alles im Griff und für jedes Problem eine Lösung. Mehr dazu nächste Woche im ausführlichen Interview auf dispo.
09:00 Uhr
Hallo, Lissabon, wo 1.800 Stunden im Jahr die Sonne scheint! Ich setze mich heute aber gerne aus der Sonne und in den Vortragssaal auf diesem spannenden Event für E-Logistik.
Hier stellt uns Zhiyong Lio, Gründer und CEO von Zhen Robotics, einen kleinen autonomen Transportroboter vor, der Pakete und Essen zustellen kann. Kunden sollen ihn auch zu sich nach Hause ordern und ihn mit Sendungen beladen können. Der Roboter plant anschließend seine Route autonom. Er orientiert sich über eine Kamera, die allerdings nach außen nicht sichtbar ist – so sollen auch Diebstähle unterbunden werden. Zhen Robotics sieht in dem kleinen gelben Helfer eine Lösung für das Problem der Letzten Meile und ist überzeugt, dass Roboter die Zukunft sind.
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