Logistik-Verband : Warum sich ein Softwaredienstleister der Open Logistics Foundation anschließt

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Iteratec hat sich als erster branchenfremder Dienstleister der Open Logistics Foundation (OLF) angeschlossen. Das erklärte Ziel ist es, die Logistiker mittels Digitalisierung - konkret über die Vernetzung von Daten via gemeinsamer Open Source Software - grüner zu machen. 

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Denn die Logistikbranche steht unter wachsendem Druck, ihre CO₂-Emissionen zu reduzieren und nachhaltige Lösungen zu entwickeln. Gleichzeitig wächst die Bedeutung internationaler Standards, um Zusammenarbeit und Effizienz in globalen Lieferketten zu fördern. Obwohl die Kernprozesse vieler Logistiker bereits digitalisiert wurden, fehlen einheitliche Standards, die vor allem die Zusammenarbeit zwischen mehreren Anbietern innerhalb der Logistikkette erleichtern würden. 

Wie CO₂-Reduktion vor dem Hintergrund einer prognostizierten Vervielfachung des weltweiten Güterverkehrs gelingen kann, will Iteratec dabei gemeinsam mit der OLF beantworten. Welche Ziele Iteratec dabei verfolgt und welchen Beitrag das Unternehmen zur Weiterentwicklung der Logistik leisten möchte, erklärt Ulrich Buhrmann in einem Hintergrundgespräch mit Dispo.

Welchen Mehrwert können Open-Source-Lösungen Logistikern bei der Erreichung ihrer Nachhaltigkeitsziele liefern? 
Ulrich Buhrmann Da gibt es einiges an Mehrwert. Logistikdienstleister arbeiten aktuell mehr denn je an der Umsetzung von Standards, auf deren Basis eine grünere oder emissionsfreie Logistik umgesetzt werden kann, damit die Klimaziele des Pariser Klimaabkommens erreicht werden können. Viele Maßnahmen sind allerdings für einzelne Unternehmen nur schwer umsetzbar - etwa aus Kostengründen oder mangelndem Know-how. Sie können und müssen durch Kooperation und Zusammenarbeit in der Logistik entwickelt und umgesetzt werden.  
Gerade die Zusammenarbeit zwischen Unternehmen über mehrere Länder und die gesamte Lieferkette hinweg bietet dabei enorme Chancen für die Umsetzung von Nachhaltigkeitsmaßnahmen. Die gemeinsame Open-Source Entwicklung bietet hierfür eine Plattform, auf deren Basis Lösungen standardisiert, kosteneffizient und für jeden nutzbar entwickelt werden. Spätestens mit der Ausweitung des europaweiten Zertifikatehandels 2027 wird sich eine solche standardisierte und nachhaltigere Logistik direkt in Wettbewerbsvorteile übersetzen.  
  
Welchen Beitrag leisten Open-Source-Lösungen tatsächlich im Kampf gegen CO₂-Emmissionen? 
Wie gerade angesprochen, wird das Treibhausgasemissionsgesetz, das bereits die Luft- und Seefracht betrifft, ab 2027 auch den Verkehr betreffen. So werden Logistikunternehmen und Transporteure dazu verpflichtet sein, immer weniger CO₂ zu emittieren. Das ist auch wichtig, denn bis zu zehn Prozent der weltweiten Treibhausgasemissionen entstehen durch Güterverkehr und Logistik. Für ausnahmslos alle Unternehmen in der Branche braucht es also Lösungen, um weniger CO₂ zu emittieren. Open-Source schafft die gemeinsamen Standards für diese Lösungen.  

Was genau bedeutet das? Wo würden diese Standards zum Tragen kommen?
Unternehmen sind dazu verpflichtet, ihre CO₂-Emissionen auszuweisen und zu belegen. Bisher wird das über statistische Werte getan, zukünftig müssen aber genaue Daten her. Dafür ist es essenziell, Standards festzulegen, wie Daten durch die Transportkette weitergegeben werden, weil im weltweiten Handel jede Ware über mehrere Unternehmen transportiert wird. Erst wenn alle Unternehmen ihre CO₂-Emissionen gleich messen, kann danach gesteuert und Emissionen vermieden werden.  Genau hier setzt eine der Arbeitsgruppen der Open Logistics Foundation an. 
Darüber hinaus werden Logistiker auf CO₂-ärmere Routen setzen, Transporte beispielsweise auf die Schiene verlegen wollen und nur die letzte Meile per Elektro-LKW verladen. Das führt unter Umständen zu komplexeren Routenplänen, die ebenfalls mit Technologie, die auf Open-Source fußt, ermittelt werden können.  
  
Wie trägt Iteratec zu den aktuellen Vorhaben der OLF bei - und worin unterscheidet sich das Vorgehen von vergleichbaren Initiativen? 
Iteratec ist Mitglied und engagiert sich in drei von sechs Arbeitsgruppen, indem wir Software-Entwickler und -Entwicklerinnen stellen, die zusammen mit weiteren Mitgliedern an technischen Lösungen arbeiten. Das Ziel ist dabei immer Standards für Probleme zu entwickeln, vor denen alle Logistiker stehen und bei denen sie alle von einer standardisierten Lösung profitieren. Über diese Lösungen verliert niemand einen Wettbewerbsvorteil.  
Bei der bereits angesprochenen Arbeitsgruppe geht es etwa um eine Open-Source Lösung zum vereinfachten Emmisionsdatenaustausch zwischen Unternehmen innerhalb der Branche. In den anderen Arbeitsgruppen mit Iteratec-Beteiligung geht es um das Schaffen eines Standards für elektronische Transportdokumente (Stichwort eCMR) und die Entwicklung gemeinsamer Track & Trace Benachrichtigungsmodelle. 
  
Wie sieht der Rechtsrahmen aus? Worauf müssen sich Logistiker einstellen? Kann jeder Teil der Stiftung werden?
Die Open Logistics Foundation ist eine gemeinnützige Stiftung, die sich über die Beiträge der Mitglieder eines angeschlossenen Fördervereins finanziert. Eine Rechtsform, die bewusst gewählt wurde, damit es nicht zu einem Buy-out kommen kann. So ist sichergestellt, dass alle Lösungen, die unter dem Dach der Stiftung entwickelt werden, immer Open Source bleiben. 
Alle Lösungen, die in den Projekten entwickelt werden, werden als Open Source unter der „Open Logistics Foundation License“ veröffentlicht. Sie können von jedem, auch Nicht-Mitgliedern, kostenfrei verwendet werden und sind im Repository der Stiftung zu finden. Unternehmen, die heute schon mit Open Source Lösungen arbeiten, müssen hierfür dann auch keine neuen Kompetenzen erwerben. Sie binden einfach eine oder mehrere neue Bibliotheken in ihre Projekte ein. Wer sich aktiv an der Weiterentwicklung beteiligen will oder auch neue Projekte initiieren will, der muss allerdings Mitglied werden.

Iteratec-Chef Ulrich Buhrmann
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