Transport : Transportengpässe: 2022 wird kein ganz normales Jahr

Rolf Habben Jansen Vorsitzender des Vorstandes der Hapag-Lloyd AG
© Hapag-Lloyd AG/Thies Raetzke

Die Transportengpässe und Belastungen für Handel und Industrie durch wackelige Lieferketten werden sich nach Einschätzung der Containerreederei Hapag-Lloyd bis weit in das nächste Jahr hinziehen. "Es gibt noch nicht viele Anzeichen, dass es wirklich besser wird", sagte Konzernchef Rolf Habben Jansen der Nachrichtenagentur Reuters .

Er rechne damit, dass sich die Lage nach dem chinesischen Neujahrsfest Anfang Februar etwas entspannen werde. Ein ganz normales Jahr werde es aller Voraussicht aber nicht. Er verwies auf die Pandemie, deren Ende noch nicht absehbar sei. Erst wenn die Einschränkungen bei der Pandemiebekämpfung verringert werden könnten, könne man von Entspannung sprechen. "Dann müsste man erwarten, dass sich die Lage einen Tick verbessert im Laufe von 2022."

Transportengpässe halten Reedereien, Häfen und Abnehmer bestellter Ware weltweit seit Monaten in Atem. Vor einigen Häfen in China hatten sich Schiffe gestaut, weil Terminals vorübergehend ihre Arbeit einstellen mussten. Auch andernorts kam es zu Verzögerungen. Containerschiffe verspäteten sich teils mehrere Wochen. Leere Container wurden knapp, weil sie nicht rechtzeitig dorthin transportiert werden konnten, wo sie benötigt wurden.

"Das Problem mit den Boxen haben wir inzwischen hinter uns", sagte Habben Jansen. Es seien so viele neue Container gebaut worden, dass Häfen und Reedereien inzwischen gut versorgt seien. Grundsätzlich gebe es auch ausreichend Schiffe. Derzeit seien die Warenbestände weltweit aber noch sehr niedrig. "Das bedeutet, dass noch viel aufgeholt werden muss." Er gehe auch davon aus, dass viele Unternehmen ihre Lagerbestände im Vergleich zur Zeit vor der Pandemie erhöhten. "Das wird noch ganz lange dauern, bis sich das normalisiert." Hapag-Lloyd versuche, durch gezielte Investitionen und flexibles Kapazitätsmanagement dazu beizutragen, dass sich die Lage entspanne.

Hapag-Lloyd profitiert, wie andere Containerreedereien auch, von der hohen Nachfrage. Weil die Transportkapazitäten knapp sind, explodieren die Preise. Die durchschnittliche Frachtrate für den Transport eines Standardcontainers (TEU) sprang in den ersten neun Monaten um zwei Drittel auf über 1.800 Dollar (1.570 Euro). Das sorgte bei einer zugleich leicht gestiegenen Transportmenge dafür, dass sich der Reingewinn im Vergleich zum Vorjahreszeitraum auf rund 5,6 Mrd. Euro mehr als verzehnfachte. Den Ausblick für heuer hatte die weltweit fünftgrößte Containerreederei nach dem Gewinnsprung bereits Ende Oktober angehoben. Erwartet wird nun ein Betriebsgewinn in einer Spanne zwischen 8,7 und 9,5 Mrd. Euro. Zum Vergleich: 2020 lag das Ergebnis vor Zinsen und Steuern (Ebit) bei 1,3 Mrd. Euro. Den Aktionären macht Hapag-Lloyd angesichts des erwarteten Gewinns Hoffnung auf eine üppige Dividende: "Wenn man solch ein außerordentliches Jahr hat, sollte man schon eine sehr vernünftige Dividende erwarten", sagte Habben Jansen. Über einen Vorschlag an den Aufsichtsrat habe sich der Vorstand noch keine Gedanken gemacht.

Die Fortschritte in den Verhandlungen über eine Kooperation der norddeutschen Häfen begrüßte Habben Jansen: "Es ist gut, wenn die besser zusammenarbeiten, denn dann kann man alle Stärken von den norddeutschen Häfen nutzen." Kartellfragen fielen aus seiner Sicht dabei weniger ins Gewicht. Es gehe nicht so sehr um den Wettbewerb zwischen Hamburg und Bremen, sondern zwischen den norddeutschen Häfen und den Konkurrenten Antwerpen und Rotterdam. Der Hamburger Hafenlogistik-Konzern HHLA und sein Bremer Rivale Eurogate hatten mitgeteilt, die Gespräche über eine Allianz befänden sich auf einem guten Weg. Eine grundsätzliche Richtungsentscheidung für den Fortgang der Verhandlungen sei bis zum Ende des Jahres 2021 realistisch, teilte Eurogate mit. (apa/Reuters)